Neonazi bedroht Antifaschisten in Fürth mit Messer
23.1.2014, 09:01 UhrAm 20. Januar hatten sich Vertreter des Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus einerseits und der Fürther Polizei andererseits an einen Tisch gesetzt. Ziel des Gesprächs war es, nach jüngsten Konflikten Verständnis für die jeweils andere Seite zu entwickeln. Doch nun belastet ein neuer Vorfall in der Fürther Innenstadt die fragile Beziehung.
Das Treffen hatte Oberbürgermeister Thomas Jung angeregt, nachdem das Bündnis gegen Rechtsextremismus wiederholt, zuletzt auch bei der Demo gegen Neonazis, die Polizei kritisiert hatte. Einige Antifaschisten fühlten sich ungerecht behandelt, wenn sie sich an die Polizei wandten, um Neonazis wegen Beleidigung, Bedrohung oder Körperverletzung anzuzeigen.
Als „wichtig und lohnend“ empfand der OB das „sehr ausführliche“ Gespräch im Rathaus, bei dem er auch anwesend war. „Es konnten manche Irritationen der letzten Zeit ausgeräumt werden.“ Von beiden Seiten sei das Bemühen um ein besseres Miteinander erkennbar gewesen.
Man habe sich „in einer sachlichen Atmosphäre ausgetauscht“, sagt Fürths Polizeichef Peter Messing, der sich wünschen würde, dass es solche Gespräche häufiger gibt. Bündnis-Sprecherin Ruth Brenner hatte nach eigenen Worten den Eindruck, dass bei dem Treffen durchaus Verständnis für die in den vergangenen Wochen geäußerte Kritik an der Polizei geweckt werden konnte. Bereits am Mittwoch jedoch ärgerte sich das Bündnis erneut über die Ordnungshüter.
Der Grund: Auf dem Weg zur U-Bahn-Haltestelle Jakobinenstraße wurde am Mittwochmorgen ein 27-jähriger Antifaschist nach eigenen Angaben von einem Radfahrer überholt und von diesem kurz darauf mit einem Messer bedroht. Das Opfer wählte den Notruf, doch ein Streifenwagen kam nicht; der Beamte am Telefon wies den Anrufer „lapidar“ an, wie das Bündnis kritisiert, sich zur Polizeiinspektion in der Kapellenstraße zu begeben, um dort Anzeige zu erstatten.
Polizei räumt Fehler ein
Enttäuschte Worte folgten per Pressemitteilung: Die Polizei habe die Anfahrt trotz sofortigen Notrufs verweigert, hieß es. Das Bündnis bedauere sehr, dass es zu so einem Vorfall kam, kurz nach dem Gespräch im Rathaus, „bei dem zugesagt wurde, dass die Sicherheitslage in Fürth bekannt sei, und bei dem eine erhöhte Sensibilität artikuliert wurde“. Die Schlussfolgerung: „Dies fördert sicherlich nicht das Vertrauen, welches von Seiten der Polizei bei dem Gespräch gewünscht wurde.“
Nicht glücklich über den aktuellen Fall ist man allerdings auch bei der Polizei: „Der Vorfall wurde von der Einsatzzentrale bedauerlicherweise zunächst falsch eingeschätzt“, sagte Sprecher Peter Schnellinger ohne Umschweife auf FN-Nachfrage. Nachdem die Anzeige am Morgen gemacht wurde, seien umgehend Ermittlungen eingeleitet worden.
Als Tatverdächtiger galt ein der Polizei bekannter Neonazi, der eineinhalb Stunden später in der Fußgängerzone festgenommen wurde. Zum diesem Zeitpunkt verteilte er gerade Flyer der rechtsextremen Tarnorganisation „Bürgerinitiative Soziales Fürth".
Der 24-Jährige wurde verhört, Schnellinger zufolge machte er keine Angaben zum Vorwurf. Ein Messer habe man bei ihm nicht gefunden. Gegen den Mann werde nun „wegen des Anfangsverdachts einer Bedrohungsstraftat“ ermittelt.
Laut Schnellinger wurde die Dienststellenleitung in Nürnberg - dort befindet sich die Einsatzzentrale, in der die Notrufe eingehen - für die „Situation in Fürth“ sensibilisiert.
In der Pressemitteilung des Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus heißt es zu diesem Vorfall: "Es wird einmal mehr deutlich wozu die Faschisten/innen der BiSF bereit sind. Sie schreckten in der Vergangenheit nicht davor zurück, Nazigegner/innen anzugreifen und deren Eigentum zu zerstören, und allem Anschein nach ist es auch heute noch eines ihrer Mittel Antifaschist/innen zu beleidigen, zu bedrohen oder gar anzugreifen. Auch von der erneuten Eskalation neonazistischer Gewalt in Fürth werden wir uns nicht einschüchtern lassen“, so Sprecherin Ruth Brenner abschließend.
Dieser Artikel wurde am 23. Januar um 11.53 Uhr aktualisiert.
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