Neue Ära: Fürths Polizei trägt jetzt blaue Uniformen
12.6.2017, 06:00 UhrHeute hängt sie in seinem Schrank im Chefzimmer der Fürther Polizeiinspektion: die erste Uniform, die Peter Messing 1974 als junger Polizist trug. Es war die Uniform der Nürnberger Stadtpolizei – und sie war blau (die Landespolizei hingegen trug damals grün). Messing lächelt bei der Erinnerung daran. Eine schöne Zeit war das.
Die Uniform wurde allerdings schnell zum Souvenir: 1976 wurde die Polizei neu eingekleidet – so wie jetzt. Designer Heinz Oestergaard, seit 1967 Modeberater fürs Fürther Traditionsunternehmen Quelle, entwarf das bundesweit einheitliche Erscheinungsbild: moosgrüne Jacken, beige Hosen, senfgelbe Hemden. "Das war damals aus deren Sicht modern", sagte Messing einmal gewohnt diplomatisch. Und aus seiner Sicht? "Schrecklich! Ein Kulturschock!"
Vor zehn Jahren, als die ersten Bundesländer - Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein - auf blaue Uniformen umstiegen, schöpfte Messing Hoffnung: "Da hab ich gesagt: Ich will blau in den Ruhestand gehen." Er ahnte nicht, wie knapp das werden würde: Im Dezember 2016 begann endlich auch in Bayern die Umstellung. Messing ist jetzt 63, der Ruhestand ist in Sicht.
Die Erlanger Polizei war die erste, die neu eingekleidet wurde. Nach und nach folgen die anderen Polizeiinspektionen im Freistaat. Als nächstes sind die Beamten in Stadt und Landkreis Fürth dran - Nürnberg, wo es weitaus mehr Polizisten anzuziehen gilt, muss noch etwas warten.
Akribisch hat der Freistaat nach der richtigen Garderobe für seine Beamten gesucht. Weit mehr noch als bei der Farbe sah man Aufholbedarf bei den Schnitten und Materialien. Funktionale Outdoorbekleidung etwa, die vor Wind und Wetter schützt, hatte längst ihren Platz in den Schränken der Bevölkerung - nicht aber in dem der Ordnungshüter. Der Tragekomfort sollte verbessert werden und die Sicherheit bei Einsätzen.
Frauen waren besonders arm dran: Seit 1990 sind Frauen bei der Polizei – und ziemlich 90er-Jahre-mäßig sahen die Hosen auch aus, die ihr und den Kolleginnen angeboten wurden, beschrieb es Hauptmeisterin Fee von Poswik aus der Fürther PI vorsichtig. Viele nahmen lieber die Männerhosen.
Der große Trageversuch
Von Poswik gehörte neben drei Fürther Kollegen zu den 500 Polizisten aus dem Freistaat, die 2015/16 beim großen "Trageversuch" mitmachten. Vorher hatten die Verantwortlichen gesichtet, was Polizeibeamte in anderen Bundesländern und im europäischen Ausland tragen. Klarer Favorit war der Dress der Österreicher Kollegen, der daraufhin – neben dem Baden-Württemberger Modell – von den Probanden im Alltag getestet und mit ihrer Hilfe weiterentwickelt wurde.
Über zwei Jahre hinweg also notierten Fee von Poswik, Jürgen Schneider und die anderen ihre Erfahrungen mit den neuen Teilen: Sitzen sie gut? Stört etwas? Die Kollektion musste sich bei Schießübungen genauso bewähren wie in der Waschmaschine und auf dem Bügelbrett.
"Jetzt denkt keiner mehr, du bist der Briefträger"
Einige Verbesserungen sprangen dabei heraus: Die Hemdtaschen bekamen ein Loch für den Kugelschreiber, wie beim alten Modell. Der Stehkragen des österreichischen Sakkos wurde durch einen normalen ersetzt. Und die Jacke bekam Reißverschlüsse an den Seiten, damit man zur Waffe greifen kann – österreichische Polizisten tragen sie am Gürtel über der Jacke.
Das Ergebnis wurde jüngst in einem Container in die Kapellenstraße geliefert: "Das war wie bei Zalando", sagt Schneider, die Kollegen seien Schlange gestanden. Und wie bei Zalando passte vieles nicht und musste umgetauscht werden. Inzwischen aber sind die meisten versorgt – ab Montag wird daher in Blau gearbeitet. Die meisten Beamten haben sich darauf gefreut: Bei einer Befragung hatte sich 2015 die Mehrheit für den Farbwechsel ausgesprochen.
Er selbst, gesteht Hauptkommissar Jürgen Schneider, war "von Anfang an scharf auf die blaue Uniform". Und fügt augenzwinkernd hinzu: "Bei Auslandseinsätzen denkt jetzt auch keiner mehr, du bist der Briefträger." Sogar in Damenhosen fühle man sich jetzt wohl, versichert Fee von Poswik.
Den meisten Bürgern scheint es auch zu gefallen: "Endlich habt ihr mal was Gescheites an", gehörte zu den Reaktionen, die sie in den vergangenen beiden Jahren hörte. Viele nette Gespräche hätten sich ergeben, weil Bürger sich über die Frau in Blau wunderten. Im Kopf geblieben ist ihr auch die Frau, die tuschelte: "Das ist bestimmt eine ausländische Polizistin, die hier Urlaub macht."
Und Messing? Sah selig aus, als er die blaue Uniform kürzlich zum ersten Mal anzog und Details erkundete – wie die Reflektoren an den Jackenärmeln, die sich verstecken lassen. Sein erster Eindruck: "Bequem. Angenehm!" Aber er sei da ja auch nicht unvoreingenommen gewesen.
Oestergaards erster Entwurf übrigens wurde damals abgelehnt: Er war blau – und moosgrün-senfgelb-beige erschien frischer.
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