Neues Rezept gegen den Pflegenotstand
13.6.2012, 13:00 UhrDen Vorschlag der Ministerinnen findet Silvia Brühl gar nicht so abwegig. Brühl leitet die Seniorenresidenz Curanum in der Rosenstraße und zählt eine Frau zu ihren Mitarbeiterinnen, die „ohne den Quelle-Bankrott“ wohl nie die Altenpflege für sich entdeckt hätte. Bis zur Insolvenz des Fürther Traditionsunternehmens arbeitete die Frau in der Buchhaltung; dem Quelle-Aus folgte eine einjährige Pflege-Ausbildung. „Heute ist sie bei uns eine Superkraft mit Herz und Kopf“, sagt Brühl. „Sie ist überglücklich und hat gemerkt: Das ist ja meins.“
So kann es gehen. Auch manche der Schlecker-Frauen könnten in Altenheimen eine neue Berufung finden. „Aber man sollte so etwas niemandem überstülpen“, sagt Brühl, „die Neigung muss man mitbringen“.
Um die Fachkräftelücken in der Altenpflege auf Dauer zu füllen, dürften ohnehin ganz andere Anstrengungen nötig sein. Der Beruf, von dem die Gesellschaft „ein zu düsteres Bild hat“, brauche mehr Anerkennung, sagt Brühl. „Altenpflege, das ist nicht nur Essen und Waschen.“ Die Fachkräfte müssen heute „wie Krankenschwestern sein“, während gleichzeitig die Beschäftigung mit den Bewohnern intensiver geworden ist. Zum Heimalltag gehöre auch das „Lachen, das Musizieren, das Spaß-Haben“.
Umso wichtiger sei es, die Menschen, die Gefallen an diesem herausfordernden Beruf gefunden haben, zu halten. Mit einem neuen Angebot versucht die Curanum Seniorenresidenz genau das: „Wir haben uns überlegt, wie wir es hinkriegen können, dass Mütter möglichst früh in den Beruf zurückkehren können“, sagt Brühl. Schnell war klar, dass der Schichtdienst am Wochenende für Mütter, insbesondere alleinerziehende Frauen, zum Problem werden kann, weil Krippen und Kindergärten geschlossen sind.
Kinder und Senioren kennen sich
Der Träger, Curanum, zeigte sich aufgeschlossen, eine Lösung zu finden, erzählt Brühl. Als Partner wurde das nahe gelegene Mehrgenerationenhaus Mütterzentrum ausgewählt, mit dem das Heim seit zehn Jahren schon engen Kontakt pflegt. Oft besuchen die Kinder des Mütterzentrums die Senioren, in diesem Jahr ist erstmals auch ein gemeinsames Sommerfest geplant. Ab Juli sollen in den Räumen des Kindergartens des Mütterzentrums bis zu zehn Kinder am Samstag und Sonntag von 7 bis 12 Uhr von zwei Erzieherinnen oder Kinderpflegerinnen betreut werden. „Es war unproblematischer, als wir uns das vorgestellt haben“, sagt Brühl.
Kerstin Wenzl, Vorstand des Mütterzentrums, hat die Stellen bereits ausgeschrieben und schon „fünf sehr gute Bewerbungen“ erhalten. Betreut werden sollen Kinder unter sechs Jahre, deren Mütter „keinen Papa und keine Oma“ haben, die auf die Kleinen aufpasst, während sie arbeiten.
Aktuell hat die Curanum Seniorenresidenz Bedarf an drei Plätzen, der Träger übernimmt dabei auch die Kosten für die Betreuung. Die übrigen Plätze könnten laut Wenzl auch von Pflegefachkräften aus anderen Heimen oder von Müttern in Anspruch genommen werden, die am Wochenende etwa in der Gastronomie arbeiten. Sie selbst oder ihr Arbeitgeber müssten dann für die Betreuung bezahlen.
Wenzl weiß, dass ein ähnliches Vorhaben, in Fürth eine Randzeitenbetreuung einzurichten, schon einmal am mangelnden Interesse gescheitert ist. „Der Vorteil ist, dass wir ganz nah dran sind“, sagt Wenzl, zum Heim sind es gerade einmal drei Minuten. Wenn das Kind einmal nach der Mutter verlangt, ist sie in Reichweite.
Kontakt zum Mütterzentrum unter Tel.: 772799.
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