Neues Stadion: Kleeblattfans sind hin- und hergerissen
16.3.2012, 13:00 UhrMichael Hilmer vom Fanclub „Dragons Fürth“ war gestern an seinem Arbeitsplatz, zum Zeitunglesen hatte er noch keine Zeit gefunden. Da sprach ihn ein Kollege an, ein Club-Fan: Hast du das gehört? Die Fürther bauen ein Stadion, in der Südstadt. Hilmer gesteht schmunzelnd, dass er im ersten Moment gar keinen Nerv für die Information an sich hatte. „Ich dachte bloß, na toll, das hat dir jetzt ein Clubberer gesagt.“
Vor Freude aus dem Häuschen war der 44-jährige Veitsbronner auch Stunden später nicht. „Der Gedanke ist schon schön, dass da endlich mal so ein Betonding dasteht, sowas Ordentliches, was Ganzes, damit wir auch Einnahmen machen können.“ Aber unabhängig davon, dass ihm eine 20000 Zuschauer fassende Arena „für die Zweite Liga zu luftig und für die Erste Liga zu knapp“ vorkommt: Viel lieber als ein Neubau im Stadtsüden wäre es Hilmer, „wenn der Ronhof umgebaut würde“.
„Unsere Heimat“
Am Ronhof, der längst Trolli-Arena heißt, für eingefleischte Kleeblattfans aber wohl immer der Ronhof bleiben wird, hängt nicht nur Hilmers Herz, dessen Opa hier schon vor dem Zweiten Weltkrieg in der Schülermannschaft gekickt hat. Auch Klaus Knorr (Kleeblatt Familys) und Toni Nölp (Di Färdder) — beide sind 49 — kamen schon als Kinder hierher, als das Fußballstadion noch ein von Pappeln gesäumter Sandplatz war.
Im Jahr 1910 nahm der Sportpark Ronhof seinen Betrieb auf, 1920 war er das größte Sportgelände des Deutschen Reiches. Hier wurde die Spielvereinigung dreimal Deutscher Meister, hier stieg sie ab in die Landesliga, hier stieg sie wieder auf, hier spielt sie noch heute. So viel Tradition atmet kaum eine andere Spielstätte im deutschen Fußball. Hilmer sagt: „Dieser Fleck ist unsere Heimat.“
Trotzdem wäre er bereit für die Südstadt — „wenn die Vereinsführung das so entscheidet“. Auch Nölp, der nur einen Katzensprung vom Ronhof entfernt wohnt und der es, sicher im Gegensatz zu manchen seiner Nachbarn, gern hat, wenn es samstags vor und nach den Spielen von Büskens Elf rund geht im Viertel, beurteilt die Neubaupläne „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Sein Verstand sagt ihm: „Wenn man die Zuschauerzahlen hochhalten will, geht das nur mit einem modernen Stadion. Und man wird den Standort nehmen müssen, den’s für vernünftiges Geld gibt.“
Wie berichtet, ist das Gesamtprojekt auf 35 Millionen Euro veranschlagt. Stemmen soll es ein fußballbegeisterter Investor, der vorerst unerkannt bleiben möchte. „Was Besseres wird uns nicht passieren können“, gibt Nölp zu. Und auch Klaus Knorr sieht ein, dass der Verein die Chance nutzen muss. Schließlich endet der Pachtvertrag mit Conny Brandstätter, Eigentümer des Geländes am Laubenweg, im Jahr 2029. „Und was“, fragt Knorr, „wenn der Vertrag dann nicht verlängert wird?“ Er sehe ein, dass die Vereinsspitze um Präsident Helmut Hack unter solchen Voraussetzungen keine großen Investitionen am alten Standort riskiert. Aber: So weitergehen wie bisher könne es eben auch nicht. Beispiel Toiletten. „Viel zu wenig sind das“, findet Knorr, „zum Teil Container, damit kann man sich in der Ersten oder Zweiten Liga doch nicht sehen lassen.“ Außerdem müsse dringend ein größerer, überdachter Gästeblock her. „Denn das geht nicht“, so Knorr, „dass man die Gäste im Regen stehen lässt.“ Tochter Jenny stimmt zu. Die schlimmste Vorstellung für die 21-Jährige aber ist es, Erstligabegegnungen künftig in Nürnberg zu erleben.
Auf der FN-Homepage ist schon ein lebhaftes Gefrotzel von Club- und SpVgg-Fans entbrannt. Glubberer: „Ein neues Stadion macht noch lange keine Fans“, Experte: „Ich weiß aus erster Hand, wie unzufrieden die (Nürnberger, d. Red.) mit ihrem Leichtathletikstadion sind“. Jürgen Bieber (Green White Crocodiles) aus Cadolzburg jedenfalls versichert auf FN-Anfrage, er freue sich, dass Fürth ein reines Fußballstadion bekommen soll und noch dazu ein „steiles, englisches Stadion, wo man so nah dran ist, dass man meint, man kann die Spieler direkt anfassen“. Und Ralph Kemnitzer (Kleeblattfreunde mit den jungen Wilden) ist einfach begeistert vom jüngsten Coup seines Vereins. „Man muss sich im Leben auch mal vom Alten trennen“, urteilt er. Für die „Sportfreunde Ronhof“ gibt es da gewisse Grenzen. Vorsitzender Matthias Schreppel zumindest sieht im Falle eines Umzugs noch lange keinen Grund, seinen Club umzubenennen.
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