Babylon-Kino
Neustart: So legt das Babylon heute los
28.5.2021, 16:00 UhrMan kann es Zufall nennen, vielleicht auch Ironie des Schicksals. Christian Ilg wollte diesen Film, unbedingt sollte er im Babylon laufen. Der Film von der lebensgegerbten Frau, die ihr höchstpersönliches Tief überwindet, indem sie aufbricht, ihr Ding macht, mit einem Kleinbus den Westen der USA durchpflügt. Vergiss’, was früher war.
Ausgerechnet mit dem Oscar-Gewinner "Nomadland" meldet sich das Babylon-Kino am Stadtpark am heutigen Freitag zurück - und so genau möchte man besser nicht wissen, wie oft der Chef vom Ganzen in den vergangenen Monaten vom Kleinbus träumte und von der Idee, aufzubrechen und ganz neu anzufangen.Die unabhängigen Kinos mit Arthouse-Profil hat die Krise mit unbarmherziger Heftigkeit gebeutelt. Der bis dato letzte Film im Babylon lief am Abend des 1. November, "Eine Frau mit berauschenden Talenten". Isabelle Huppert besaß leider nicht das Talent, Viren zu besiegen.
Nach fast genau sieben Monaten also ist wieder was los im Kulturzentraum in der Nürnberger Straße, am Telefon plaudert ein nachgerade euphorischer Ilg. "Wir sind voller Tatendrang und total froh", weiß er zu berichten. Mit nahezu identischer Mannschaft wie vorm ersten Lockdown, inklusive Milchhäusle-Team rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, spuckt der Geschäftsführer nun in die Hände. "Die Woche war ganz schön sportlich", denn mindestens so flott, wie die Lockdowns kamen, kam das Lockdown-Ende.
Platz für rund 30 Zuschauer
Flott zur Stelle waren übrigens auch die Babylon-Fans, für die heutige Abendvorstellung von "Nomadland" sind so gut wie alle Plätze weg. Von der Rückkehr zum vollen Programmkalender wie in Vor-Coronazeiten kann derzeit jedoch noch keine Rede sein. Erstens sind gar nicht genug Filme auf dem Markt; zweitens "wollen wir erst einmal abwarten, ob genug Leute mit Geduld kommen", so Ilg; die braucht es, denn haargenau wird vor jeder Vorstellung geprüft, wer getestet, geimpft oder genesen ist - ein aktuelles Testergebnis ist das Minimum dessen, was die Besucher mitbringen müssen.
Auch platzen selbstverständlich noch nicht die beiden Säle aus allen Nähten; im großen Saal etwa ist Platz für 24 bis 34 Leute. "Nicht gerade bombastisch", sagt Ilg, "aber natürlich ist das immer noch besser als weiterhin Stillstand." Außerdem sind Veranstaltungen im Babylon-Keller - Stichwort Fü-Jazz oder Krowis Puppentheater - erst ab Herbst geplant. Eine seit Monaten hängende, bislang aber lediglich durchs Fenster zu bewundernde Schau mit Werken der Fürther Malerin Birgit Maria Götz darf hingegen heute das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
Und die erste Film-Woche? Zwei Hauptprogramm-Filme gibt es bis kommenden Mittwoch. "Nomadland" läuft täglich um 18 und 20.30 Uhr, am Montag um 20.30 Uhr im Original mit Untertiteln. Jeweils um 17.15 und 19.30 (ebenfalls am Montagabend im Original mit Untertiteln) kommt "Rosas Hochzeit" . Die Komödie der spanischen Regisseurin Iciar Bollain ("Öffne meine Augen") sollte Mitte November 2020 in die Kinos kommen und kam stattdessen unter die Lockdown-Räder. Übrigens erfindet sich auch hier eine weibliche Hauptfigur neu und nimmt ihr Leben in die eigenen Hände. Kostümbildnerin Rosa, soeben 45 geworden, lässt den Trott in der Großstadt hinter sich, um im alten Laden ihrer Mutter in einem verträumten Küstenort ein eigenes Geschäft zu eröffnen.
Der Sonntag ist Babylon-typisch auch Tag des Dokumentar- und des Kinderfilms. Um 15.45 Uhr läuft Carmen Losmanns "Oeconomia" über die Spielregeln des Kapitalismus und darüber, wie Geld entsteht. Kleine Babylon-Gänger streifen um 15 Uhr mit Indianerbub "Yakari" durchs Unterholz. Auch die französisch-deutsch-belgische Zeichentrick-Koproduktion war schon 2020 startklar. Nun hat der Große Geist ein Einsehen.
Reservierungen unter www.babylon-kino-fuerth.de oder Tel. 7330966. Geöffnet täglich 17-22 Uhr.