Nichtraucherschutz mobilisiert die Fürther
01.12.2009, 00:00 Uhr
Die Halsbonbons liegen immer griffbereit. «Das geht schon ziemlich auf die Stimme», sagt Alexandra Porsch, während sie einer älteren Dame zeigt, wo sie sich auf der Liste einschreiben muss. «Nachname, Vorname und bitte leserlich schreiben», lautet zurzeit der Standardsatz der vier Frauen, die in der Bürgerinformation im Technischen Rathaus für die Eintragungen zum Volksbegehren zuständig sind.
Viel Zeit zum Durchschnaufen bleibt ihnen nicht. «Eine kleine Schlange wie jetzt im Moment steht fast immer an», sagt Porsch.
Das sei aber nichts gegen den Ansturm, der während der zwei Stunden Öffnungszeit am Samstag über die Bürgerinfo hereinbrach, berichtet deren Leiterin Petra Riedel. «Da waren die Gänge voll mit Leuten.»
Die Arbeit verlaufe überwiegend ohne große Aufreger, hin und wieder lasse aber doch ein Rauch-Gegner Dampf ab. «Es ist offenbar das Hin und Her bei der Gesetzgebung, das viele Leute aufregt», hat Petra Riedel aus vielen Kommentaren herausgehört. «Und einige wollen wohl der Regierung eins auswischen.»
Auch Alt-Oberbürgermeister Uwe Lichtenberg steht in der Schlange. Nichtraucher? «Schon immer gewesen, aber ich habe jahrelang den Qualm anderer einatmen müssen», sagt er. Noch gut erinnere er sich an eine seiner ersten Amtshandlungen. Als er in den 80er Jahren Rathauschef wurde, sorgte er für ein Rauchverbot im großen Sitzungssaal. «Das gab fast einen Aufstand.»
«Haben Sie sich denn selbst auch schon eingetragen», wurde Alexandra Porsch schon oft gefragt, doch eine Antwort gibt sie nie. «Unsere private Einstellung tut nix zur Sache, wir sind hier ganz neutral.» Zwischendrin müssen sie und ihre Kolleginnen Bürgern Auskunft geben, einen Fürth-Pass ausstellen oder Gelbe Säcke aushändigen - die eigentlichen Arbeiten der Bürgerinfo, die trotz des Volksbegehrens getan werden müssen.
Eintragungszeit verlängert
Von den drei Eintragungsstellen in Fürth wird die Bürgerinfo in der Hirschenstraße am häufigsten aufgesucht, fast jeder Zweite hat hier seine Unterschrift geleistet, weiß Wahlamtsleiter Rainer Baier. Der Rest verteilt sich auf die Ämtergebäude Süd (Schwabacher Straße) und Nord (Stadelner Hauptstraße). Damit das Volksbegehren ein Erfolg wird, müssen sich bayernweit mindestens 940 000 Wahlberechtigte beteiligen, das sind zehn Prozent. In Fürth wurde diese Marke bereits gestern geknackt. Am frühen Montagabend hatten sich laut Baier 9140 von 83 056 Fürther Wahlberechtigten in die Listen eingeschrieben, das sind elf Prozent.
Auf Antrag der Grünen-Stadträtin Waltraud Galaske wurde die Eintragungszeit für die beiden letzten Tage – heute und morgen – auf 18 Uhr verlängert. Ursprünglich sollte um 16 Uhr Schluss sein. Galaske hatte 20 Uhr gefordert, «damit sich Berufstätige noch nach der Arbeit einschreiben können». Doch bei der Stadt war man der Meinung, dass 18 Uhr völlig ausreicht. «Zumal wir ja am Montag schon bis 20 Uhr offen hatten», begründet Rainer Baier.
Sind die Frauen in der Bürger-Info erleichtert, dass ihnen der ganz späte Feierabend erspart bleibt? «Ach, wenn’s hätte sein müssen, hätten wir’s gemacht», sagt Alexandra Porsch. Notfalls mit einer neuen Packung Halsbonbons. JOHANNES ALLES