Noble Gesten eines großherzigen Clans

21.10.2006, 00:00 Uhr
Noble Gesten eines großherzigen Clans

Beschenkt wurden 1906 die Bürger der Stadt Fürth. Bleistiftfabrikant Heinrich Berolzheimer und seine Söhne stifteten ein Volksbildungsheim: Das Berolzheimerianum. Dort gab es eine Bibliothek, Vorträge und eben Beethoven und Brahms für alle. «Ohne Ansehen des Standes, der Religion und der politischen Anschauung“ sollte die neue Begegnungsstätte von nun an jedermann zugänglich sein, heißt es in der Festschrift zur Eröffnung vor hundert Jahren, die jetzt zu den Exponaten gehört.

Dabei plagten Monika Berthold-Hilpert, die mit Katrin Pieper die Schau erarbeitete, zunächst erhebliche Zweifel, ob es überhaupt etwas zu sehen gibt: «Wir hatten für das Museum schon einmal vergeblich nach dreidimensionalen Objekten zur Familie Berolzheimer gesucht und nahezu nichts gefunden.“ Fast vergessen und längst verwischt schienen die Spuren der großzügigen Stifter.

Doch diesmal hatte man entschieden mehr Glück und kann jetzt eine Ausstellung präsentieren, die, so Museumschefin Daniela Eisenstein, «auch über den Tellerrand von Fürth“ blickt. Unter anderem werde deutlich gemacht, dass die zahlreichen jüdischen Stifter während der Kaiserzeit mit ihrem Mäzenatentum gerade auch «ihre Zugehörigkeit zur deutschen Kultur ausdrücken wollten“.

Die aufregende Suche nach Heinrich Berolzheimer und seiner Familie führte zum Beispiel «zwischen die Büsche“ im Schulgarten des Stadtparks. Dort entdeckte man einen pausbäckigen Knaben mit Lockenkopf, der, in ein Buch vertieft, einst den Giebel des Berolzheimerianums krönte. In den 50er Jahren kam Josef Köpfs Betonwerksteinfigur an ihren grünen Standplatz - und wurde fast vergessen, bis die Kuratorinnen sie nun dank alter Fotos wiedererkannten.

Ähnlich spannend verlief die Fahndung nach den Kunstwerken, mit denen Berolzheimer, der neben der Fürther Schenkung auch das Nürnberger Künstler- und das Luitpoldhaus unterstützte, diese Einrichtungen ausgestattet hat. Im Germanischen Nationalmuseum fanden sich 20 von 52 Grafiken aus dem 16. Jahrhundert, die der Philanthrop für die Ausstattung des Künstlerhauses stiftete. 14 dieser nie gezeigten Blätter - darunter Arbeiten von Dürer und Behaim - sind nun in Fürth zu sehen. Aufgetaucht sind außerdem zwei Blätter, aus einer Stiftung von Alfred Nathan, einem weiteren großen Fürther Gönner: Von der Hand des Geheimrats Goethe stammen die Briefseite und ein kleines Aquarell, das er in Italien tuschte.

Erinnert wird in der Schau auch an die wechselhafte Geschichte des ersten Fürther Volksbildungsheimes. So versuchten die Nationalsozialisten systematisch das Gedankengut des Stifters zu zerstören und änderten den Namen der Einrichtung. Am 10. November 1938 wurden jüdische Bürger von NS-Schergen im Berolzheimerianum misshandelt, bevor sie in die Konzentrationslager gebracht wurden.

Ehrenbürger

Heinrich Berolzheimer stammte aus einer jahrhundertelang in Franken ansässigen Familie. Sein Vater Daniel gründete in Fürth die Bleistiftfirma «Berolzheimer & Illfelder“; Heinrich weitete das Unternehmen nach Amerika aus. Für seine Verdienste um Bildung und Kunst würdigte ihn Fürth, ein Jahr später auch Nürnberg mit der Ehrenbürgerwürde.

Als er 1906 starb, kümmerten sich die Söhne Emil und Philipp aus den USA weiterhin für Jahre auch ums Berolzheimerianum. Heute führen Volker Heißmann und Martin Rassau das Haus als «Comödie“.

Zur Ausstellungseröffnung morgen im Jüdischen Museum werden unter anderem die Ur-Ur-Enkel von Heinrich Berolzheimer, Wendy und Charles, kommen. SABINE REMPE

«Geschenkt! Die Unternehmer und Mäzene Berolzheimer“: Jüdisches Museum Franken, Königstraße 89. Eröffnung: Sonntag, 14 Uhr. Bis 25. Februar. Für den Festakt zum 100. Jubiläum des Berolzheimerianums (Comödie, Theresienstraße 1) morgen um 19 Uhr gibt es noch kostenlose Eintrittskarten an der Abendkasse.