P&P hat in Fürth 75 geschützte Bäume gefällt
23.11.2013, 10:00 UhrKeiner der Räte hatte damit gerechnet, dass sich hinter dem Tagesordnungspunkt „Bauvorhaben Grundig-Park; Information“ ein handfester Skandal verbirgt. Der Firmeninhaber, der mit seinem technischen Leiter Joachim Wagner selbst ins Rathaus gekommen war, übernahm ohne Umschweife die volle Verantwortung, streitet aber vorsätzliches Tun ab. Die unrechtmäßig gefällten Bäume seien zur Vermessung markiert worden. Dies hätten die Arbeiter als Fällzeichen aufgefasst.
Peter spricht zwar von einer „Katastrophe“, hält gleichwohl das Wiederaufforsten im vollen Umfang auf dem Baugelände für ausgeschlossen. Anstelle einiger geschützter Bäume sind schließlich inzwischen zwei Gebäude vorgesehen. Weshalb diese überhaupt so konfliktträchtig angeordnet werden konnten, muss nach den Worten von Bürgermeister Markus Braun erst noch aufgeklärt werden. Der Firmenchef erklärt sich zu 158 Ersatzpflanzungen für rund 140000 Euro bereit. Für Stadtwaldpfleger Herbert Schlicht ist das geradezu lächerlich, weil es der Unternehmer „aus der Portokasse“ zahlen könne.
Unter Hinweis auf den Bauinvestor Ulrich Liebe, dem die Stadt, wie berichtet, kein Grundstück mehr überlässt, nachdem er am Scherbsgraben für den versprochenen freien Talblick einen geschützten Grünzug vor seinem Neubau ausgelichtet hatte, wurden von den Ausschussmitgliedern empfindliche Sanktionen gefordert. Darüber und über das genaue Schadensausmaß wird nach den Worten des Bürgermeisters nun verwaltungsintern nachgedacht.
Als eine Konsequenz aus dem Kahlschlag wird bereits die Einrichtung einer Stelle für ökologische Bauaufsicht im städtischen Ordnungsamt erwogen. Braun gibt jedoch zu bedenken: „Eine lückenlose Überwachung rund um die Uhr wird nicht möglich sein.“
Hoffnung auf mildernde Umstände?
Am 22. Oktober hatte Michael Peter den Einschlag in den geschützten Waldsaum im Fürther Ordnungsamt persönlich angezeigt. Schlicht erinnert das an die Selbstanzeige von Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung – in der Hoffnung auf mildernde Umstände. Dass es sich bei der Fällaktion um ein Versehen gehandelt hat, können weder SPD-Stadtrat Markus Dinter-Bienk noch sein CSU-Kollege Dietmar Helm glauben.
Das Versagen der Kontrollmechanismen des großen Bauunternehmens beklagt SPD-Stadtrat Günter Witzsch, der zudem von „dreister Irreführung der zuständigen Gremien“ spricht. Schließlich sei die Bebauung in dem ökologisch besonders sensiblen Bereich am Stadtwald seit Jahren umstritten gewesen. Gleichwohl wurden geplante Gebäude offensichtlich zu nahe an den Grüngürtel gerückt. Rechtsreferent Christoph Maier bestätigt die im Bebauungsverfahren vorgebrachten Einwände – unter anderem seitens des staatlichen Forstamts. Allerdings gibt er zu bedenken, dass die städtischen Gremien die Bebauung dennoch zugelassen haben: „Da hat die Stadt mitgemacht.“ Für fatal hält es Stadtrat Witzsch in diesem Zusammenhang, dass die Fürther Bauverwaltung im Zuge von Sparmaßnahmen personell immer mehr ausgedünnt worden sei.
Ein Teil der Grundstücke im Grundigpark ist nach den Worten von Michael Peter an private Bauherren verkauft worden. Unstimmigkeiten beim Baumbestand auf einer dieser Parzellen hätten zur Aufdeckung der viel umfangreicheren Einschläge in den geschützten Baumbestand geführt. Eine Woche später habe man dies dem Ordnungsamt gebeichtet.
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