Preisexplosion: Mieten in Fürth ziehen drastisch an
11.7.2018, 06:00 UhrDass es immer schwerer wird, in Fürth bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist zwar bekannt. Untermauert wird das nun aber mit besorgniserregenden Zahlen aus dem neuen Mietspiegel, der Anfang Juli in Kraft trat. An diesem Zahlenwerk, das alle zwei Jahre aktualisiert wird, können sich Mieter, Vermieter und Gerichte orientieren.
Der Preissprung betrifft alle Wohnungsgrößen und Baujahre. Wird neu vermietet, dann durchschnittlich für 6,94 Euro pro Quadratmeter. Das sind 1,31 Euro mehr als noch vor zwei Jahren, was einer Steigerung von 23 Prozent entspricht. Bei Wohnungsgrößen zwischen 81 und 100 Quadratmetern liegt der Zuwachs sogar bei 27 Prozent. "Das ist nicht tragbar", schimpft Stadtrat Ulrich Schönweiß von der Linkspartei per Pressemitteilung. "Weder Renten, Löhne und Gehälter, BAFöG oder Sozialleistungen steigen in gleichem Maße." Seine Erklärung: "Offensichtlich wurde die Wohnungsnot schändlich ausgenutzt." Mieterinnen und Mieter machten gute Miene zum bösen Spiel – aus Angst, eine Kündigung zu erhalten oder gar keine Wohnung zu finden.
"Wir waren selbst erschrocken", räumt Sozialamtsleiterin Michaela Vogelreuther ein, "das ist schon ein eklatanter Preissprung." Allerdings: Die Höhe der Mieten legt freilich nicht die Stadt fest, sondern der freie Markt. Der Mietspiegel orientiert sich schlicht an dem, was er vorfindet.
2014 wurde im Auftrag der Stadt erstmals nach wissenschaftlichen Kriterien ein Qualifizierter Mietspiegel für Fürth erstellt. Grundlage war eine Umfrage: Über 1300 Mietparteien füllten damals einen Fragebogen aus, in dem es nicht nur um die Höhe der Miete, sondern auch um Größe, Alter, letzte Sanierung und Ausstattung der Wohnung ging. 2016 wurde der Mietspiegel fortgeschrieben. Diesmal aber – vereinfacht und kostengünstiger – nach dem sogenannten Preisindex des Statistischen Bundesamtes, der sich an der Inflation orientiert. Die Durchschnittsmiete lag danach nur um 0,94 Prozent höher als 2014 – eine Zahl, die dem tatsächlichen Anstieg kaum entsprochen haben dürfte.
Weniger als in Nürnberg
Als jetzt, wie nach vier Jahren vorgeschrieben, wieder ein Institut den Mietspiegel auf Basis einer Datenerhebung unter 1340 Mietern und Vermietern erneuerte, folgte das böse Erwachen. Der Anstieg in Fürth übertraf sogar das Plus (9,2 Prozent) in Nürnberg, wo man sich auch 2016 die Mühe gemacht hatte, Daten zu erheben.
Kritik kommt vom Fürther Mieterverein. Ein qualifizierter Mietspiegel sei gut und wichtig, er zeichne aber ein verzerrtes Bild. Aufnahme fänden nämlich nur Wohnungen, die in den vergangenen vier Jahren entweder neu vermietet oder deren Mieten erhöht wurden. Es gebe aber immer noch viele alte Verträge, die einfach weiterlaufen. Auch Sozialwohnungen, also geförderter Wohnraum, seien nicht enthalten.
Fürths Rathauschef Thomas Jung hält fest: "Man zahlt bei uns immer noch weniger als in Erlangen oder Nürnberg." Entsprechend groß sei der Druck auf den hiesigen Markt. Die Durchschnittsmiete in der Noris liegt bei 7,98 Euro pro Quadratmeter. In Fürth gebe es dank Baugenossenschaften und WBG immer noch Tausende Wohnungen, die für 5 Euro zu haben seien.
Fürth versuche, der großen Nachfrage mit mehr Wohnungsbau entgegenzutreten: Bei den Baugenehmigungen pro 1000 Einwohner ist Fürth laut Jung deutschlandweit unter den Top fünf. Das Wachstum habe aber seine Grenzen. Kleingärten und Talauen seien tabu. Jung: "Ich habe schon immer gesagt: Nicht jeder, der hier wohnen will, wird das auch können."
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