Raitersaich als Standort für das ICE-Werk? Ein Dorf ist entsetzt
8.5.2021, 19:57 UhrWie acht weitere Standorte in der Metropolregion unterzieht die DB Raitersaich einer genauen Analyse. Ab November prüft die Regierung von Mittelfranken dann in einem Raumordnungsverfahren, welche Standorte für das ICE-Werk genehmigungsfähig sind. Ab 18. Mai kündigt die DB Bürgerdialoge an.
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Kaum, dass die Nachricht übers Wochenende die Runde im Dorf machte, regt sich Protest. Als Sprecherin der Bürgerinitiative "Stromtrassen-Widerstand", die sich seit Jahren gegen den geplanten Ausbau der Juraleitung von Raitersaich bis Altheim bei Landshut stark macht, ist Andrea Platzer im Ort gut vernetzt – unter anderem auch mit ihrem Nachbarn Michael Brak, ebenfalls Marktrat der Grünen, gemeindlicher Umweltreferent außerdem.
Vor allem junge Mütter seien unter den zig Anrufern gewesen, die sich bei ihm meldeten, "und sie finden die Planungen gruselig", berichtet er. Dass Raitersaich nun eventuell auch noch ein Instandhaltungswerk zur Wartung und Reinigung der ICE-Züge bekommen könnte, kommentiert Brak süffisant: "Wir sind also wieder mal mit dabei."
Im Schatten des Umspannwerks
Er spielt damit auf die besondere Lage der 400 Menschen an, die hier leben. Seit den siebziger Jahren grenzt unmittelbar an ihr Dorf ein Umspannwerk an, das als einer von acht Knotenpunkten der bayerischen Stromversorgung überregionale Bedeutung hat. Auch die von dem Netzübertragungsbetreiber Tennet geplante Juraleitung lässt Raitersaich nicht links liegen.
Allerdings zeichnet sich mit der geplanten Verlagerung des Umspannwerks etwa 450 Meter nach Westen ab, dass auch der von einer 220-kV-auf eine 380-kv-Höchstspannungsleitung aufgerüstete Stromkorridor etwas weiter als ursprünglich geplant vom Dorf abrückt. Insoweit, sagt Platzer, ergebe sich auf der einen Seite zwar eine kleine Entlastung, auf der anderen aber werde das mit einem möglichen ICE-Werk wieder konterkariert. "Und wir in Raitersaich können unsere Häuser irgendwann grün anstreichen, damit wir überhaupt noch etwas Grün sehen."
Die Pläne verurteilt sie als vollkommen abwegig, allen voran beim Flächenfraß: "Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wo soll zwischen der Müncherlbacher Straße und der S-Bahnlinie ein bis zu vier Kilometer langes und bis zu 450 Meter breites ICE-Werk unterkommen?" Laut DB werden 35 bis 45 Hektar benötigt. Zum Vergleich: Das Gewerbegebiet bei Buchschwabach samt Erweiterung hat etwa 25 Hektar.
Das Dorf ist dreifach belastet
Brak rätselt zeitgleich, wie 25 ICE-Züge täglich, also 50 Fahrten hin und her, zwischen dem Verkehrsknotenpunkt Nürnberg und Raitersaich im engen Fahrplan auf den zwei Gleisen der Regionalbahnlinie zwischen Nürnberg und Ansbach unterkommen sollten. Am ehesten, mutmaßt er, nachts, und der Lärm betreffe dann nicht nur Raitersaich, "sondern alle, die an der Bahnlinie leben". Brak sieht sein Dorf mehrfach belastet: Die DB hat mit Müncherlbach und Heilsbronn noch zwei weitere Standorte in die engere Auswahl genommen, die gleich hinter der Kreisgrenze zu Ansbach liegen.
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Bürgermeister Rainer Gegner hat sich, genauso wie sein SPD-Ortsverband, in den sozialen Medien kurz nach Bekanntgabe der Liste möglicher Standorte auf der gemeindlichen Homepage und per Pressemitteilung klar gegen Raitersaich als Standort positioniert: "Der Ort ist bereits sehr belastet, er leistet schon viel fürs Gemeinwohl", meint er auf Nachfrage.
"Die vorgesehene Fläche ist ungeeignet"
Die Verkehrs- und Lärmbelastung würde sich mit dem ICE-Werk im 24-Stunden-Betrieb erheblich steigern. Die vorgeschlagene Fläche Richtung Buchschwabach sei ungeeignet, da es hier bereits ein Gewerbegebiet, eine Recycling-Anlage sowie ein Vorranggebiet für Wind- und Solarenergie gibt. Mit Blick auf den Natur- und Artenschutz sieht er zudem ein großes Waldgebiet und Ackerflächen in Gefahr.
Raitersaich selbst dürfte sich streitbar geben. Platzer erinnert daran, dass Anfang der siebziger Jahre schon einmal ein Güter-Rangier-Bahnhof in Raitersaich geplant war, den die Bürger abwenden konnten. "Wir werden jetzt alle Sachargumente zusammentragen, um den Protest im Dorf nach außen zu tragen", so Brak mit Blick auf den von der DB zugesagten Bürgerdialog.
Interessierte finden unter www.ice-werk-nuernberg.de Informationen der DB zu dem Projekt. Dort kann man sich ab 18. Mai auch zum Bürgerdialog anmelden.
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