Reger Kontakt zwischen Fürth und Midoun
21.5.2018, 18:45 UhrTunesien ist im Aufbruch. Wenige Sätze mit Safa Skandrani Rouis reichen, dann wird klar: Im Land am Mittelmeer ändert sich derzeit vieles – zum Beispiel Wahlen. Anfang Mai standen die ersten freien Kommunalwahlen nach dem Sturz des Diktators Ben Ali im Jahr 2011 an. Viermal waren sie verschoben worden, große Hoffnungen waren an sie geknüpft.
Doch die Kultur- und Sozialamtsleiterin — die erste weibliche Führungskraft in Midouns Verwaltungsspitze — ist dennoch ernüchtert. "Die Wahlbeteiligung war sehr gering", sagt die 36-Jährige. Viele seien aus Enttäuschung über den Mangel an wirklichen Alternativen zu Hause geblieben. Das amtliche Endergebnis steht zwar noch aus, es zeichnet sich aber ab, dass die islamisch-konservative Partei die Nase vorn hat.
Erhellend ist aber, was Rouis über den Vorlauf zum Urnengang berichtet. Etwa, dass die Wahllisten paritätisch ausgerichtet sein mussten, also genau zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt. Das, so erzählt sie weiter, habe auch zu den mehrmaligen Terminverschiebungen geführt.
Für Midoun, die Stadt auf der Insel Djerba hat 63 000 Einwohner, traten sechs Listen an. Eine Tatsache, die Rouis mit Stolz erfüllt — schließlich gab es bis zum Sturz Ben Alis lediglich seine Partei und eine Pseudo-Opposition. Auch dass sich jeweils 15 Männer und Frauen fanden, die sich zur Wahl stellten, bewertet sie positiv. "Sie sind quasi aus dem Nichts heraus zusammengekommen."
Ausschlaggebend für die paritätische Besetzung mit Frauen und Männern ist für Rouis die Tatsache, dass die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder in ihrem Land meistens sehr gut sind. "Bei uns gibt es genügend bezahlbare Krippen- und Kindergartenplätze, für die Familien nicht in einen anderen Stadtteil fahren oder umziehen müssen", erzählt die zweifache Mutter. Dass dies in Deutschland mitunter der Fall ist, hat sie bei ihren beiden Reisen nach Fürth schon gelernt — standen doch auch Besuche in Kitas auf dem Programm.
Beeindruckende Ausstellung
Besonders beeindruckt hat die Kulturamtsleiterin aber die aktuelle Ausstellung im Museum Frauenkultur Regional-International, die sie sich gemeinsam mit den übrigen fünf Delegierten aus Tunesien angesehen hat. "Wie weiblich ist die Stadt?" heißt die Schau, die sich der Rolle der Frau in Fürth, aber auch in den Partnerstädten Limoges, Marmaris, Paisley und Xylokastro widmet. Auch in Midoun, obwohl (noch) nicht Partnerstadt, haben sich die Macherinnen umgesehen. Rouis und ihre Begleiterinnen waren so begeistert von der Ausstellung, dass diese nun im Herbst in ihrer Heimatstadt gezeigt wird; danach reist sie weiter nach Paisley, in die schottische Partnerstadt Fürths.
Frauenkultur liegt Rouis besonders am Herzen, gerne würde sie in Midoun irgendwann einen Verein mit diesem Thema gründen. Auch, weil sie sich für die Region ein drittes Standbein wünscht. "Wir haben bislang nur Sonne und Strand zu bieten, mehr Kultur fände ich gut."
Kultur war auch Triebfeder für den Austausch zwischen Fürth und Midoun. Zustande gekommen ist er über den Deutschen Städtetag: Er appellierte an die Kommunen, sich in den Mahgreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien zu engagieren und den dortigen Demokratisierungsprozess zu unterstützen.
Midoun suchte konkrete Hilfe bei der Renovierung einer Freilichtbühne, Fürth sprang ein. Dieses Projekt ist inzwischen fast abgeschlossen. Die Partnerschaft, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt finanziert wird, soll aber darüber hinaus weitergehen.
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