Ronhof: Haupttribüne wird zu neuem Veranstaltungsort
25.1.2017, 11:00 UhrMit einem Steh-Empfang in der Mixed Zone, wo sonst die Spieler Interviews geben, könnte so ein Veranstaltungstag – sagen wir eine Fortbildung für Bankangestellte – beginnen. Workshops im Bauch der gewaltigen Tribüne schließen sich an, in der Pause wird das Stadion erkundet, vielleicht ein Erinnerungsfoto auf dem Trainerstuhl im Presseraum geschossen. Und zum Nachmittagskaffee später geht’s auf den Balkon, wo einem der heilige Rasen zu Füßen liegt...
Mit Leichtigkeit kann Tobias C. Auer dieses und andere Szenarios entwerfen, wie die Haupttribüne an spielfreien Tagen genutzt werden kann – und soll. All diese Ideen sind in die Konzeption des Gebäudes eingeflossen. Es gibt Räume für jede Veranstaltungsgröße: von der VIP-Loge, in der sich fünf Menschen nicht verloren fühlen, bis zum großen Saal im ersten Obergeschoss, der für bis zu 450 Gäste bestuhlt werden kann. Auf allen vier Etagen zusammen ist für 1200 Menschen Platz. An Technik und das Catering ist gedacht.
Auer, der als "Direktor Stadionbetrieb" bei der SpVgg Greuther Fürth nach dem Bau des Trainingszentrums auch den der Tribüne koordiniert, klingt nicht nur wie ein leidenschaftlicher Eventmanager – seine Abteilung ist tatsächlich so etwas wie die Event-Agentur für die Räume des Vereins geworden: Das Kleeblatt hat mit der Organisation von Veranstaltungen ein weiteres Geschäftsfeld aufgetan. Zwei Eventmanagerinnen gehören zu Auers Team.
Seit zweieinhalb Jahren sammeln sie Erfahrungen mit der Vermietung des VIP-Gebäudes, das damals für einen fünfstelligen Betrag mit neuer Technik ausgestattet wurde. Vor allem Business-Kunden will man anziehen, sagt Auer: Firmen, die hier Seminare, Tagungen oder Feiern abhalten. „Es gibt einen Markt dafür.“
Stadien wecken Emotionen
Stadien hätten einen Riesenvorteil, erklärt er: Anders als Messehallen oder Tagungsräume in Hotels seien sie Orte, die Emotionen wecken: „Stadionfeeling“. Sich zu überlegen, wie man das nutzen kann, sei wahnsinnig spannend, findet Auer, der nach dem Sportmanagement-Studium bereits beim FSV Frankfurt den Bau einer Haupttribüne bei laufendem Betrieb begleitet hat.
Als Konzert-Locations dienen Stadien schon länger. Mit den Neubauten für die WM 2006 aber, erzählt der 34-Jährige, habe in Deutschland die Entwicklung begonnen, auch die Gebäude jenseits des Fußballs zu nutzen. Auch in der Region gebe es ein spürbares Interesse am Stadion als Veranstaltungsort. Das Kleeblatt habe sich dabei bewusst eine Lücke gesucht: Zum einen wollte man hiesigen Veranstaltungsorten wie der Comödie oder damals noch der Grünen Halle keine Konkurrenz machen. Zum anderen wollte man weiter im Frieden mit den Nachbarn leben, die an Spieltagen schon den Stadiontrubel ertragen müssen. „Wir konzentrieren uns daher auf Business und Co.“
Im vergangenen Jahr gab es ihm zufolge bereits 120 Veranstaltungstage im VIP-Gebäude – ohne, dass dies Anwohnern sonderlich aufgefallen sei: kleine Messen, Seminare, Tagungen, Kurse für die Studenten des Kleeblatt Campus. „Wir haben Nachbarn mal schätzen lassen, wie viele Veranstaltungen wir jetzt schon haben. Sie sagten: Keine?“
Ersatz für die Grüne Halle?
Mit dem Wegfall der Grünen Halle aber könnte die Nische fürs Kleeblatt größer geworden sein. Der OB nannte sie im Sommer schon den idealen Ort für Abi-Bälle und Hochzeitsfeiern. Auer betont: „Bei uns ist um 22 Uhr Schluss.“ Dabei werde es angesichts der Belastung für Anwohner an Spieltagen auch definitiv bleiben.
Vorstellbar seien allenfalls kreative Lösungen. Etwa dass ein Brautpaar seine Gäste zur Zeremonie samt Foto-Shooting und Kaffeetrinken ins Stadion einlädt und es abends für die Hochzeitgesellschaft zu einer anderen Location geht – vielleicht sogar im Mannschaftsbus, wenn er gerade nicht gebraucht wird. Apropos Kaffeetrinken: Wäre eine Feier eigentlich auch auf dem Rasen erlaubt? Auer schmunzelt: „Das wäre schon sehr teuer!“ Anbieten würde sich eher der Kunstrasen am Spielfeldrand oder die Terrasse im zweiten Obergeschoss.
Prinzipiell soll die Haupttribüne allen Fürthern als Veranstaltungsort offenstehen, sagt er. Aber auch aus einem anderen Grund sind Firmen die vorrangige Zielgruppe: Sie können meist kurzfristiger planen. Weil der Spielplan nur für einen recht kurzen Zeitraum fixiert ist, ist es fürs Kleeblatt schwierig, Termine mit langem Vorlauf zuzusagen. An Heimspieltagen gehört die Tribüne nämlich immer noch dem Fußball.
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