Schliemann: Nagt der Neubau am Talgrund?

Wolfgang Händel

Leiter Lokalredaktion Fürth

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24.5.2019, 06:00 Uhr
Schliemann: Nagt der Neubau am Talgrund?

© Archivfoto: Hans-Joachim Winckler

Einstündige Debatten sind im Fürther Stadtrat eher selten, wenn es dazu kommt, muss das Thema schon Aufreger-Potenzial haben. In diesem Fall trifft das zu, und das kann kaum überraschen: In Zeiten, da Umwelt- und Klimaschutz in aller Munde ist und gerade Schüler mit ihren Freitagsdemos für enorme Dynamik sorgen – gerade in diesen Zeiten will die Stadt mit dem Neubau eines Gymnasiums am eigentlich unantastbaren Landschaftsschutzgebiet knabbern.

Das Unverständnis bei einem erheblichen Teil des Stadtrats war groß, doch mit der absoluten Mehrheit der SPD wurde der Weg frei gemacht. Wobei noch nichts beschlossen ist. Den planenden Architekten soll im Rahmen eines laufenden Wettbewerbs lediglich die Option eröffnet werden, den Schultrakt – anders als bisher vorgesehen – ein Stück weit über die Grenzen auszudehnen, die der Stadtrat auf dem Gelände unterhalb des Sozialrathauses selbst einst aus Naturschutzgründen gezogen hat.

Der zuständige Bürgermeister und Schulreferent Markus Braun und Fürths Baureferentin Christine Lippert werben inständig dafür: Man wolle sich doch wenigstens einmal anschauen, was die Architekten da zu Papier bringen und ob man damit leben könnte. Entscheiden soll der Stadtrat, wenn Entwürfe vorliegen. "Wir können dann immer noch Nein sagen", so Lippert.

Dass man überhaupt auf diese Karte setzen möchte, ist wachsender Not geschuldet. Erst Anfang des Jahres hat das Ministerium neueste Schülerprognosen verkündet, und die ließen auch in Fürth die Warnlampen angehen. Man müsse nun mit vier bis fünf Klassen pro Jahrgang am künftigen Schliemann planen statt, wie bisher, mit drei bis vier.

In Summe entspreche das rund 1000 statt 750 Schülern, rechnet Braun vor. Er plädiert deshalb in deren Interesse dafür, "den Architekten Raum für Ideen zu öffnen". Man könnte "Teile des Pausenhofs, der Fahrradständer und des Schulgartens" im Landschaftsschutzgebiet platzieren, heißt es. Das klingt noch halbwegs verträglich, doch dann ist auch von "Gebäudeteilen" die Rede.

Wie Braun auf Nachfrage unserer Redaktion präzisiert, hieße das: Tatsächlich könnte der Baukörper über die zulässigen Grenzen verschoben werden. Im Gegenzug, so das Natur-Tauschgeschäft des Bürgermeisters, müsste dann die mächtige Eiche erhalten werden, die das Bild auf dem Wolfsgruber-Areal prägt.

Zweifel von Beginn an

Außer den Sozialdemokraten im Rat mochte sich dennoch niemand dafür erwärmen. Der Tenor war vielmehr: Das Grundstück habe sich von Beginn an nicht so für den Schulbau geeignet, wie die Stadt das glauben machen wollte. Insbesondere in der CSU war die Tendenz dahin gegangen, lieber den Altbestand des Schliemann-Gymnasiums an der Königstraße zu sanieren und die benachbarte Feuerwache einzubeziehen.

Ein Architekt hatte Pläne dafür geschmiedet, bei der Stadt allerdings winkte man ab: Eine Schule mit modernem Standard sei nur in einem Neubau zu schaffen. Auch Schulleitung sowie Mehrheiten von Schülern und Lehrkräften sprachen sich für diese Variante aus.

Den Neubau, so wurde nun im Rat eingewandt, könne man vielleicht an anderer Stelle schaffen; auch ein ohnedies wegen wachsender Schülerzahlen nötiges viertes Gymnasium in der Stadt wurde ins Gespräch gebracht. Braun indes warnt davor, "die Standortdiskussion neu aufzumachen". Dadurch verliere man "wieder drei Jahre", die man nicht habe, weil der Schub an Schülern vorher einsetzt. "Sagen Sie mir bitte, wo wir die dann unterbringen", appellierte Braun an den Stadtrat.

Die Lager standen sich in der Sitzung unversöhnlich gegenüber. SPD-Fraktionschef Sepp Körbl meinte, ein "gefundenes Fressen für die Gegner des Standorts" zu erkennen, und forderte, "nicht irgendeine Hecke über das Wohl von vielen Tausenden von Schülern" zu stellen. Sein Parteifreund Markus Dinter-Bienk, selbst Lehrer am Schliemann-Gymnasium, warnte vor weiteren Verzögerungen, die "die Schule ruinieren" würden, wie er glaubt.

Für Michael Au (CSU) dagegen handelt es sich "möglicherweise um einen Irrtum", man müsse jetzt "die Notbremse ziehen". Andere, wie Philipp Steffen (Grüne), betonten: Das Landschaftsschutzgebiet sei schließlich da, "um Landschaft zu schützen". Mache die Stadt hier selbst Abstriche, öffne das Tür und Tor.

 

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