Snooker: Paul Hunter Classic in Fürth vor dem Aus?
9.8.2018, 09:32 UhrThomas Cesal, Vorsitzender des SSC Fürth, einer der Initiatoren und danach der Organisator des PHC, gibt einen Einblick in die erstaunliche, weil völlig unerwartete Entwicklung und die vielschichtigen, vor allem finanziellen Probleme. Für den Ernstfall, also den Ausstieg des Profi-Weltverbandes, hat er immerhin bereits einen Plan B im Kopf.
Die entscheidende E-Mail kommt am 9. Juli 2004 um 22:43,38 Uhr, Absender ist Brandon Parker, der Manager von Paul Hunter. Er kündigt Thomas Cesal das "Okay" seines Schützlings und des mit ihm befreundeten Matthew Stevens an. Mit der Nummer vier und fünf der Weltrangliste werden zwei Snooker-Idole am 18./19. September beim Jubiläumsturnier zum fünfjährigen Bestehen des SSC Fürth ihr Können demonstrieren. Verbunden mit guten Wünschen und – frei übersetzt – "einer tollen Zeit entgegensehend".
Wie Recht Parker damit haben sollte, war allerdings nicht abzusehen. Inzwischen ist er Direktor des Weltverbandes für Kontinentaleuropa und mit Geschäftsführer Cesal zweiter Gesellschafter des PHC-Ausrichters Dragonstars Eventmanagement GmbH.
Mehr Geld
Dass Cesal selbst knapp 15 Jahre später Hunters Ankunft auf dem Nürnberger Flughafen "als meinen schönsten Augenblick der Ära PHC" bezeichnet, macht deutlich, dass er immer noch Zweifel hegte an der Realisierung der Fürther Schnapsidee. Der Schock durch Hunters frühen Tod 2006 änderte aber nichts am hohen Stellenwert des Turniers in Deutschland.
Im Gegenteil, ab 2007 wurde die Veranstaltung mit dem Erinnerungstitel "Paul Hunter Classic" sogar noch aufgewertet. Nicht nur die Fürther Sportszene wurde dadurch bereichert. Die Begeisterung der Fans und das familiäre Flair beim weltweit größten Miteinander von Profis und Amateuren sorgte für wichtige Impulse, um die ebenso anspruchsvolle wie unterhaltsame Billardvariante in Kontinentaleuropa bekannter zu machen und dem Profisport neue Märkte zu erschließen.
Die Profis von der Insel waren begeistert, im zweiten Jahr gingen bereits 16 damals noch in der Grünen Halle an die Tische. Inzwischen hat nahezu jeder der Weltstars – angefangen bei Ronnie 0`Sullivan, Steve Davis, John Higgins, Neil Robertson, Judd Trump, Shaun Murphy bis hin zu Mark Selby – seine Klasse in der Kleeblattstadt bewiesen.
Allerdings ist der Trend rückläufig, was sich auch im schleppenden Kartenverkauf bemerkbar macht. Im Laufe der Zeit hat nicht nur der Name Hunters an Zugkraft eingebüßt. Vor allem ziehen im inzwischen eng getakteten Terminkalender viele der namhaften Profis die weitaus besser dotierten Turniere in Fernost vor.
Fehlte 2013 zum "Zehnjährigen", am Ende mit Sieger O`Sullivan an der Spitze, keiner der besten 32 Profis auf der PHC-Starterliste, ist diesmal "nur" noch eine gute Handvoll von ihnen vertreten. Das tut zwar der Spannung keinen und der sportlichen Qualität kaum Abbruch, ist jedoch verständlich. Fürth ist das "billigste" Ranglistenturnier, für die "Großen" der Szene ist bei einem vom Weltverband garantierten Preisgeld von 100 000 Pfund am wenigsten zu verdienen.
Zähes Ringen
"Ein eigener, potenter Sponsor wäre äußerst hilfreich, ist in Fürth oder der Region jedoch nicht aufzutreiben", bedauert Cesal, der als Ausrichter des neben Berlin einzigen Ranglistenturniers in Deutschland auf den guten Willen der WPBSA angewiesen ist. "Und das ist jedes Jahr ein zähes Ringen, denn ein Profiverband kann und will sich auf Dauer kein Draufzahlgeschäft leisten."
Dass nicht nur ihm als Fürther das PHC längst eine "Herzenssache" geworden ist, unterstreichen die vielen Ehrenamtlichen, die vom ersten Turnier an durch ihre Mitarbeit maßgeblich zum guten Ruf und zusammen mit dem harten Kern der Snooker-Fans zum wirtschaftlichen Überleben beigetragen haben. Weil er aus Gesprächen in all den Jahren weiß, dass viele Zuschauer extra ihren Urlaub nach dem PHC-Termin eintragen, will er sie in den Entscheidungsprozess einbinden, falls der Weltverband seine finanzielle Unterstützung kappt. Cesal schwebt ein Einladungsturnier mit einem halben Dutzend möglichst namhafter Profis und einem großen Feld an Amateuren vor – also so etwas wie zurück zu den Wurzeln. Dazu und damit zu ihrer Verbundenheit mit Fürth sollen die Zuschauer beim PHC 2018 befragt werden.
Ein Grund mehr, in zwei Wochen in die Stadthalle zu kommen, wo immerhin 79 Profis mit den Vorjahresfinalisten Michael White und Shaun Murphy an der Spitze und 49 Qualifikanten aus dem Feld von 137 Amateuren um den Sieg kämpfen.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen