Sport ist nicht alles: Steffi Müller hört auf
18.5.2014, 12:00 UhrSteffi Müller zählte auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zum Besten, das Badminton-Deutschland zu bieten hatte, gewann insgesamt sieben Deutsche Meisterschaften in der Jugend, belegte Platz zwei beim Europacup und trat sogar bei den Weltmeisterschaften im Nationaltrikot an. Trotzdem blieb ihr der ganz große Erfolg, die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney, verwehrt.
„Das war damals keine sportliche Entscheidung, sondern lag an persönlichen Differenzen mit dem Trainerstab“, sagt Steffi Müller heute und man spürt, dass sie damit lange Zeit zu kämpfen hatte. Mittlerweile spricht die 37-jährige sehr sachlich über die schwerste Zeit ihrer Karriere. Das war nicht immer so.
„Heute bin ich rational“
Damals durfte sie im Olympiastützpunkt in Saarbrücken trainieren und stand kurz vor der Nominierung für das Olympia-Team. Es folgten eine Schulterverletzung und zugleich überzogene Leistungsziele der Trainer. Trotz ihres Talents stand Müller vor dem Aus, die Teilnahme an den olympischen Spielen war außer Reichweite. Es dauerte, bis sie sich damit abgefunden hatte: „Früher war ich eher ein Bauchmensch und habe eben einfach gesagt, was ich dachte. Heute bin ich zurückhaltender und rational.“
Sie hat Abstand gewonnen. Abstand zu der schweren Zeit, aber auch zum Sport an sich. Früher galt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Badminton. Bis zu fünf Trainingseinheiten pro Woche absolvierte sie, dazu kamen Turniere am Wochenende und ein Engagement als hauptberufliche Trainerin im Nachwuchsleistungszentrum in Mühlheim an der Ruhr. Steffi Müller konnte lange Zeit nicht genug bekommen.
Im Jahr 2013 folgte dann die Entscheidung kürzer zu treten und die Prioritäten neu zu ordnen. Von nun an konzentrierte sich Müller mehr auf sich: „Ich musste erst wieder lernen, was mir gut tut. Das war in dem Fall meine Heimat und das Ziel, mich mehr um Freunde und Familie zu kümmern.“ Seither arbeitet sie als Physiotherapeutin in der Erler-Klinik und fühlt sich dabei wieder richtig wohl. Der Sport hat sie gelehrt, Disziplin zu zeigen und mit einem Team Erfolge zu feiern: 2004 wurde sie deutsche Mannschaftsmeisterin mit dem FC Langenfeld. Auf der anderen Seite forderte er auch seinen Tribut. Nach unzähligen Verletzungen und sportlichen Rückschlägen kam sie zu der Erkenntnis, dass Sport nicht alles ist.
Ihre letzte Saison als aktive Spielerin hat sie vor Kurzem frühzeitig beendet. Zwar steht sie mit ihrer Mannschaft vom TSV Zirndorf in der Relegation und spielt um den Aufstieg in die Bayernliga. An den entscheidenden Spielen am heutigen Samstag in Rottendorf bei Würzburg kann sie wegen der Arbeit jedoch nicht persönlich teilnehmen und muss sich vertreten lassen.
Früher wäre das für Steffi Müller wohl keine Option gewesen. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass sie gelernt hat, den Sport hinten anzustellen. Dennoch hofft sie, dass ihre Teamkollegen gewinnen und zeigt sich zuversichtlich: „Das Team ist stark und wird auch ohne mich in der Relegation sehr gute Chancen haben.“
Die Pokale stehen im Elternhaus
In der eigenen Wohnung erinnert nichts wirklich an die vielen Erfolge, die Steffi Müller gefeiert hat. Die meisten Urkunden und Souvenirs an die Karriere hat sie bereits vor Jahren weggeworfen. Ihre wichtigsten Trophäen und Pokale stehen alle bei den Eltern und zeigen sinnbildlich den Abstand, den sie unbedingt wollte.
Ein Leben ganz ohne Badminton kann und will sie aber auch nicht führen. So wird sie beispielsweise weiterhin als ehrenamtliche Trainerin im Nachwuchsleistungszentrum der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg tätig sein und gelegentlich auf dem Feld auch selbst den Schläger schwingen. Der Sport hat wohl einen zu großen Teil in ihrem Leben eingenommen, sie kann ihn nicht einfach hinter sich lassen. Ein Schicksal, dass sie mit anderen Leistungssportlern teilt.
Andere verkraften den Absprung in ein normaleres Leben nicht so gut wie sie und gehen daran zugrunde. Nicht Steffi Müller: „Mir geht es heute wieder sehr gut“, sagt sie und grinst.
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