Stadt Fürth zieht gegen P & P den Kürzeren
21.10.2015, 14:30 UhrAls im Herbst 2013 publik wurde, dass der Bauträger P & P auf dem Grundig-Areal am Main-Donau-Kanal – nach damaligem Anschein – widerrechtlich 76 Bäume hatte fällen lassen, war die Empörung groß. Leserbriefe fluteten die FN-Redaktion, im Rathaus echauffierte sich – wenige Monate vor der Kommunalwahl – die Politik.
Ende November ging die Stadtspitze sogar von einer „vorsätzlichen Fällung“ aus, nicht mehr von einem Versehen. Man fühle sich „getäuscht“, das Vertrauen sei „nachhaltig zerstört“. Fürths Führungsriege kündigte an, das Bußgeld werde die von P & P freiwillig angebotenen 140 000 Euro „weit“ übersteigen. Noch einmal zwei Monate später beschloss der städtische Umweltausschuss, dass P & P gemäß der Baumschutzverordnung die dreifache Menge der gefällten Bäume, also 244, nachzupflanzen habe. Als Ausgleich für jeden nicht gepflanzten Baum müsse der Bauträger 882 Euro bezahlen. Macht in Summe beinahe 220 000 Euro.
Im Herbst 2015 hat sich die Situation grundlegend geändert. Wie die FN erfuhren, hat sich erneut der Umweltausschuss mit der Thematik befasst – in nichtöffentlicher Sitzung. Heute wird der Stadtrat darüber debattieren, ebenfalls im nichtöffentlichen Teil.
Laut den Sitzungsunterlagen, die den Fürther Nachrichten vorliegen, hat sich die Stadt mit P & P auf einen Vergleich geeinigt. P & P muss demnach keinen einzigen Baum nachpflanzen und zahlt statt 220 000 Euro nur noch 80 000 Euro. Zudem stellt das Rathaus das bereits eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren ein.
Juristisch gegen die Forderung zur Wehr gesetzt
Was hat diesen Kurswechsel bewirkt? Dass P & P Teile seiner Wohnbau-Sparte im Sommer verkauft hat, spielte dabei keine Rolle. Alle Verhandlungen wurden mit Firmenchef Michael Peter und dessen Anwälten geführt. Aus den Sitzungsunterlagen geht hervor, dass sich P & P juristisch gegen die Forderung der Stadt zur Wehr gesetzt hat. So bezweifelten die Anwälte des Unternehmens, dass in diesem Fall überhaupt die städtische Baumschutzverordnung greift, weil diese nur für einen „zusammenhängend bebauten Ortsteil“ gilt. Zum Zeitpunkt der Fällung habe im Grundig-Park aber keinesfalls von einer zusammenhängenden Bebauung die Rede sein können.
Weiterer Streitpunkt: Handelte es sich bei den gefällten Bäumen um „lockere Gehölzgruppen“ oder um „Wald“? Selbst ein Vor-Ort-Termin mit dem Staatlichen Forstamt brachte offenbar keine Klarheit. Der Knackpunkt: Im Wald gilt die Baumschutzverordnung ebenfalls nicht. Zu allem Überfluss beinhaltete der Bebauungsplan auch noch eine „rechtswidrige“ Bestimmung.
Fest steht: Hätte die Stadt auf einem Verstoß gegen die Baumschutzverordnung beharrt, hätte sie ein Bußgeldverfahren einleiten und die Ersatzpflanzungen durchsetzen müssen. Beide Parteien hätten sich vor Gericht getroffen. Doch im Rathaus überwiegen inzwischen Zweifel, ob die eigene Position durchsetzbar ist.
Langwieriger Prozess mit ungewissem Ausgang
Auf FN-Nachfrage sagte Oberbürgermeister Thomas Jung, die Stadt müsste mit „langwierigen Prozessen mit ungewissem Ausgang“ rechnen. Als Niederlage wertet er den Vergleich nicht. Es sei ein Ergebnis, mit dem man leben müsse. Als Laie sei er selbst überrascht, was man „im eigenen Wald so alles darf“. Diese „Patt-Situation“ habe regelrecht nach einem Vergleich verlangt, sagt auch Rechtsreferent Christoph Maier.
Als dessen Grundlage wurde nun nicht mehr die Baumschutzverordnung, sondern der Bebauungsplan herangezogen. Demnach waren 64 der 76 gefällten Bäume als „erhaltenswert“ eingestuft. Pro Exemplar seien 1175 Euro zu bezahlen, macht 75 200 Euro. Angesichts des Erfolgs fiel es P & P offenbar nicht schwer, die Summe auf 80 000 Euro aufzurunden. Paradox: Das sind immer noch 60 000 Euro weniger, als die Firma anfangs aus freien Stücken angeboten hatte.
Bei P & P sieht man sich längst am längeren Hebel und lässt durchblicken, dass man – rein rechtlich – wohl gar nichts hätte zahlen müssen. Geschäftsführer Michael Peter betonte gegenüber den FN, er wolle aber ebenfalls keinen langwierigen Streit, schon gar nicht mit der Stadt Fürth, in der er sein Unternehmen nach wie vor fest verwurzelt sieht. Die Zahlung von 80 000 Euro, davon sind 50 000 längst überwiesen, sei daher ein guter Kompromiss.
Heute muss der Stadtrat über den Vergleich entscheiden – wie gesagt: nichtöffentlich. Das Ergebnis, so heißt es aus dem Rathaus, werde man anschließend bekanntgeben.
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