Straßenwunder in Cadolzburg gesucht
16.4.2017, 21:00 Uhr"Dazu war die Aussage zu klar", sagt Christoph Eichler vom Staatlichen Bauamt. Eichler hat die Ortsdurchfahrt Cadolzburg von seinen Vorgängern "geerbt" und sieht "keine Veranlassung, die Planung wieder aufzunehmen".
Über 69 Prozent der Cadolzburger lehnten das Großprojekt ab. Und das trotz der vielen Warnungen aus dem Staatlichen Bauamt. Die damals Verantwortlichen Rainer Popp und Christian Peetz, beide sind inzwischen in München tätig, hatten im Rahmen einer bayernweit einmaligen Projektwerkstatt über alle Facetten des Vorhabens aufgeklärt. Zugleich aber eindeutig Position bezogen: Sie sahen keine Alternative zum Straßenneubau, um die in der Ortsmitte lebenden Bürger zu entlasten und den Verkehrsgau in Cadolzburg zu verhindern.
Später Schulterschluss
Heftig war im Vorfeld des Bürgerbegehrens die Auseinandersetzung geführt worden. Es ging bis zu Sachbeschädigung an Plakaten und Transparenten. Die Gegner der Umgehung waren gut organisiert und schlossen sich in der Bürgerinitiative "Umgehung umgehen" zusammen. Sie sprachen sich hauptsächlich mit Umweltschutzargumenten gegen das Projekt aus. Die Befürworter hingegen traten erst als Einzelkämpfer auf und entdeckten spät, wie wichtig es für ihr Anliegen ist, die Reihen zu schließen und gründeten "Pro Umgehung". Großes Versprechen der BI "Umgehung umgehen" nach der Abstimmung war: Wir wollen an einer Lösung für alle Bürger mitarbeiten.
Diese Lösung sucht nun der Gemeinderat. Bürgermeister Bernd Obst beurteilt das Verfahren der Projektwerkstatt im Rückblick als überaus positiv: "Basisdemokratischer geht es nicht mehr". Bedauerlich findet er, dass sich viele Bürger vor der Abstimmung nicht mit den Fakten auseinandersetzen wollten, sondern nur emotional reagierten. Schon damals und erst recht nach dem eindeutigen Resultat des Entscheids sei klar gewesen, dass der Markt im Norden kein weiteres Bauland ausweisen werde.
Dies war von einigen der Gegner gemutmaßt worden. Aber auch die geplante Trasse der Umgehung solle nicht durch Bauprojekte gefährdet werden, sagt Obst. Denn irgendwann könnten die Fakten die Gemeinde überholen. Dann nämlich, wenn das Staatliche Bauamt keine andere Möglichkeit als einen Umgehungsbau mehr sehe, um den Verkehrskollaps zu verhindern. Die Behörde hat die Hoheit über die Straße, vor Ort könnte nicht eingegriffen werden. "Die Entscheidung über die verkehrliche Infrastruktur darf dann nicht auf die Politik vor Ort übertragen werden, sondern das muss die Behörde als Baulastträger der Staatsstraße tun", erläuterte der Bürgermeister.
Aktuell liegen diverse Vorschläge für die Entlastung der Ortsdurchfahrt auf dem Tisch: Mitfahrbänke, Geschwindigkeitsüberwachung oder Tempo 30. Im Rahmen des Isek (Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept) sollen sie diskutiert werden. Derzeit erstellt ein Büro eine Stärken- und Schwächen-Analyse der Cadolzburger Ortsmitte, die im April oder Mai im Gemeinderat vorliegt und auf deren Basis das Gremium dann Handlungsfelder definieren soll, erklärt Bürgermeister Obst.
Arbeitsgruppen werden sich damit beschäftigen, nicht nur Gemeinderäte und Mitarbeiter des Staatlichen Bauamtes werden daran teilnehmen, sondern auch Bürger sind eingeladen. "Hier brauche ich beide Gruppierungen", sagt der Bürgermeister und meint damit die Initiativen "Zukunft Cadolzburg" und "Umgehung umgehen". Denn Gräben hätten sich im Verlauf des Diskussionsprozess aufgetan, die bis heute nicht geschlossen sind. "Es macht wenig Sinn, wenn sich die Gruppen in ihre Schützengräben zurückziehen und aufeinander schießen", meint Obst metaphorisch.
Ob Tempo 30, Bürgerbus, Fahrbahnteiler, synchronisierte Ampelschaltung oder Nachtfahrverbot für Lkw — Obst ist der Überzeugung, dass es jetzt wenig bringen würde, Einzelvorschläge aufzugreifen, vielmehr müsse ein Gesamtkonzept angepackt werden. Gegen Jahresende könne ein solches auf dem Tisch liegen.
Einen Dämpfer erteilte Christoph Eichler in einer Gemeinderatssitzung den Hoffnungen, Flüsterasphalt aufzutragen. Die Fahrbahndecke würde maximal ein Jahr lang halten, prophezeite er. Grund seien das Abbremsen schwerer Lastkraftwagen und das viele Abbiegen in die Nebenstraßen. Andere lärmmindernde Baumaßnahmen könnten aber zum Einsatz kommen, sagte Eichler, ohne auf Details einzugehen.
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