Superheld oder Prolet? Fränkische Krimi-Autoren über James Bond

5.11.2015, 11:00 Uhr
Superheld oder Prolet? Fränkische Krimi-Autoren über James Bond

© Foto: Sony

Elmar Tannert: Bei James Bond kommt einiges zusammen, was ich nicht ausstehen kann. Mir gehen smarte Superhelden auf den Geist, und wenn ein Roman- oder Filmprotagonist nicht sterben kann, wenn sein Autor stirbt, wird es besonders schlimm und zeigt, dass der Held eine Pappfigur ist. Gegenbeispiel wäre Kommissar Maigret, der deshalb nicht weiterlebt, weil er keine pubertären Action- und Heldenfantasien befriedigt und weil kein anderer als Simenon ihn schreiben konnte.

Es mag in Ordnung sein, wenn ein Erfolgsautor um des Geldes willen eine Figur kreiert, der er sein Lebenswerk widmet, aber wenn es nach seinem Ableben weitergeht, dann wird nur noch eine Unterhaltungsmaschinerie weiterbetrieben. Ich muss sagen, mich hat James Bond nicht einmal in meinen jungen Jahren angesprochen – nachdem ich mit 12 Jahren „Der Spion, der mich liebte“ im Kino gesehen hatte, verspürte ich keine große Neigung mehr, mir weitere anzusehen.

Jan Beinßen: Ja, ich bin Bond-Fan! Denn Bond ist Kult. Mein Lieblingsdarsteller ist und bleibt Ur-Bond Sean Connery, aber auch der Siebziger-Jahre-Charme von Roger Moore hat mir gut gefallen. An Daniel Craig musste ich mich erst gewöhnen, aber inzwischen hat er mich mit seiner rauen und kantigen Auslegung von Ian Flemings Spion überzeugt.

Apropos Fleming: In Anlehnung an den Bond-Schöpfer habe ich meinen Romanhelden, der seit zehn Jahren auf Mörderjagd in Franken ist, auf den Namen Paul Flemming getauft. Und auch ein zweiter Name aus dem Bond-Universum taucht in meinen Büchern auf: Analog zu Bond-Schurke Blofeld heißt bei mir ein Zeitungsreporter Victor Blohfeld. . .

Auf „Spectre“ freue ich mich sehr und habe mir natürlich schon Kinokarten gesichert. Zur Einstimmung gibt’s einen Wodka Martini – geschüttelt, nicht gerührt.

Tessa Korber: Wenn man Jahrgang 66 ist wie ich, gehört James Bond so selbstverständlich zur Kindheit dazu wie Weihnachtsgans und Weltspartag. So finde ich ihn auch: ein wenig zu üppig in den Spezialeffekten und ohne echte Abwechslung in der Sache, wie die Gans. Und wie der Spartag eine eher spießige Veranstaltung.

Als ich noch zu jung war für das Konzept sexueller Anziehung, begriff ich nie, was diese Bondgirls antrieb, sich so dämlich zu benehmen. Heute weiß ich es immer noch nicht, wenn auch aus anderen Gründen. Außerdem: Wer will schon die Weltherrschaft? Was macht man damit? Und muss man sich dafür kleiden wie ein Geisteskranker?

Immerhin: der Beißer, ja, oder Bonds ätzende Urinprobe als Nahkampfwaffe. Oder dieses Männermodel, das mit dem Panzer durch Leningrads Wände bretterte, Russland, zehn Grad. Frisur hält. Gebt mir Selbstironie, dann halte ich das aus.

Andererseits: Am Ende war das gar nicht alles Ironie? (Mal ehrlich, der Liebesakt zwischen Grace Jones und dem sichtlich überforderten Agenten: unfreiwillig komisch oder freiwillig peinlich?)

Dank des Neustarts sieht Bond heute eher aus wie ein ernstzunehmender Thriller, nicht mehr so nach Siebziger und Fasching. Traumata hat er jetzt, aussteigen wollte er sogar und saufen mit Skorpionen; neuerdings soll er sogar in die Untiefen der Korruption steigen.

So richtig von dieser Welt ist Bond allerdings immer noch nicht. Aus einem Vibrator wird eben auch durch lebensnahe Gestaltung. . ., aber lassen wir das.

Tommie Goerz: James Bond? Na ja, äh – nö. Kann man es sich als Krimiautor leisten, zu sagen „Nö, James Bond interessiert mich nicht besonders“ – immerhin eine Kult-Figur, die selbst in Franken Millionen fasziniert? Oder sollte man besser lügen: „007 ist für mich einer der Allergrößten!“ Immerhin kenne ich etliche Kollegen und Kolleginnen, die Bond-Fans sind. Ich aber bin definitiv keiner.

Ich sag’s mal so: Wenn ich mir das aktuelle Kinoprogramm ansehe, steht Bond ungefähr auf Platz 17 der Filme, die ich gerne sehen würde. Es aber nicht schaffe, weil ich nicht täglich ins Kino kann. Action, Effekte und Stunts reichen bei mir nicht für die vorderen Ränge, und selbst teuer produziert kann billig sein.

Ich kann mich mit meiner Antwort auch hinter „meinem“ Kommissar Friedo Behütuns verschanzen. Dem wäre die englische Comic-Figur ganz unarrogant einfach „woschd“, und der Medienhype verpuffte an ihm wirkungslos.

Dirk Kruse: Ich bin kein Cineast, aber ein großer James-Bond-Fan. Es gibt kaum einen 007-Film, den ich nicht wenigstens 20 Mal gesehen habe. Auch zahlreiche der Bond-Romane von Ian Fleming habe ich verschlungen.

Mein Lieblingsdarsteller ist natürlich derjenige, den ich das erste Mal im Kino gesehen habe: Roger Moore in „Moonraker“. Die Nonchalance, Noblesse und der Humor dieser James- Bond-Interpretation waren für mich immer stilbildend.

Teile davon sind sicher auch in meinen fränkischen Gentleman-Detektiv Frank Beaufort eingeflossen. Roger Moores Bond – mit leichten Abstrichen auch die Bonds von Sean Connery und Pierce Brosnan – stellt den Gentleman in den Mittelpunkt. Dem ist es wichtiger, Belugakaviar zu essen, Wodka Martini zu trinken, das Bondgirl ins Bett zu bekommen und den Sitz der Krawatte nach einem handgreiflichen Scharmützel zu überprüfen, als Spione und Psychopathen zu jagen. Die Welt wird nebenbei gerettet.

Daniel Craigs 007 ist mir zu verbissen, zu zynisch, zu brutal – er gibt Bond als Proleten mit Mutterkomplex. Trotzdem schaue ich mir „Spectre“ natürlich an. Ein echter Bond-Fan gibt die Hoffnung nicht auf, dass der Gentleman-Bond zurückkehrt. Aber Moore ist mein Mann. Nobody does it better.

Veit Bronnenmeyer: Ich bin seit jeher ein Bond-Fan, habe aber so meine Schwierigkeiten damit, seit Daniel Craig die Figur verkörpert. Der wirkt doch eher wie ein Preisboxer, und die Modernisierungsversuche der Drehbuchschreiber sind meines Erachtens fehlgeschlagen. Klar muss man auch ein wenig mit der Zeit gehen, aber an der Figur sollte man nicht arg herumdoktern. Dafür gibt es ja die Handlungen.

Genial fand ich damals „Der Morgen stirbt nie“, als erstmals ein Medienmogul der Bösewicht war und mit seinen Mitteln die Welt fast in einen Weltkrieg gestürzt hätte. Für den Erfolg der Reihe gibt es viele Gründe. Bond war schon in der Buchvorlage von Ian Fleming ein großer Erfolg (der war ja auch selbst Geheimagent im Zweiten Weltkrieg), die erste Verkörperung durch Sean Connery war ideal, dazu großartige Songs und die richtige Mischung aus Spannung, Humor und Action, wobei sich auf letztere in den neuen Filmen zu sehr ausgeruht wird. Ein Bond-Streifen im Kammerspiel-Charakter – das wäre mal eine Herausforderung.

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