Urteil zur Gustavstraße: 23-Uhr-Sperrzeit nur an Wochenenden
11.2.2016, 14:24 UhrDas Gericht hat sich Zeit gelassen, drei Monate sind seit der Verhandlung in München vergangen. Erst jetzt liegt die ausführliche Urteilsbegründung vor, die der Stadt Fürth Anhaltspunkte gibt, welche Regelungen die Richter für vertretbar halten.
Der VGH stellt in dem Schreiben klar: Die umstrittene TA Lärm sei für die Freischankflächen der Gaststätten nicht gültig. Es bedürfe einer Einzelfallsbetrachtung. Im Fall der Gustavstraße sei der Bebauungsplan, der ausdrücklich einen besonderen Schutz für Anwohner vorsieht, ebenso zu würdigen wie "der Charakter der Gustavstraße als ,Kneipenmeile'". Dass die Stadt bereits plant, den Bebauungsplan zu ändern, konnten die Richter nicht berücksichtigen: Sie seien gefordert, ein Urteil "fürs Hier und Jetzt", also für die derzeit gültigen Rahmenbedingungen zu fällen, sagten sie in der Verhandlung. Dies müsse aber nicht in alle Ewigkeit Bestand haben.
Ausreichend Nachtruhe
Anders als die Kollegen des Ansbacher Verwaltungsgerichts pochen die Münchner Richter nicht generell auf ein Außenbewirtungsende um 22 Uhr. Sie betonen allerdings: Eine achtstündige Nachtruhe müsse gewährleistet bleiben. In der TA Lärm ist die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr vorgesehen.
Die Konsequenz: Beginnt die Nachtruhe für die Anwohner erst um 23 Uhr, müsse sie morgens länger anhalten - für die Richter ist das nur an Wochenenden (Freitag und Samstag) und vor Feiertagen vorstellbar, wenn die meisten Menschen nicht zur Arbeit müssen und länger ausschlafen können. Im Umkehrschluss bedeutet das: An Wochentagen soll nach Vorstellung der Münchner Richter um 22 Uhr Ruhe auf den Freischankflächen einkehren.
"Lärmmindernd" auf Raucher einwirken
Zudem müsse sichergestellt sein, dass an den Tagen mit 23-Uhr-Regelung diese Sperrzeit auch tatsächlich eingehalten werde. Für das Hinausschieben der Nachtruhe von 22 Uhr auf 23 Uhr bedürfe es außerdem einen Beschluss des Stadtrats, der bisher nicht vorliege, heißt es weiter.
Die Richter erwarten von der Stadt darüber hinaus, dass sie die Wirte verpflichtet, auf Raucher, die vor den Türen stehen, "lärmmindernd" einzuwirken - "selbst oder durch Beauftragte". Sie stellen klar: "Das Anbringen von Hinweisschildern genügt insoweit nicht."
Der VGH hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt werden.
Oberbürgermeister Thomas Jung hat nach eigenen Angaben den städtischen Rechtsreferenten Christoph Maier damit beauftragt, das 41-seitige VGH-Urteil auszuwerten und die weiteren Konsequenzen und Beschlussvorlagen für die kommenden Stadtratssitzungen vorzubereiten.
Der OB hat das Urteil "mit gemischten Gefühlen" aufgenommen, wie er auf Nachfrage sagt. Positiv sei, dass "die rigorose Ansbacher Entscheidung" (22 Uhr an allen Tagen) korrigiert wurde und dass das Gericht anerkannt habe, dass die Gustavstraße eine Kneipenstraße sei. "Enttäuschend" sei, so Jung, "dass wir jetzt unter der Woche doch 22 Uhr halten müssen". Die neue Regelung wird ihm zufolge schon ab dieser Sommersaison gelten. In eine Änderung des Bebauungsplans - ohnehin ein langwieriges Verfahren - will er nicht zu große Hoffnungen setzen: "So einfach ist es nicht."
Der Artikel wurde um 16.55 Uhr aktualisiert und ergänzt.
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