USA unter Trump: Gespalten wie noch nie
8.11.2018, 11:35 UhrDer Tag begann gut für John Davis. Als er um 6.30 Uhr den Fernseher einschaltete, erfuhr er von einem Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus. "Jetzt kann Trump nicht mehr alles machen, was er will. Das ist ein super Tag", sagt der in Fürth lebende schwarze Sänger, der sich auch um das Ansehen der USA sorgt. "Ich hoffe, die Welt sieht jetzt, dass es nicht die Amerikaner gibt, dass nicht so viele Amerikaner die Meinung Trumps teilen."
Wermutstropfen aus seiner Sicht sind die Niederlagen der demokratischen Kandidaten bei den Gouverneurswahlen in Florida und besonders in Georgia, wo es Stacey Abrams knapp verpasst hat, die erste schwarze Gouverneurin in der Geschichte der USA zu werden. Dafür macht ihn etwas anderes glücklich: Noch nie gewannen so viele Kandidatinnen wie bei dieser Wahl. Eine Rekordzahl von 99 weiblichen Abgeordneten wird das Land ab Januar im Repräsentantenhaus vertreten. "So viele Frauen", sagt Davis, "das ist eine super Sache!"
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge hat Daniela Eisenstein, die aus Buffalo im Bundesstaat New York stammende Leiterin des Jüdischen Museums Franken, das Wahlergebnis aufgenommen. "Alle haben im Vorfeld von einer blauen Welle gesprochen", sagt sie über die Prognosen für die Demokraten, deren Farbe blau ist, fügt aber hinzu: "Ich hätte mir diese Welle noch stärker gewünscht."
Ein besseres Ergebnis hätten wohl auch die "unsäglichen" und Eisenstein zufolge "hochgradig rassistischen" Wahlvideos verhindert, mit denen Donald Trump in den Wochen vor den Midterms Angst vor Migranten geschürt habe. "Und während sich alle vor den Fremden fürchten, merken sie gar nicht, wie ihnen die Gesundheitsfürsorge entzogen wird", sagt Eisenstein bekümmert.
Trotzdem: Dass das Repräsentantenhaus wieder in den Händen der Demokraten ist, nennt sie einen großen Erfolg, der auch die Unzufriedenheit vieler Amerikaner mit der Regierung widerspiegle. Besonders freut sich die 49-Jährige darüber, dass viele junge Politiker in den Kongress einziehen. "Ich hoffe auf einen neuen Geist", sagt Eisenstein. "Amerika ist so gespalten, dass kaum mehr eine Kommunikation möglich ist. Ich denke, es braucht junge Kräfte, um einen anderen Weg einzuschlagen."
Chuck Wallis (73) ist ein überzeugter Republikaner. Vor zwei Jahren hat er Trump gewählt, auch jetzt gehörte sein Votum der Partei des Präsidenten. Denn: Viel falsch gemacht habe dieser nicht. Wallis, ein in Fürth lebender ehemaliger Soldat und späterer Zivilangestellter der US-Armee, hebt besonders Trumps Gespräche mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un hervor. Um seine Stimme abzugeben, fuhr Wallis extra ins US-Konsulat nach München. "Ich wollte sichergehen, dass sie ankommt", sagt er. Den Präsidenten sieht er durch das Wahlergebnis nicht beschädigt. Der Senat sei schließlich weiter republikanisch. "Ich glaube", sagt Wallis, "in den nächsten beiden Jahren wird sich politisch in den USA nicht viel verändern."
Seine Meinung über Donald Trump packt Darrell Merrick in diesen einen Satz: "Der Typ geht gar nicht." Trump regiere nicht wie ein Präsident, sondern wie der Geschäftsführer einer Firma. "Ich liebe meine Heimat", sagt der seit Jahrzehnten in Fürth lebende Merrick, der ebenfalls einst mit der US-Army hierher kam – aber der politische Zustand gefalle ihm keinesfalls; das Land sei tief gespalten, Rassismus wieder auf dem Vormarsch. Dass die Republikaner das Repräsentantenhaus verloren haben, sei ein gutes Signal. Ab Januar werde es dort rundgehen, glaubt der 51-Jährige. Die Demokraten werden Trump richtig angreifen, gerade was dessen dubiose Beziehungen zu Russland angeht. "Dann muss Trump Antworten haben", sagt Merrick und fügt hinzu: "Ich freu mich drauf."
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