Wenn Omas Zahngold auf die Waage kommt

11.11.2008, 00:00 Uhr
Wenn Omas Zahngold auf die Waage kommt

© Thomas Scherer

Eheringe, Armbänder, Taschenuhren. Es gibt nichts, was Helger Gölitz nicht in Zahlung nimmt - wenn es nur aus Gold ist. Der Chef der Firma Edelmetallhandel aus Nürnberg betreibt seit Jahren eine Filiale in Fürth, die derzeit in einem kleinen Laden in der Alexanderstraße sitzt. Gölitz kann nicht klagen. Wegen des hohen Goldpreises haben die Menschen ihm zufolge großes Interesse, ihre «Restbestände» aus den Schubladen zu holen und gegen Bares zu verhökern. Zwar gab der Goldpreis im Oktober stark nach, aber laut Gölitz bekommt man immer noch doppelt so viel fürs Altgold wie vor fünf Jahren.

In der Regel liefern die Menschen «alte, unmoderne oder kaputte Schmuckstücke» ab. «Dinge, die man sonst niemanden mehr anbieten kann», sagt Gölitz. Und was passiert mit dem Plunder? «Er wird eingeschmolzen.»

Die Konkurrenz schläft nicht. Die Goldverwertungsgesellschaft (GVG) hat bundesweit über 700 Filialen und warb im Sommer sogar im Fernsehen für den Gold-Ankauf. Auch in Fürth ist die GVG vertreten - in einem Blumenladen. Tatjana Katkov, Inhaberin von «Blumen Lotos» in der Königstraße, verkauft seit einem Jahr nicht nur Rosen und Tulpen, sondern nimmt im Auftrag der GVG auch Edelmetall entgegen.

Dazu hat sie eine kleine Digitalwaage und ein Kästchen mit Säurefläschchen, mit deren Hilfe sie bestimmt, wie viel Karat Ring oder Brosche haben. Dann muss sie nur noch in den Preislisten der GVG blättern und zahlt den Kunden aus. Bei jedem Ankauf kassiert sie zehn Prozent, doch das Geschäft läuft ihr zufolge schleppend. Nur ein bis zwei Mal die Woche komme jemand vorbei. Lukrativ werde es alle drei Monate: Dann schickt die GVG einen Mitarbeiter für drei Tage in den Laden und macht im Vorfeld mit dem Slogan «Der Goldschmied kommt» reichlich Reklame in der Nachbarschaft.

Wenn Rainer Sachrau diese Werbung liest, muss er schmunzeln. Sachrau nennt sich selbst Goldschmied und das mit Recht, wie er findet - schließlich stellt er in seiner Werkstatt in der Gustavstraße tatsächlich Schmuck aus Gold her. Im Gegensatz zu den Händlern, die die Bezeichnung nur «werbewirksam» verwenden.

Dennoch hat Sachrau mit ihnen etwas gemeinsam, denn auch er kauft Gold an. Der Grund: In seiner Werkstatt fällt das Edelmetall gewissermaßen als Abfallprodukt an. Diese Reste lässt er einschmelzen und reinigen. Doch das sei nur bei einer größeren Menge rentabel, die sein Laden nicht abwirft. Daher kauft er von seinen Kunden zu: Rund ein Kilogramm im Monat nimmt er entgegen, aber nicht auf Teufel komm raus. Wenn er ein altes, feingearbeitetes Schmuckstück in den Händen hält, rät er dem Kunden, es aufzuheben («Für die Enkel») und bewahrt es so vor dem Schmelzofen. Und: Wer bei ihm Gold in Zahlung gibt, muss den Personalausweis vorlegen, das Geld gibt es nur per Überweisung. «Somit wird alles dokumentiert», sagt er.

Auch die Banken kaufen und verkaufen Gold. Allerdings nur handelsübliches Edelmetall, sprich Barren und Münzen. Zu Beginn der Finanzkrise stieg die Nachfrage stark an, berichtet Markus Engelmayer, Vorstand der Fürther Raiffeisenbank. Doch Lieferzeiten von bis zu sechs Wochen hätten viele Kunden abgeschreckt. Ohnehin ist es nach seinen Worten sinnvoller, das Geld beispielsweise in Festgeld zu investieren. «Gold verzinst sich nicht», sagt er. Erstaunlich ist nach seinen Worten, dass der Goldpreis von über 900 US-Dollar pro Feinunze (Anfang Oktober) auf nun 750 US-Dollar nachgegeben hat. «Gold», so Engelmayer, «ist eben doch keine Krisenwährung.»