Wenn Wut zu Musik wird
21.9.2014, 12:00 UhrEin Auto, viertausend Kilometer und zwei völlig unterschiedliche Männer. Der eine ist Stein Age, der persönliche Chauffeur von Miles Davis, wenn der in Europa weilt, der andere ein Schrotthändler, der die Reise mitmacht, obwohl er gar keine Ahnung von Jazz hat. Eher, um die Karre auf dem langen Weg von Norwegen zum Jazzfestival in Montreux in Schuss zu halten. Unterwegs erzählt Age dem Beifahrer von seinen Erfahrungen mit dem berühmten Trompeter, der kurz davor steht, sein legendäres „Sketches of Spain“-Programm zu geben.
Der mitreisende Schrotthändler ist eine Erfindung des Autors Henning Mankell – doch den Chauffeur gibt es wirklich, wie überhaupt alles, was das Stück „Miles oder die Pendeluhr aus Montreux“ über Miles Davis erzählt, auf Tatsachen beruht. Auf die Bühne bringt das Ganze nun die freie fränkische Gruppe „Kunst und Drama“, die sich auf Theater über „Besondere Menschen in besonderen Situationen“ spezialisiert hat. Nach Werken über Joseph Beuys und Vaclav Havel — beide waren in der „Koffer“ zu sehen — nun also Miles Davis.
„Wir hatten große Lust auf ein musikalisches Drama – oder ein dramatisches Konzert“, erzählt Regisseurin Friederike Pöhlmann-Grießinger, die lange Jahre Regieassistentin am Stadttheater Fürth war. „Zudem sind wir alle große Miles-Davis-Fans.“ Dabei beeindruckt sie nicht nur der geniale Musiker, sondern auch der Mensch: „Davis hat sich schon früh gegen die Unterdrückung der Schwarzen gewehrt“, meint Pöhlmann-Grießinger. „Er hätte sicher auch politisch aktiv werden können, beschloss aber, seine ganze Wut in die Musik zu legen.“
Bebop im Pärt-Stil
Die Zuschauer erwartet eine emotional aufgeladene Produktion mit Roland Eugen Beiküfner als einzigem Darsteller in der Rolle des Schrotthändlers, der die Geschichte rückblickend erzählt. Und natürlich darf bei Miles die Musik nicht fehlen, sie kommt von den Musikhochschul-Studenten Manolo Oestreicher an Trompete und Didgeridoo sowie Felix Gerhart an Posaune und Klavier: „Wir werden keine Miles-Stücke originalgetreu nachspielen, das geht in der kleinen Besetzung ja gar nicht“, sagt Gerhard. „Stattdessen werden wir viel experimentieren. So wird es etwa klassischen Bebop im Stil von Arvo Pärt geben.“
Das mag Puristen verschrecken, passt aber durchaus ins Programm: „Seine Musik von jungen Leuten gewagt interpretieren zu lassen, wäre sicher ganz im Sinne von Miles Davis, der ja sein Leben lang nach neuen Ausdrucksformen gesucht hat“, so Pöhlmann-Grießinger.
Mit ihrer Produktion sind die „Kunst und Drama“-Leute die ersten, die dieses Stück in Bayern auf die Bühne bringen. Und sogar Hollywood haben sie überholt. Dort wird gerade ein Spielfilm über den Trompeter gedreht mit Ewan McGregor und dem erklärten Davis-Fan Don Cheadle in der Hauptrolle. „Gut, dass wir vorher dran waren“, freut sich Beiküfner. „Aber ich kann mir auch vorstellen, dass wir das Stück nochmal ins Programm nehmen, wenn er in die Kinos kommt.“
In Fürth zu sehen ist Nenning Mankells „Miles oder die Pendeluhr aus Montreux“ genau am 23. Todestag von Miles Davis – am 28. September um 20 Uhr in der Kofferfabrik (Lange Straße 81).
Karten zu 14/10 Euro. 20 Prozent ZAC-Rabatt beim Kartenkauf im FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 77 98 70)
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