Wie Kleeblättler und Teeblättler zusammenkamen

27.10.2015, 11:10 Uhr
Wie Kleeblättler und Teeblättler zusammenkamen

© Kögler

Die Fusion hatte an diesem Abend in der Jahreshauptversammlung der SpVgg eine überwältigende Mehrheit gefunden. Schon einige Wochen zuvor hatten die beiden Präsidenten Edgar Burkart (SpVgg Fürth) und Helmut Hack (TSV Vestenbergsgreuth) die Weichen für das Zusammengehen der klammen Fürther mit dem vom Tee- und Kräuterfabrikanten Martin Bauer gesponserten Steigerwald-Verein gestellt. Und damit allerdings zunächst gemischte Gefühle hervorgerufen.

Die Nürnberger Nachrichten zitierten den Fürther Ex-Nationalspieler Herbert „Ertl“ Erhardt: „Die Fusion schlägt ein wie eine Bombe“. Und weiter war in den NN zu lesen: „Das neue Gebräu aus Teeblatt und Kleeblatt stößt manchem sauer auf.“ Dazu wird der Vestenbergsgreuther Altbürgermeister Georg Gittelbauer zitiert: „Für unser Gebiet ist dieser Entschluss miserabel. Wir hätten bleiben sollen, was wir waren, ein Dorfverein, und nicht nach Höherem streben.“ Nicht für alle also war der Schritt nachvollziehbar, erinnerte sich doch manch einer an „rüpelhaftes Benehmen der Fürther Fans“.

Zudem konnten sich die einheimischen Anhänger nicht unbedingt vorstellen, Spiele in Fürth als Zuschauer zu besuchen. Und auch „Ertl“ Erhardt auf der anderen Seite war nicht davon überzeugt, dass sich die Zuschauerzahlen im Ronhof entscheidend steigern lassen.

Vernunft- statt Liebesehe

Der Zusammenschluss war also keine Liebes- sondern eine Vernunftehe. Den sportlichen und finanziellen Nutzen stellte vor allem Helmut Hack, Spieler und dann Präsident in Vestenbergsgreuth – und heute noch Chef des Fusionsklubs – in den Vordergrund. Die Zahlen, die der Fürther Schatzmeister in der JHV vorlegte, waren da eindeutig: Die beiden letzten Jahre hatten die Ronhöfer mit jeweils mehr als 700 000 Mark Minus abgeschlossen. Schlimmer als die finanziellen Nöte war der sportliche Niedergang des 1903 gegründeten Traditionsklubs.

Der deutsche Meister von 1914, 1926 und 1929 – auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch ein Oberligaverein mit der Süddeutschen Meisterschaft 1950 – war zwischenzeitlich in der Landesliga gelandet. In der Saison 1993/94 spielte man am Fürther Laubenweg in der höchsten Amateurklasse, der damaligen Regionalliga. Und ein Gegner waren da die Vestenbergsgreuther aus dem westlichen Teil des Landkreises Erlangen-Höchstadt.

Der Teeklub des mittelfränkischen Ortes war erst 1974 gegründet worden und hatte einen sagenhaften Durchmarsch in die höchste „Amateur“-Klasse hingelegt – der Amateurstatus ist schon seit Längerem ein relativer Begriff bei höherklassigen Fußballvereinen. Der legendäre Höhepunkt der Vereinsgeschichte war der 1:0-Pokalsieg gegen die Bayern aus München am 14. August 1994 im Frankenstadion.

Die Fusion – einmal schrieben die Fürther Nachrichten auch vom „Beitritt“ der Greuther – sollte also den Verein aus dem Marktort weiter nach oben führen, um den Preis einer Schwerpunktverlagerung, bei der das eigene Gewicht gegen Null zu gehen drohte. Aber Helmut Hack sah und sieht das natürlich anders: In der JHV von 1995 steckte er die Ziele ab: Nur ein Fusions-Verein kann in Nordbayern wieder ein zweiter Profiklub werden und an den 1. FCN herankommen. Und tatsächlich wurde schon in der Saison 97/98 wieder auf hohem Niveau Fußball gespielt.

Der Zweitligist war neben LAC Quelle Fürth erneut das Aushängeschild des Fürther Sportes geworden. Und auch das neue Kleeblatt/Teeblatt versuchte die großen Bayern ein zweites Mal aus dem Pokal zu werfen; aber am 23. September 1998 verloren die damaligen „Möhlmänner“ (Trainer Benno Möhlmann) jedoch im Elfmeterschießen.

Helmut Hack, der sich selbst bei einem Infoabend im Grünen Baum in Fürth einmal scherzhaft als das „Gespenst vom Steigerwald“ bezeichnete, konnte auf sein Werk stolz sein: „In der Geschichte des deutschen Fußballs hat eine Fusion noch niemals so geklappt wie die unsere. Wir haben bewiesen, dass wir so etwas viel besser können als alle, die es bisher versucht haben.“ Der Traum von der ersten Liga erfüllte sich aber erst 2012 und war nach einer Saison auch leider schon wieder ausgeträumt.

Club hat gewonnen

Erste oder Zweite Liga – unter den Zuschauern sind inzwischen auch Dauerkartenbesitzer aus Vestenbergsgreuth, die sich das vor 20 Jahren nicht vorstellen konnten. Auch der „Club“ auf der anderen Seite der Stadtgrenze hat gewonnen: Das „Derby“ steht wieder rot in den Kalendern. Was aber, wenn in Vestenbergsgreuth junge Fußballer nicht gut genug für eine Profikarriere sind, aber auch nicht in einem Nachbardorf spielen wollen? Sie beschließen, wieder eine eigene TSV Vestenbergsgreuth-Fußballmannschaft anzumelden – so geschehen im Dezember 2006. Die Sitzung fand im gleichen Gasthof Fürstenhöfer statt, in dem 1974 Helmut Hack den ersten TSV Vestenbergsgreuth mitgegründet hatte.

Verwandte Themen


2 Kommentare