Wie viel Fürth steckt im neuen MIB-Entwurf?
22.11.2012, 09:00 UhrArchitekten müssen wie Künstler damit leben, dass ihre Werke beurteilt werden. Wenn es sich dabei nicht um ein Fachpublikum handelt, geschieht das oft aus dem Bauch heraus, binnen weniger Augenblicke. Manches im Entwurf bleibt dabei unentdeckt.
Aber auch bei genauem Hinsehen können viele Fürther nicht erkennen, was der nun vorliegende Entwurf des Baukörpers, der das Park-Hotel ersetzen soll, noch gemeinsam hat mit jener Skizze, die MIB-Hausarchitekt James Craven ganz am Anfang vorlegte und die so sehr im Einklang schien mit dem historischen Fürther Stadtbild. Die Gemeinsamkeiten sind da, versichert indes Gunnar Volkmann vom Leipziger Büro Weis & Volkmann.
Auch seinem Team dienten die Häuser der Innenstadt als Ausgangspunkt und Vorlage: „Wenn man sich die Zierden und Details von den alten Häusern wegdenkt und ganz einfache Strichzeichnungen anfertigt“, so stoße man auf Proportionen, die das Stadtbild harmonisch machen, weil sie sich überall wiederfinden. Daran habe man sich bei der Gestaltung der Neubauten für Park-Hotel und Fiedler-Haus orientiert. Ein Beispiel: Form und Reihung der Fenster. Sie sind im Entwurf hoch und rechteckig und recht eng nebeneinander angeordnet. Craven hatte es ähnlich gezeichnet. Vorbild sind die Häuser in der Nachbarschaft.
Die Öffnungen, also Fenster und Türen, und die Abstände dazwischen gliedern ein Gebäude, sagt Volkmann. Diese Gliederung wollte man übernehmen. Nicht zufällig sind die großen Fensterscheiben im ersten Stock des Gebäudes, das das Park-Hotel ersetzen soll, dreigeteilt: Sie führen die Struktur aus den oberen Etagen fort — gleichzeitig bedienen die großen Fensterflächen moderne Bedürfnisse: Filialisten wollen ihre Ware präsentieren, zugleich dringt viel Tageslicht in den Raum; das werde heute als angenehm empfunden.
Manche vermissen das Eckelement, das in Cravens Darstellung an jenes Türmchen erinnerte, das einst zum Hotel gehörte. Das Team um Volkmann hat sich entschieden, nicht am historischen Vorbild festzuhalten; eine Kopie davon würde wie „angeklebt“ wirken, findet er. Stattdessen überlegte sich das Team, wie sich ein Akzent an dieser Stelle in zeitgemäßer Form umsetzen ließe. Das Ergebnis war zunächst die Turm-Variante, die auf viel Empörung stieß, dann das Glasgeschoss. Es soll ein Hingucker sein, der „nicht leugnet, das er in unserer Zeit entstanden ist“, sich aber „respektvoll“ einfügt in die Umgebung. Volkmann stellt es sich schön vor, wenn abends Licht aus dem Geschoss schimmert und auf die Freiheit wirkt.
Das Glasgeschoss, sagt Volkmann, sei auch durch die Aussicht inspiriert worden, die sich von dort oben biete. Mehrmals war er im Park-Hotel, um Fotos von den umliegenden Häusern zu machen. Weitere Anregungen holten sich die Architekten aus einem Buch mit historischen Fotografien der Rudolf-Breitscheid-Straße. Ein Erker, der an der Ecke Hallstraße geplant ist, gehe auf einen Bau zurück, der dort einst stand.
James Cravens Vorgabe, die „Struktur und Sprache“ Fürths aufzugreifen, wird wohl am deutlichsten in der Breitscheid-Straße zu beobachten sein: Ein langes Schrägdach mit Gauben zieht sich laut Entwurf zwischen den Ecken Hallstraße und Friedrichstraße hin, darunter sind Gesimse zu sehen. Die denkmalgeschützten Fassaden auf der gegenüberliegenden Seite, die erhalten bleiben, dienten als Vorbild, sie wollte man gewissermaßen „spiegeln“, erklärt Volkmann. Elemente, die die Gebäude prägen, wurden übernommen, dabei aber zeitgenössisch „interpretiert“. Eine reine Kopie der historischen Bauten wollten die Architekten nicht.
Weil sich in der Fürther Innenstadt Haus an Haus reiht und somit Fugen, die zwischen den Häusern entstehen, das Stadtbild prägen, hat das Architektenteam auch den Neubau in der Breitscheidstraße nicht als ein langgezogenes Gebäude gestaltet, sondern sich dazu entschlossen, die Fassade durch tiefe Fugen zu unterbrechen: So entstehe der Eindruck, dass es sich um mehrere einzelne Häuser handle.
Balkone sind am Neubau fürs Park-Hotel geplant, an ähnlicher Stelle wie heute. Volkmann spricht davon, dass sein Team Vergangenes nacherzählen wolle — allerdings in der heute gebräuchlichen Sprache.
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