Wo blieb das kleine Augenzwinkern?

05.01.2010, 00:00 Uhr
Wo blieb das kleine Augenzwinkern?

© Hans-Joachim Winckler

Was es zu einem durch und durch gelungenen Konzert braucht, war am Sonntag im Stadttheater eigentlich reichlich vorhanden: Mit den Stuttgarter Philharmonikern unter Leitung von Matthias Foremny war ein professionell und engagiert agierendes Orchester am Werk, das die Solisten Aureli Blaszczok (Violine) und Marta Klimasara (Marimbafon) ergänzten. Dazu kam ein für den Rahmen eines Neujahrskonzerts ansprechendes Programm unter dem Motto «Eine Reise um die Welt« mit Musik des 19. und 20. Jahrhunderts aus dem alten Europa, der Neuen Welt, Lateinamerika und dem Kaukasus.

Ob es an einer Restlethargie nach zu vielen Feiertagen lag, dass trotz bester Voraussetzungen der zündende Funke fehlte? Oder war es eher die gepflegte, klangsichere, dynamisch abwechslungsreiche, aber insgesamt doch zu uninspirierte Art und Weise, in der die Stuttgarter spielten? Dass ein Neujahrskonzert für sein Programm tendenziell Musik mit Wohlfühlfaktor bevorzugt, versteht sich. Aber warum ein Stück wie Edward Elgars «Pomp and Circumstance« sich im 21. Jahrhundert selbst so ernst nehmen muss wie die Filmmusik zu nur irgendeinem pompösen Hollywoodschinken, leuchtet nicht ein. Ein kleines Augenzwinkern hätte diesem Werk gut getan.

Schuhplattler-Gag

So aber muss Foremny in Johann Strauß’ «Erinnerungen an Ernst«, in denen die phantastischen Variationen der Melodie von «Mein Hut, der hat drei Ecken« vorkommen, zu etwas kruderen Mitteln greifen, um ein allzu höfliches Publikum endlich aus der Reserve zu locken. «Die Bratschen spielen die ganze Zeit den selben Ton«, verkündet er vom Dirigentenpult weg, während die Musiker im Hintergrund einen Schuhplattler imitieren und er selbst den Tönen einer irrlichternden Flöte nachblickt.

Das löst dann natürlich Heiterkeit aus, aber man fragt sich, warum die nicht schon viel früher auf musikalischem Weg vermittelt wurde. Leonard Bernsteins «Divertimento für Orchester« etwa ist ein einziger Scherz, in dem aufschreiende, bluesige Töne zarten Violinphrasen plärrend Antwort geben, in dem Kuhglocken und Hufschläge sich aus der Musik schälen. Warum von dieser Komik dann nichts beim brav zuhörenden und applaudierenden, offensichtlich aber nicht begeisterten Publikum ankam?

So waren es denn die erstklassige Fantasie über Gounods «Faust« mit dem vor allem in den lyrischen Passagen bewegenden Violinsolisten Aureli Blaszczok und der Radetzkymarsch am Schluss, die einzig wirklich fesselten. SIGRUN ARENZ

Silvester- und Neujahrskonzerte werden gemeinhin mit Walzern, Polkas und Märschen identifiziert, garniert mit einigen musikalischen Gags. Ganz anders das Neujahrskonzert des Kammerorchesters Klanglust der Jungen Fürther Streichhölzer in Langenzenns Stadtkirche; es fand nun schon zum 13. Mal statt. Wieder war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Auf dem Programm standen ein bekanntes Werk von Johann Sebastian Bach und drei des frühen 20. Jahrhunderts, eher Raritäten im Repertoire eines Kammerorchesters.

Voller Streicherklang im Orchester und drei hervorragende Solisten prägten Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 5. Dirigent Michael Bochmann spielte den Violinpart mit wunderschöner Tongebung, Querflötistin Mirjam Schier war eine adäquate Partnerin. Markus Simon am Cembalo war nicht nur ein zuverlässiger Begleiter der Streicher, sondern erwies sich in der breit angelegten Solokadenz im ersten Satz auch als sattelfester Virtuose.

Einen Gegensatz dazu bildete die Suite Nr. 3 «Antiche danze e arie« von Ottorino Respighi. Satter Streicherglanz auch hier; die Verschiedenheit der vier Sätze gab dem Orchester reichlich Gelegenheit zu variablem Spiel: exakte Pizzicati von Bratsche und Cello in der Italiana, homogene Tempowechsel in der nachfolgenden Arie di corte, Ausdruckstiefe und dynamische Gestaltung in der vom Mollcharakter geprägten Siciliana und schwungvolles Musizieren in der abschließenden Passacaglia.

Dem barocken Concerto grosso nachempfunden - nämlich mit Concertinogruppe und Tuttiorchester - sind Introduction and Allegro für Streichquartett und Streichorchester aus der Feder von Edward Elgar. Bernd Müller und Valentina Pilny (Violinen), Birgit Werner (Viola) und Cellist Benjamin Kolb bildeten das Quartett, überzeugten aber auch solistisch in diesem anspruchsvollen Werk, das mit gewaltigen Klangsteigerungen aufwartet, mit fugenähnlichen Passagen und einem furiosen Schlussteil. Zum Abschluss Béla Bartóks Rumänische Volkstänze, in denen das Kammerorchester noch einmal richtig loslegte.

Mit der Zugabe wurde dann doch noch der Bogen zur ausklingenden Weihnachtszeit gespannt. Markus Simon sang mit samtweicher Baritonstimme das Lied «Die heiligen drei Könige« von Peter Cornelius, vom Orchester mit dem Choral «Wie schön leuchtet der Morgenstern« einfühlsam begleitet.GÜNTER GREB