Wo die Schöne auf dem Nachttisch leuchtet
16.10.2017, 20:39 UhrLasziv windet sich eine spärlich verhüllte Schöne um eine große Schlingpflanze. Das Gewächs ist aus Metall. Bronze vielleicht? Aus seinen Blüten lugen Glühbirnen hervor: "Die Lampe stand auf dem Nachttisch meines Großvaters", erinnert sich Werner Schuh (79). "Trotz der Proteste meiner Großmutter."
Solche Schätze gehören zum besonderen Charme von "Museumsreif". Der Raritäten-Tag, organisiert vom Förderverein des Stadtmuseums in Kooperation mit den FN, zog auch bei der zweiten Auflage viele Besucher an, die Erbstücke und Preziosen von den Expertinnen prüfen ließen.
Die verwegene Lampe gibt Kathrin und Kerstin Weidler keine Rätsel auf. "Sie wurde um 1900 gefertigt und nachträglich elektrifiziert." Das Jugendstilobjekt leuchtet seither in Fürth. Sein Wert? "Zwischen 500 und 3000 Euro, so etwas suchen Kunden, die schöne Dinge mögen." Werner Schuh und Tochter Christiane packen das gut einen Meter hohe Stück wieder sorgfältig ein. Die Schöne darf weiter im Kreis der Familie leuchten.
"Die habe ich von meinem Vater geerbt." Mit wenigen Griffen befreit Helmut Greger (72) zwei Ölbilder aus ihrer Bläschenfolien-Umhüllung. Waldszenen tauchen auf. Eine junge Frau ist zu erkennen, ohne erkennbare Hast verschwindet sie im Dickicht. Auf dem zweiten Gemälde kommt sie glücklicherweise wieder daraus hervor. "Wahrscheinlich stammen die beiden Arbeiten aus Dresden, aber ich habe trotz Suche nie eine Signatur des Künstlers finden können", berichtet Greger.
Kathrin Weidler greift zur UV-Lampe. Das erste Bild wird in bläuliches Licht getaucht: "Hier ist ein Monogramm, ein ,W‘." Der Test mit der Speziallampe offenbart unter anderem nachträgliche Veränderungen an einem Kunstwerk, erklärt Kerstin Weidler, die wie ihre Schwester öffentlich bestellte und vereidigte Auktionatorin ist. Die Vergangenheit der beiden Bilder enthüllt sich vor ihren Augen wie von selbst: "Der Malkarton ist leicht wellig, wahrscheinlich war da mal Feuchtigkeit im Spiel. Außerdem wurden die beiden Arbeiten beschnitten, möglicherweise fehlen deshalb weitere Bestandteile der Signatur."
"Unter 1000 Euro"
Auf einer Auktion würden beide Werke, die in ihren Originalrahmen stecken, mit "unter 1000 Euro" angesetzt. Der Rat der Expertinnen an Besitzer: "Am besten beide Stücke genauso lassen, wie sie sind. Eine ,Überrestaurierung‘ wäre fatal und würde den Wert stark schmälern."
Der versierte Blick auf Antiquitäten aus heimischem Fundus schafft nicht nur Klarheit für deren Besitzer. Für Maria Ludwig, Vorsitzende des Fördervereins, geht es auch darum, das Stadtmuseum bekannter zu machen. Der Erlös der Aktion fließt ohne Abzüge in die Museumspädagogik. Auch Martin Schramm, Chef der städtischen Museen, ist mehr als ein interessierter Beobachter. Sein Augenmerk gilt der Stadthistorie, deshalb beschäftigt ihn, ob eines der Stücke einen Fürth-Bezug hat.
In diesem einen Punkt wird Schramm diesmal enttäuscht. Nicht, dass es nicht viele spannende Geschichten gibt. Etwa die von der Stehlampe, die Cosima Wagner einer jungen Verwandten des Festspiel-Förderers Friedrich Feustel zur Hochzeit schenkte. Kerstin und Kathrin Weidler bekennen aber unumwunden: "Leider hat dieses Stück keinen großen Wert. Am besten erfreut man sich an seiner besonderen Herkunft."
Ein guter Rat, den zum Beispiel auch Friedrich Schrenk aus Burgfarrnbach mit nach Hause nimmt. Seine Geige von 1909 gab nie vor, eine Stradivari zu sein. Wahrscheinlich wird von ihr auch kein Ton mehr erklingen. Aber ein geschätztes Erinnerungsstück ist sie zweifellos. Und das ist auch ein besonderer Wert.
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