Wo einst Fürths wilde Brünnlein plätscherten

10.5.2015, 16:00 Uhr
Wo einst Fürths wilde Brünnlein plätscherten

Die Fürther suchten Rohstoffe, bohrten nach Braun- und Steinkohle. Und was fanden sie? Wasser. Was da 1901 aus dem Bohrloch quoll, schmeckte nicht besonders, war aber derart mit Mineralien angereichert, dass es glatt als Heilwasser durchging. Schon bald scharten sich die Leute um die Ludwigsquelle (benannt nach Kronprinz Ludwig III.) und füllten ihre Flaschen ab.

Pavillons und Flanierwege kamen dazu, nur an Toiletten fehlte es, weshalb so manch wildes Brünnlein hinterm Busch sprudelte, wie Könnicke zu erzählen weiß. Darum zog ein privates Konsortium 1913/14 ein Gebäude mit modernster Ausstattung hoch: Wannenbäder, Brausen, Inhalationen. Im selben Jahr kamen drei weitere Quellen hinzu: die Bavaria-, die Ludwig-II.-, und die Dosanaquelle. Letztere verdankt ihren Namen einem Wortspiel. „Sanare“ (lateinisch) bedeutet „heilen“, und der Stadtteil Doos liegt gleich ums Eck. Doch der Erste Weltkrieg setzte der Kurherrlichkeit ein Ende. 1921 richtete sich die Spiegelfirma Offenbach auf dem Gelände ein.

Max Grundig, Jahrgang 1908, musste nach des Vaters frühem Tod zum Unterhalt der Familie beitragen. Mit 14 Jahren begann er eine Lehre bei einem Elektroinstallateur und stellte sich dabei so geschickt an, dass er bereits mit 20 als Filialleiter in Fürth fungierte. Schon früh am Rundfunk und seinem Zubehör interessiert, machte sich der leidenschaftliche Tüftler selbstständig und eröffnete am 14. November 1930 sein erstes Radiogeschäft in der Sternstraße 4 hinterm Rathaus – in den 1980er Jahren abgerissen, lediglich die Eingangstür hat überdauert und steht nun im Museum. Die Tür ziert ein anderer Name, nämlich der des Vorgängers. Mit Radios und Ersatzteilen machte Max Grundig sein Geschäft, im Krieg stellte er vor allem Transformatoren für die Wehrmacht her. Seine ukrainischen Zwangsarbeiterinnen soll der Chef so menschlich behandelt haben, dass ihm nach dem Krieg niemand Böses nachsagen wollte.

Genüsslich breitet Danny Könnicke die Legenden um Max Grundig aus: etwa den Geistesblitz, der den Tüftler im Dezember 1945 traf. Die Idee, ein einfaches Radio zusammenzubauen, wieder zu zerlegen und die Bauanleitung so narrensicher zu formulieren, dass ein halbwegs geschickter Bastler einen „Heinzelmann“ auf dem Tisch stehen hatte, legte den Grundstein zu Grundigs Reichtum und Mythos. Denn mit der Deklaration als „Spielzeug“ umging der Geschäftsmann das Reglement der US-Besatzer, Radios nur per Bezugsschein zu verkaufen. Für Leute mit zwei linken Händen soll Grundig den Heinzelmann auch im Geschäft zusammengebaut haben.

Aufstieg und Verfall

Könnicke kennt weitere Legenden: Wie Grundig nach dem Krieg für die Franzosen 3000 Radios lieferte und sich mit 30 Millionen Zigaretten bezahlen ließ, diese gegen 30 Waggons mit Kohle tauschte und diese wiederum gegen zehn Waggons Zement, mit denen er ab 1947 seine Produktion auf dem ehemaligen Kurgelände hochzog.

Unaufhaltsam schien der Aufstieg, in den 1950er und -60er Jahren eröffnete praktisch jedes Jahr ein neues Werk. Grundig stellte Radios, Fernseher und Diktiergeräte her, verkaufte aber auch Schreibmaschinen wie Triumph und Adler sowie Motorroller. In den 1970ern begann der Zerfall. Grundig ignorierte die Konkurrenz aus Fernost. 1979 begann die fatale Partnerschaft mit Philips, fünf Jahre später verkaufte Max Grundig seine Anteile und begann eine späte Laufbahn als Luxushotelier. Am 8. Dezember starb der Herrscher über Radios und Fernseher in Baden-Baden. Sein Imperium sollte ihm bald nachfolgen.

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