Wo ist Björns genetischer Zwilling?
3.9.2018, 12:30 UhrWie man Leben rettet, wissen Michael Henke und Jens Engelhardt als Feuerwehrleute ganz genau. An diesem Samstagnachmittag zeigen sie den Besuchern in der Sporthalle Puschendorf, wie man ihnen das nachmachen kann. Nicht mit Blaulicht und in Uniform, sondern einfach mit drei Wattestäbchen.
Henke reicht das erste Stäbchen über den Tisch. "Bitte an der linken Innenseite der Wange reiben, für eine Minute", sagt er. Dann ist die rechte Seite dran und schließlich, mit dem dritten Stäbchen, soll man durch den gesamten Mundraum fahren. Engelhardt stoppt die Zeit jedes Mal mit einer Sanduhr. Typisierung nennt man diesen Vorgang, der – inklusive Erfassung des Names und der Anschrift – für die Besucher nach weniger als zehn Minuten vorbei ist. Ein Labor bestimmt später aus der Speichelprobe den Gencode.
Stäbchen rein, Spender sein: Diesen Werbespruch der DKMS (die bis 2016 als "Deutsche Knochenmarkspenderdatei" firmierte) haben viele Menschen schon einmal gehört. Dass man nach einer Typisierung zum Knochenmark- und Stammzellspender für Leukämiepatienten werden kann, wissen die meisten ebenfalls. "Damit die Leute sich jedoch tatsächlich typisieren lassen, muss schon ein Anlass her", weiß Puschendorfs Bürgermeister Wolfgang Kistner.
In diesem Fall heißt der Anlass Björn. Der 36-Jährige ist beim Puschendorfer Bauhof angestellt und an Leukämie erkrankt. Die Spende eines genetischen Zwillings könnte sein Leben retten. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sein Lebensretter einer der Menschen wird, die sich an diesem Tag in Puschendorf typisieren lassen.
"Nur einer von 100 Typisierten wird tatsächlich zum Spender", erklärt DKMS-Mitarbeiter Andreas Bausch den Umstand, dass genetische Zwillinge extrem schwer zu finden sind. Wichtig sei es daher, dass sich möglichst viele Menschen typisieren und mit ihrem Gencode in die weltweite Datenbank eintragen lassen. Mit jeder Typisierung steige die Wahrscheinlichkeit auf einen Treffer.
„Man muss sich nicht fürchten“
Viele Menschen scheuen eine solche Aktion jedoch, weiß Henke – aus Angst vor gesundheitlichen Gefahren durch eine Spende. "Man muss sich davor nicht fürchten", weiß er von einem Bekannten, dem tatsächlich einmal Knochenmark entnommen wurde, und zwar während der Prüfungen fürs Abitur. "Das Abi hat er dennoch bestanden."
Keine Bedenken hat auch die 18-jährige Leoni Heckel aus Puschendorf, als sie Henke und Engelhardt gegenüber sitzt. "Ich finde es wichtig, sich mit diesem Thema zu beschäftigen", sagt sie. "Wenn ich helfen kann, werde ich gerne spenden."
Mehr als 50 Freiwillige von Feuerwehr, Sportverein und Gemeinde beteiligen sich an diesem Tag an der Organisation, reichen den Besuchern etwa Wattestäbchen oder verteilen Kaffee, Kuchen und Wienerle. Insgesamt lassen sich 121 Menschen typisieren und spenden knapp 800 Euro.
Als Stammzellenspender für Leukämiepatienten in Frage kommen gesunde Personen zwischen 17 und 55 Jahren. Einmal registriert, bleibt man bis zu seinem 61. Geburtstag als potentieller Spender in der weltweiten Datenbank – dort wird der genetische Code anonymisiert gespeichert. Die Typisierung ist auch von zu Hause aus möglich, hierzu kann man sich von der DKMS ein Briefspenderset zuschicken lassen. Weitere Informationen hierzu gibt es unter www.dkms.de
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