Zwischen Kiebitzen und Gustavstraße

2.10.2014, 06:00 Uhr
Zwischen Kiebitzen und Gustavstraße

© Foto: Hans Winckler

Wie konfliktträchtig dieser Job sein kann, hat Christoph Maier schnell gelernt.

Kurz nachdem er Mitte der 90er das Amt des Rechts- und Ordnungsreferenten übernommen hatte, brodelte es in der Otto-Seeling-Promenade. Weil von den Siebdruck- und Lackieranlagen der Firma DekoMeier Dämpfe wehten, gingen besorgte Eltern sowie die Leitung der nahen Schule auf die Barrikaden. Es gab Protestaktionen, Schadstoff-Messungen und Podiumsdiskussionen. Das Privatfernsehen stürzte sich auf den Fall. Und mittendrin der Rechtsreferent. „Mir wurde schnell klar“, sagt er heute, „dass man auf diesem Posten in der Lage sein muss, persönliche Angriffe hinzunehmen.“

Maier selbst war jedoch auch kein Kind von Traurigkeit. Als CSUStadtrat machte er sich ab 1978 mit scharfen Attacken auf den politischen Gegner einen Namen. „Man hat mir eine gewisse Giftigkeit attestiert“, räumt er schmunzelnd ein. 1994 wählte ihn der Stadtrat unter OB Uwe Lichtenberg (SPD) zum Rechtsreferenten. Als Jurist und Anwalt für Verwaltungsrecht schien er prädestiniert für diesen Job.

Sein vorrangiges Ziel beschrieb Maier damals so: Er wolle den Standard an Sicherheit und Ordnung in der Stadt aufrechterhalten – trotz der geschrumpften Haushaltsmittel.

Fürth gilt seit Jahren als sicherste Großstadt Bayerns. Hat Christoph Maier sein Ziel also erreicht? „Ja“, sagt Christoph Maier ohne zu zögern, schiebt aber hinterher: „Das ist nicht allein mein Verdienst.“ Entscheidend sei das Zusammenspiel von Polizei und Rathaus.

Maier erinnert an wichtige Entscheidungen wie die Gründung eines städtischen Vollzugsdiensts sowie des Sicherheitsbeirats, aber auch an die Anti-Graffiti-Einsätze der 90er Jahre. Manchmal setzten Unglücksfälle in anderen Orten die Stadt unter Zugzwang: Nachdem ein Kampfhund in Norddeutschland ein Kind tot gebissen hatte, überprüfte das Ordnungsamt auch in Fürth sämtliche Halter – manch einer musste sein Tier abgeben. Nach dem Amoklauf in Winnenden kontrollierte das Ordnungsamt vermehrt Waffenbesitzer und sammelte über 500 Schusswaffen ein. „Wir hatten die höchste Kontrolldichte in ganz Bayern“, freut sich Maier immer noch.

Täter blieben unerkannt

Doch nicht alles lief nach Plan: 2012 verhängte die Stadt unter seiner Verantwortung vor dem Derby ein Verbot für Clubfans, die Innenstadt zu betreten. Das Verwaltungsgericht Ansbach nannte das einen „sicherheitsrechtlichen Rundumschlag“ – und kippte die Verordnung. Ebenfalls bitter: Als 2010 im Park-Hotel der Stuck von den Wänden des denkmalgeschützten Festsaals geschlagen wurde, konnte – trotz naheliegenden Verdachts – kein Verantwortlicher überführt werden. „Wenn die Staatsanwaltschaft nach langen Ermittlungen sagt, wir finden keinen Täter, dann müssen wir das akzeptieren“, sagt Maier. Der Ärger halte in solchen Fällen aber nicht lange an. „Als Jurist weiß ich, wie so was läuft.“

Die Themen, die Maier beschäftigen, haben sich gewandelt: Zu Beginn des Jahrtausends waren es beispielsweise Scientology, der Streit um das Aufstellen von Mobilfunkmasten oder das vergebliche Bemühen, NPD-Demonstrationen zu verbieten; später dann vor allem die Gustavstraße – und der Kiebitz.

Dass ein kleiner Vogel ein Projekt wie das 2012 noch geplante SpVggStadion im Süden Fürths behindern konnte, wollte auch im Rathaus nicht gleich jedem einleuchten. „Das war für alle ein Lernprozess“, sagt Maier, der als Umweltreferent – diesen Posten hat er im Jahr 1996 zusätzlich übernommen – gegen Widerstände dafür kämpfen musste, dass geltendes EU-Recht eingehalten und der geschützte Kiebitz nicht von Baggern überrollt wurde.

Und was sagt Maier, der es bestens versteht, Stadtratssitzungen mit launigen Bemerkungen aufzulockern, zum Dauerkonflikt Gustavstraße? „Jammerschade“ sei die „verfahrene Situation“, meint er – und übt Selbstkritik. „Natürlich frage ich mich, ob es so weit hat kommen müssen.“ Maier erinnert zwar an die Runden Tische zu Beginn, „aber vielleicht hätte eine Mediation mit einem externen Vermittler vor drei, vier Jahren Schlimmeres verhindern können“. Vor einiger Zeit hatte er den FN gesagt, dass er den Streit zwischen Stadt, Wirten und Anwohnern vor seiner Pensionierung gerne noch „befrieden“ würde, doch die Hoffnung auf eine gütliche Einigung schwindet.

Seinen Job mache er – trotz zahlreicher Streitthemen – gerne. Anders als zu seiner Zeit als Rechtsanwalt konnte er als Referent erfahren, wie schön Teamarbeit sei. Seinen Ruhestand in zwei Jahren sehne er nicht herbei. „Aber wenn er kommt, wird er auch umgesetzt“, sagt Maier in schönstem Juristendeutsch und fügt locker hinzu: „Ich halte mich nicht für unentbehrlich.“

 

Keine Kommentare