Geheimsache Abitur: Wie Lehrer die Aufgaben hüten
03.05.2017, 05:42 Uhr
Wer hat sich die Aufgaben ausgedacht? Wie sind die Prüfungsbögen in die Schule gekommen? Das bayerische Kultusministerium reagiert auf solche Fragen ziemlich schmallippig. Sicherheit geht vor. Eineinhalb Jahre vor dem Prüfungstermin beginnt bereits die Arbeit an den Prüfungsaufgaben. Das Kultusministerium fordert dafür an bestimmten bayerischen Gymnasien Vorschläge an. "Die angefragten Schulen werden von Jahr zu Jahr gewechselt, um die Belastung gleichmäßig auf die Schulen zu verteilen", erklärt Elena Schedlbauer, Sprecherin des Kultusministeriums.
Von jeder Schule wird immer nur eine konkrete Teilaufgabe gefordert. Ein halbes Jahr lang haben die beteiligten Lehrer dafür Zeit. Für sie ist es einerseits eine Ehre, andererseits auch viel Arbeit. Die Anforderungen sind hoch. Die Aufgabe darf zum Beispiel nicht in einem früheren Abiturjahrgang in ähnlicher oder gleicher Weise gestellt worden sein.
Die Aufgaben sollten auch nicht auf Texten basieren, die in "häufig verwendeten Lehrbüchern oder Aufgabensammlungen" vorkommen. Die beteiligten Lehrer müssen in der Erklärung zur Geheimhaltung außerdem unterzeichnen, dass sie nicht mit einem Prüfling verwandt sind. Der Schulleiter ist für die Wahrung des Prüfungsgeheimnisses verantwortlich.
Alle Kopien vernichten
Die Lehrer dürfen Aufgaben, einzelne Aufgabenteile oder Entwürfe nicht mehr anderweitig verwenden. Ist der Aufgabenvorschlag abgegeben, müssen sie deshalb alle Kopien vernichten. Bis am Tag des Abiturs die Prüfungsbögen geöffnet werden, erfahren sie selbst nicht, ob ihre Aufgabe ausgewählt wurde. Das Sichten der eingereichten Vorschläge übernimmt eine Kommission, die aus Lehrern besteht. Spätestens kurz vor Weihnachten beschließen die Fachreferenten die Prüfungsaufgaben.
Die Schulleiter holen die Prüfungsaufgaben bei den Ministerialbeauftragten ab und verwahren sie. Die Aufgaben befinden sich in versiegelten Umschlägen. Sie sind mit einem speziellen Tesafilm verschlossen, auf dem sich ein Siegel befindet.
Siegel unter Zeugen brechen
Der Tag der Abiturprüfung beginnt für die Lehrer sehr früh. Erst am Morgen des Prüfungstags dürfen die Schulleiter das Siegel im Beisein von mehreren Zeugen brechen. Die Fachschaftslehrer müssen die Aufgaben dann durchgehen und prüfen, dass sich keine Fehler eingeschlichen haben - bevor sie die Aufgaben später den Prüflingen vorlegen.
Nach den Prüfungen sind in der Regel zwei Lehrkräfte für die Korrektur zuständig: der Kursleiter und eine zweite Lehrkraft aus dem Fachbereich. Sie bewerten die Arbeiten unabhängig voneinander. Aufatmen werden alle Beteiligten wohl erst, wenn hoffentlich alle Abiturienten bestanden haben. Währenddessen gilt natürlich eisernes Schweigen darüber, welche Aufgaben nächstes Jahr drankommen könnten.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen