Gericht erwägt Beschlagnahmung dreier Zschäpe-Briefe
6.5.2014, 19:57 UhrIm NSU-Prozess will das Gericht möglicherweise drei Briefe der Hauptangeklagten Beate Zschäpe an einen Gesinnungsgenossen beschlagnahmen – darunter ein neues, bisher unbekanntes Schreiben von Mitte April. Hintergrund ist, dass das Münchner Oberlandesgericht eventuell ein Sprachgutachten erstellen lassen will, um die Co-Autorenschaft der Hauptangeklagten an einem Manifest des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zu klären.
Im Hinblick auf entsprechende Beweisanträge werde erwogen, jene Briefe als Beweismittel zur Erstellung eines solchen forensisch-linguistischen Gutachtens zu beschlagnahmen, heißt es in dem Schreiben des Gerichts.
In einer Expertise im Auftrag des „Stern“ waren Fachleute 2013 zu dem Schluss gekommen, dass Zschäpe „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Co-Autorin des NSU-Dokuments ist – was sie im Prozess weiter belasten würde. Das Papier zeugt von der rassistischen Ideologie des NSU. Die Wissenschaftler hatten das Dokument auf sprachliche Auffälligkeiten hin untersucht und mit Briefen Zschäpes aus der Haft an den ebenfalls inhaftierten Neonazi Robin S. verglichen. Mehrere Nebenklage-Anwälte hatten daraufhin beantragt, ein linguistisches Gutachten als Beweismittel zulassen. Die Bundesanwaltschaft hatte nichts dagegen.
Der rege Briefwechsel zwischen Zschäpe und Robin S. war 2013 bekanntgeworden. Die Briefe der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin hatten wegen ihres teilweise sehr persönlichen Inhalts Aufsehen erregt.
Zum ersten Mal seit dem Start des NSU-Prozesses vor exakt einem Jahr fiel am Dienstag ein Verhandlungstag wegen Unwohlsein Zschäpes nahezu komplett aus. Nach mehreren Pausen, stundenlangen Verzögerungen, einem längeren juristischen Disput und einem Befangenheitsantrag gegen einen Gerichtsarzt entschied der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Nachmittag, den Prozess bis Mittwoch zu unterbrechen.
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