Mit Abstand von 60 Metern
Gewaltige Dimension: Zwei Mega-Trassen sollen bald parallel durch Franken laufen - das ist geplant
27.03.2025, 05:00 Uhr
Während die Juraleitung in der Bevölkerung weiterhin stark umstritten ist, wird aktuell eine weitere, etwa 115 Kilometer lange Leitung geplant, auch sie soll durch Franken verlaufen. Ganz neu wird die Strecke aber nicht sein, denn der sogenannte "Westbayernring" soll parallel zu einer bereits bestehenden Leitung verlaufen. Damit wird sie auch die längste Parallelleitung in Bayern.
Konkret handelt es sich um die Leitung zwischen Raitersaich im Landkreis Fürth, Ingolstadt und Sittling. Laut dem Übertragungsnetzbetreiber "Tennet" sei die bestehende Leitung ein wesentlicher Nord-Süd-Transportkanal innerhalb Bayerns. Aus diversen Gründen wird aber nun der "Westbayernring" als ein 380 Kilovolt (kV) Ersatz- und Parallelbau geplant. Wolfgang Weinseis, Referent für Bürgerbeteiligung, informiert in einem Gespräch mit der Redaktion über die neusten Entwicklungen im Entstehungsprozess.
Was ist geplant?
Aktuell gibt es zum Verlauf nur grobe Vorplanungen, für konkretere Pläne seien weitere Untersuchungen notwendig, heißt es seitens "Tennet". Folgendes beinhalten die Vorplanungen:
Geplant ist der Parallelbau einer neuen 380-kV-Leitung zwischen dem Umspannwerk Raitersaich-West und ein neu zu errichtendes Umspannwerk im Suchraum Vohburg/Großmehring/Oberdolling sowie der Ersatzneubau der bestehenden 220-kV-Leitung zwischen dem neuen Umspannwerk in Vohburg/Großmehring/Oberdolling und dem Umspannwerk in Sittling.

Somit kann das Projekt in vier Teile zerlegt werden.
Auf dem Abschnitt A zwischen Raitersaich-West und dem neuen Umspannwerk im Suchraum Vohburg/Großmehring/Oberdolling soll auf einer Strecke von 93 Kilometern die bestehende 220-kV-Doppelleitung durch den Parallelneubau einer 380-kV-Doppelleitung abgelöst werden. Derzeit werden die Verbindungen hier noch über vier Stromkreise geführt, zweimal über 220 Kilovolt und zweimal über 380 Kilovolt. Mit dem geplanten Projekt sollen die 220-kV-Stromkreise durch zwei weitere 380-kV-Stromkreise ersetzt werden. Die zwei bereits bestehenden 380-kV-Stromkreise sollen bleiben, somit verlaufen hier in Zukunft zwei Leitungen parallel zueinander.
Auf dem Abschnitt B zwischen dem neuen Umspannwerk im Suchraum Vohburg/Großmehring/Oberdolling und Sittling soll auf einer Strecke von 25 Kilometern ebenfalls die bestehende 220-kV-Doppelleitung abgelöst werden, hier jedoch durch den Ersatzneubau einer 380-kV-Doppelleitung. Die bestehende Leitung soll im Laufe der Bauarbeiten abgebaut werden.
Zudem soll das Umspannwerk Raitersaich-West durch eine Erweiterung der 380-kV-Schaltanlage um zwei zusätzliche Schaltfelder sowie einen weiteren 380/110-kV-Transformator verstärkt werden.
Anschließend folgt noch der Neubau eines 380/110 kV-Umspannwerks im Suchraum Vohburg/Großmehring/Oberdolling.
Dieses neue Umspannwerk soll in Zukunft die Stromversorgung im Ingolstädter Raum sichern und die Einspeiseleistung dezentraler Grünstromanlagen erhöhen.
Wie auf der Karte zu erkennen ist, soll die neue Trasse voraussichtlich östlich von der bereits bestehenden verlaufen. Da sie bei Ingolstadt weiter Richtung Sittling verlaufen soll, habe sich die östliche Verlegung angeboten.
Warum braucht es eine Parallelleitung?
Grundsätzlich soll der "Westbayernring" die Versorgungs-, Netz- und Ausfallsicherheit in Mittelfranken und Ober- und Niederbayern sicherstellen.
Daher müsse die leistungsschwache 220-kV-Infrastruktur von einer 380-kV-Infrastruktur ersetzt werden. Das sei vor allem wegen der zunehmenden Einspeisung regenerativer Energien aus dem öffentlichen Verteilnetz nötig.
Diese könnte aber nicht über einen einzigen Mast geführt werden, erklärt Weinseis. Denn im Falle von Wartungs- oder Reparaturarbeiten müssten sonst alle Stromkreise abgeschaltet werden. Dies würde die überregionale Energieversorgung unverhältnismäßig gefährden.
Zusätzlich sei der Betrieb einer einmastigen Stromtrasse mit vier 380-kV-Stromkreisen technisch herausfordernd. Das Stromnetz müsse so ausgelegt sein, dass der Ausfall eines Systems problemlos kompensiert werden kann.
Aus denselben Gründen sei auch eine Kreuzung der beiden Leitungen nicht möglich.Die Leitungen können laut Weinseis auch nicht über bereits bestehende Maste verlegt werden, da die neuen Leiterseile zu schwer seien.
Mit der Bestätigung der Bundesnetzagentur für den Netzentwicklungsplan (NEP) 2037/2045, fließt das Projekt nun in das Bundesbedarfsplangesetz, heißt es auf der Internetseite von "Tennet". Der Netzentwicklungsplan legt fest, welcher Ausbaubedarf im Stromübertragungsnetz im Hinblick auf die Energiewende vorliegt. "Für ein klimaneutrales Stromsystem brauchen wir bis 2045 in erheblichem Umfang zusätzliche Stromleitungen", wurde Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur in einer 2024 erschienen Meldung der Bundesagentur zitiert.
Die parallel zueinander verlaufenden Leitungen müssen einen Mindestabstand von 60 Metern zueinander haben, erklärt Weinseis. Jedoch können die Korridore maximal 250 Meter voneinander entfernt sein. Eine zwingende Abweichung von diesen Korridoren könne nur aus dringlichen Gründen erfolgen. Der Abstand zur Wohnbebauung sei laut gesetzlichen Vorschriften aber keiner dieser Gründe, weshalb sich das Unternehmen an die vorgegebenen Maximalabstände halten muss. Somit muss derzeit damit gerechnet werden, dass die neue Trasse in bestimmten Abschnitten in der Nähe zu Wohnbebauungen errichtet werden muss. Dabei müsse und würde das Unternehmen darauf achten, dass die betroffenen Gebäude nicht überspannt werden, auch die Grenzwerte müssten eingehalten werden.
Was bereits geschehen ist und was noch bevorsteht:
Am 1. März 2024 bestätigte die Bundesnetzagentur den NEP. Laut dem Betreiber stehe eine Verankerung des Plans im Bundesbedarfsplangesetz noch aus, voraussichtlich solle dies aber Ende 2025 oder Anfang 2026 geschehen.
Laut "Tennet" werde derzeit die Raumverträglichkeitsprüfung (RVP) vorbereitet. Das bedeutet, dass die Trassen vor untersucht werden und eine Raumwiderstandsanalyse durchgeführt wird. Dabei beachte man Schutzgüter wie beispielsweise den Menschen und seine Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Böden und Wasser, Landschaft und kulturelles Erbe, Wald und Landwirtschaft sowie die Raumordnung.
Basierend auf den Ergebnissen dieser Analysen erarbeitet der Betreiber Grobkorridore.
Mitte 2025 soll der Betreiber dann die Unterlagen zur Raumverträglichkeitsprüfung einreichen, anschließend könne das Planfeststellungsverfahren vorbereitet werden.
Zwischen 2026 und 2028 sollen die Feintrassierung und die bodenkundliche Baubegleitung erfolgen, um den konkreten Verlauf der Trasse und der Standort der Masten festzulegen.
Etwa von 2028 bis 2031 solle dann das Planfeststellungsverfahren eintreten. Dabei würden Genehmigungsbehörden die detaillierten Planungsunterlagen prüfen und anschließend den Planfeststellungsbeschluss freigeben. Hier hätten alle Betroffenen noch die Möglichkeit, ihre Einwände auszusprechen.
Von 2031 bis 2037 trete dann voraussichtlich die letzte Phase an. In dieser Zeit soll das Projekt erbaut werden und bis 2037 in Betrieb genommen werden. Zusätzlich folgt in dieser Zeit auch der Rückbau der bereits bestehenden Trasse, für die ein Ersatz vorhergesehen ist.
Infomärkte für Bürgerinnen und Bürger
Laut "Tennet" beziehe der Betreiber betroffene Bürgerinnen und Bürger in alle Projektschritte ein. So hätten Interessierte bereits bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans die Möglichkeit, ihre Ideen und Anmerkungen einzubringen. Diese habe man bei der Ausarbeitung der Netzplanung nach Möglichkeit berücksichtigt.
Ab dem kommenden Montag sollen vier Infomärkte für betroffene und interessierte Bürgerinnen und Bürger stattfinden, erklärt Weinseis. Diese werden in Neuendettelsau, Weißenburg in Bayern, Hitzhofen/Hofstetten und in Vohburg an der Donau durchgeführt. Voraussichtlich ab dem 28. März soll eine interaktive Karte auf der Internetseite des Betreibers veröffentlicht werden, die einen Überblick über die geplanten Projekte gibt. Das Unternehmen plant, mithilfe dieser Karte ihr Vorhaben bei den Infomärkten anschaulich zu erklären. "Wir haben jetzt erstmals eine Planung, die wir zeigen können und auf dessen Basis wir mit den Bürgermeistern und Anwohner sprechen können", so Weinseis.