"Wie eine Braut ohne Bräutigam"

Große Umstände für Kunden: Auch in Mittelfranken fehlen Postfilialen

Sara Denndorf

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18.9.2024, 05:00 Uhr
In vielen deutschen Gemeinden gibt es keine Postfiliale - obwohl es qua Gesetz welche geben müsste.

© Wolf von Dewitz/Wolf von Dewitz/dpa In vielen deutschen Gemeinden gibt es keine Postfiliale - obwohl es qua Gesetz welche geben müsste.

Großhabersdorf und Boxdorf haben auf den ersten Blick wenig gemein. Hier eine Gemeinde im Landkreis Fürth, dort ein Bezirk in Nürnberg. Aber: Beide Orte stehen exemplarisch für ein Problem, das ganz Deutschland betrifft: Es fehlt an Postfilialen.

Eigentlich ist die Post stark vertreten. Knapp 13.000 Filialen betreibt die Deutsche Post in der Bundesrepublik, überwiegend in Bäckereien, Kiosken oder bei anderen Einzelhändlern. Damit wird die staatliche Pflicht, nämlich mindestens 12.000 Filialen, deutlich übertroffen. Außerdem stockte die Post ihr Netz seit 2010 um über 300 Filialen auf. Dennoch kommt die Post den Vorgaben des Postgesetzes nicht nach. Denn: Das Problem ist nicht die Menge der Filialen, sondern deren Verteilung.

Gemäß ihrer gesetzlichen Verpflichtung muss in jedem Ort, in dem über 2.000 Einwohner leben, mindestens eine Postfiliale betrieben werden. Zudem darf in Gemeinden mit über 4.000 Einwohnern die Entfernung zur Poststation maximal zwei Kilometer betragen – so zumindest der Soll-Zustand. Die Realität in Deutschland, in Bayern und insbesondere in ländlichen Regionen sowie am Stadtrand sieht anders aus.

Fünf mittelfränkische Gemeinden betroffen

Nach Angaben der Bundesnetzagentur fehlen bundesweit insgesamt 141 der sogenannten "Pflichtstandorte", allein im Freistaat sind es 23 Filialen. Davon befinden sich sieben unbesetzte Gemeinden in Oberfranken, jeweils fünf in Mittelfranken und Unterfranken, je ein Ort in der Oberpfalz und Niederbayern und jeweils zwei in Oberfranken und Schwaben.

In Mittelfranken sind Feuchtwangen, Diespeck und Großhabersdorf sowie Nürnberg-Boxdorf und Großenseebach betroffen. Die beiden Letztgenannten verfügen aber zumindest über eine Poststation. Dabei handelt es sich um Automaten, mit denen sich rund um die Uhr Pakete frankieren, Briefe abgeben und Briefmarken kaufen lassen. Auch eine Videoberatung steht zur Verfügung.

Kurz: Sie bieten nahezu dieselben Dienstleistungen wie Universaldienstfilialen an, werden aber nach dem alten Postgesetz nicht der Grundversorgung angerechnet – die entsprechenden Orte gelten also trotzdem als unbesetzt. Nach dem neuen Postgesetz, so teilt es die Bundesnetzagentur mit, können künftig nach dem neuen Postgesetz nun aber im Einzelfall automatisierte Stationen anstelle von Universaldienstfilialen zugelassen werden.

Großhabersdorf hat keine Post

Deutlich schwerer haben es indes die Bewohner in Großhabersdorf. In der rund 4.200-Seelen-Gemeinde im Landkreis Fürth fehlt sowohl eine Filiale als auch eine automatisierte Poststation, seit der Getränkemarkt, in welchem die ehemalige Filiale integriert war, im April dicht gemacht hat. Wie Bürgermeister Thomas Zehnmeister dem "Bayerischen Rundfunk" erklärte, war zwar zunächst eine Nachfolgerin gefunden, diese sprang aber kurz vor der Eröffnung wieder ab – und Großhabersdorf hat damit keine Post.

Besonders für ältere, nicht online-affine und nur beschränkt mobile Menschen stellt diese Situation eine echte Herausforderung dar. "Ohne Postfiliale ist Großhabersdorf wie eine Braut ohne Bräutigam", klagte Einwohner Hans-Jürgen Kellern gegenüber dem "Bayerischen Rundfunk". Die Alternative liegt – zumindest temporär – im Nachbarort. Im fünf Kilometer entfernten Ammerndorf betreibt Sabine Bachmann seit 17 Jahren einen Schreibwarenladen und nimmt auch Pakete an. Seit der Schließung der Postfiliale in Großhabersdorf gewann sie zwar 500 neue Kunden, stößt aber eigenen Angaben zufolge regelmäßig an ihre Kapazitätsgrenzen. Allein an normalen Tagen stapeln sich die Pakete in ihrem Laden, an Feiertagen sei der Ansturm zudem kaum zu bewältigen.

Auf lange Sicht ist die Situation also weder für die Bewohner in Großhabersdorf, noch für Sabine Bachmann tragbar. Laut Bürgermeister Zehnmeister soll deshalb möglichst zeitnah entweder eine neue Filiale oder zumindest eine Paketstation in der Gemeinde eröffnen. Groll hegt der CSU-Politiker aber nicht, vielmehr gibt er sich optimistisch: Die Post zeige sich kooperativ und bemüht, der Wunsch nach einer Postfiliale in Großhabersdorf soll noch in diesem Jahr realisiert werden. Dann jedenfalls wären es nur noch 140 unbesetzte Pflichtstandorte in Deutschland.

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