Digitalisierung im Rathaus Gunzenhausen
19.1.2019, 07:14 UhrMan kann von einem Megathema sprechen, das jeden angeht. In diese Richtung argumentierte Horst Schäfer, der städtische Medienbeauftragte. Er erinnerte die Stadträte daran, dass in der jüngsten Ratsklausur bereits intensiv über die Digitalisierung und ihre Folgen gesprochen wurde. Da war von zukunftsorientierten, kommunalen Strategien die Rede. Diese betreffen interne Verwaltungsabläufe, gelten aber auch allgemein für Dienstleistungen am Bürger, Bürgerbeteiligung, Wirtschaftsentwicklung, Bildung und Kultur.
Im ersten Schritt bedeutet Digitalisierung, analoge Medien in digitaler Form verfügbar zu machen. Das können Filme, Bilder, Nachrichten, Musik und Sprache sein. Ein Ablauf oder ein Produkt wird in eine digitale Form umgewandelt, das Typische bleibt dabei erhalten. Das bekannteste Beispiel: Die E-Mail ersetzt den Geschäftsbrief. Im zweiten Schritt setzt die Transformation ein. Es kommt zu deutlichen Veränderungen im Geschäftsbetrieb. Dieser digitale Wandel geht immer weiter. Der Einzelhandel, die Medien und die Bankenwelt haben längst erfahren, was damit verbunden ist. Zuletzt ging es um die Zukunft der Taxibranche angesichts des rasanten Aufschwungs des Geschäftsmodells Uber.
Auch große und etablierte Firmen sehen sich herausgefordert, und bestehende Dienstleistungen könnten vollständig vom Markt verschwinden. Das nennt man Disruption. Als Beispiel nannte Schäfer die "Speed Factory". Ein Beispiel: Der Kunde lässt seine Füße digital vermessen, und kurz darauf werden für ihn optimal passende Schuhe gedruckt und ihm ausgehändigt. Das übliche aufwendige Herstellen von Schuhen entfällt. In der "Speed Factory" lägen Gefahren, aber auch Chancen, auch für hiesige Unternehmen, sagte Horst Schäfer.
Und noch ein Beispiel: Die Künstliche Intelligenz, an der etwa Google mit Macht und Milliardenaufwand arbeitet, entwickelt sich rasant vorwärts. Der Computer hat heutzutage eine sympathische Stimme und kann Gespräche führen. Vom Menschen kommt der Auftrag, einen Termin beim Frisör telefonisch zu beauftragen, und der Maschine gelingt das. Mag sein, dass hier die Werbung etwas zu vorschnell ist und vieles versprochen wird, was sich so noch nicht halten lässt. Die Richtung ist jedoch klar — der Wandel hin zum Digitalen beschleunigt sich.
Rasante Entwicklung
Der Ausschuss hörte auch von zwei Lehrsätzen, über die das Nachdenken lohnt. 1. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. 2. Was nicht digitalisiert, aber ersetzt werden kann, wird digital ersetzt. Und damit war der Referent bei der öffentlichen Verwaltung, die sich rasant in Richtung E-Government bewegt. Horst Schäfer stieg vor Jahrzehnten in eine Arbeitswelt ein, die nur das gedruckte Papier schätzte. Heutzutage geht es um die Anwendung von Apps, den intermedialen Austausch. Und das wird garantiert nicht alles sein.
In einer Verwaltung spielen sich Prozesse ab. Sie können vereinfacht und unterstützt werden durch digitale Technik. Davon profitieren Bürger, Wirtschaft und andere Verwaltungsstellen. Mit ihnen ist vor allem auch eine leichtere Kommunikation möglich, hob Schäfer hervor. Die elektronische Steuererklärung (Elster) ist längst Alltag. Der Bürger kann sich online umfassend über Dienste von Behörden und öffentlichen Einrichtungen kundig machen. Er findet einen Kindergartenplatz für den Nachwuchs, und der elektronische Müllkalender ist recht nützlich. Den Reisepass kann man elektronisch beantragen, ihn sozusagen mit wenigen Mausklicks "buchen" wie einen Hotelaufenthalt, so Horst Schäfer. Deshalb der Ausspruch: "Digitalisierung ist bereits praktizierte Alltagstätigkeit."
Kundenfreundlich, effizient und durchgängig digital, so sollen die Verwaltung und ihre Dienstleistungen künftig sein. Anträge online stellen? Kein Problem. Vor den noch erforderlichen Behördengängen alle Informationen abrufen, wer zuständig ist und was man mitbringen muss? Selbstverständlich. Behördengänge vollständig digital abwickeln? Ist möglich, wird noch forciert — Daten statt Bürger kommen zum Amt.
Sichere Abläufe erwartet
Dabei verlangt der Bürger absolute Sicherheit. Er selbst mag mit seinen Daten schlampig umgehen (Facebook & Co.), dafür setzt er an die Verwaltung umso höhere Ansprüche. Und die Verwaltung kann diesen Ansprüchen nur gerecht werden, wenn sie über qualifiziertes Personal verfügt. Wobei es in einer kommunalen Verwaltung, wie auch sonst überall, die Fraktion gibt, die nur noch Digitales kennt und darin aufgeht, und die anderen, die aus verschiedenen Gründen reserviert und vorsichtig sind — man kann sie als "Bewahrer" verstehen. Diesen Spagat wird es noch längere Zeit geben, man muss ihn aushalten.
Auch wenn man der Meinung ist, dass die digitale Welt nicht mehr aufzuhalten ist und man ihr Vorrang einräumt, wird der Gesetzgeber in Deutschland weiterhin zweigleisig fahren. Digitale Prozesse werden ermöglicht und gefördert, das analoge Handeln bleibt. Das gilt für den Bund wie die Bundesländer. Anders Dänemark, wo man voll auf die digitale Karte setzt. Bescheide an den Bürger werden nicht mehr ausgedruckt und verschickt. Entsprechend hart wirkt sich das auf die dänische Post aus. Horst Schäfer ließ auch anklingen, dass die Bürger und Firmen es nach wie vor mit Personen in der Verwaltung zu tun haben. Wer unbedingt seinen Bürgermeister sprechen will, der wird dieses Ziel auch erreichen. Große Hoffnung setzt er auf eine verbesserte, leichtere Bürgerbeteiligung dank digitaler Kanäle.
Ganz konkret will die Stadt ihr Ratsinformationssystem verbessern. Die Stadträte sollen es auch per mobilem Endgerät inklusive Tablet nutzen können.
Der Rufbus wurde zum Jahresbeginn eingeführt (wir berichteten mehrfach). Eigentlich hätte sich die Stadt hier andere Wege überlegen können, merkte Horst Schäfer an. Den autonom fahrenden Bus, den der Nutzer per App bestellt, gibt es bereits.
Die Mitglieder des Ausschusses für Hauptangelegenheiten, Finanzen und Digitalisierung waren sich darin einig, die Digitalisierung offensiv anzugehen. Es fielen Sätze wie "Wir können uns dem nicht verschließen" und "Es gibt noch viel zu tun". Alfred Müller (SPD) riet, auf die Senioren Rücksicht zu nehmen, die mit dem Computer und dem Internet nichts anfangen können und wollen. Peter Schnell (Grüne) äußerte Sorgen, dass mit rasanter Digitalisierung der soziale Zusammenhalt leide. Menschen könnten sich auch in diesem Bereich ausgegrenzt und abgehängt fühlen. Es sei Aufgabe der Politik, dem entgegenzuwirken.
Bürgermeister Karl-Heinz Fitz merkte nach dem Vortrag an, jede Kommune müsse selbst entscheiden, wie sie mit der Digitalisierung umgehe. Gunzenhausen habe eine gewisse Größenordnung, da könne man sich im Rathaus dem Neuen zuwenden und Mitarbeiter damit beauftragen. Kleine Kommunen täten sich hier erheblich schwerer.
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