Gunzenhausen: Hochwasserschutz kostet Millionen
17.8.2020, 17:01 UhrDie Stadthalle wurde (für 17 Millionen Euro) saniert, Gas- und Stromleitungen verlegt. Ein riesiger Stauraum-Kanal wurde gebuddelt, am Schießwasen entstand das dazu gehörende Pumpwerk (Gesamtkosten: 9 Millionen Euro). Und seit dem Frühjahr nun werden ganze Baumreihen versetzt, Betonwände gegossen und Erdwälle angeböscht, um die Altstadt vor dem Hochwasser der Altmühl zu schützen. Und zwar nicht für irgendeines, sondern für eines, das Fachleute "HQ 100" nennen, was beutet, dass es im Durchschnitt alle 100 Jahre einmal erreicht oder gar überschritten wird.
Derzeit freilich machen Bauarbeiter und Bagger eine kleine Sommerpause – ein guter Anlass für einen Baustellenbesuch. Zumal die von Thomas Keller, dem Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach, vor Baubeginn in Aussicht gestellten öffentlichen Führungen über das Gelände – wie so vieles – dem Coronavirus zum Opfer gefallen sind.
Beton verschwindet unter Böschungen
Nähert man sich von der Stadthalle aus, bekommt man schon einen guten Eindruck davon, wie die Planungen für den insgesamt gut 600 Meter langen Schutzbau umgesetzt werden. Denn dort sind jene Betonmauern, die einst viel Protest hervorriefen und dann in einem gemeinsamen Kraftakt von Planern, engagierten Bürgern und Wasserwirtschaftsamt weitgehend "versteckt" werden konnten, gut zu sehen.
Noch, denn wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sein werden, wird vom bis zu 1,40 Meter hohen Beton nicht mehr allzu viel zu entdecken sein. Er verschwindet unter Böschungen, dient als Befestigung für einen Panoramaweg oder schlichtweg als Sitzgelegenheit mit Blick auf einen Spielplatz und die Altmühl.
Thomas Keller und die zuständige Projektleiterin Kerstin Klein sehen die Maßnahme dank "der sehr guten Arbeit" der Treuchtlinger Baufirma Hans Hirschmann "voll im Zeitplan". Und sie rechnen damit, mit den technischen Arbeiten schon im Spätherbst fertig zu werden. "Das Schmückende wird dann im Frühjahr 2021 erledigt", sagt Keller, und meint damit sogenannte "Freianlagenelemente" wie einen Spielturm, ein Sonnendeck und eine Pergola.
Ein paar Meter weiter gelangt man zur Lindenallee, wo im Juni und Juli auf etwa 80 Metern Länge 19 Bäume versetzt wurden, um Platz für Spundwände und Mauer zu schaffen. "Eine tolle Sache", schwärmt Keller von der baumerhaltenden Maßnahme. Er habe zwar etwas "Angst vor dem heißen Sommer gehabt", aber derzeit sehe es so aus, als hätten die schon über 25 Jahre alten Linden den Umzug gut verkraftet. In den nächsten vier Jahren werden sie zudem noch von einer Spezialfirma gehegt und gepflegt.
Anders als beim Stauraumkanal seien die Spundwände hier übrigens nicht drei Meter tief in den Boden gerammt, sondern gedrückt worden, was man bei "lehmig-breiigem Boden", wie Keller das nennt, gut machen könne – und was Anwohnern Lärm und erdbebenartige Erschütterungen erspare. Und um zu verhindern, dass sich dahinter Wasser anstauen könne, seien sogenannte "Grundwasserfenster" eingebaut worden, durch die hindurch die Nässe abfließen könne.
Noch ein Stück weiter gelangt man zum ersten Hochwasserschutz-Abschnitt, der im Ernstfall mit mobilen Elementen dichtgemacht wird – und der im Normalfall ein Durchlass für Fußgänger und Radler ist. Rund 90 Meter solcher Schutzwände sollen von der Feuerwehr bei Bedarf an fünf Stellen montiert werden – den Rest der Zeit lagern die Elemente in der Stadt.
Aufbau der Mauerelemente ist gut zu erkennen
Unmittelbar neben dem Trafohaus, auf Höhe des Gasthauses Lehner, kann man gut den Aufbau der Betonwände erkennen: eine sogenannte "Sauberkeitsschicht", auf der die Mauer solide und eben "sauber" platziert werden kann. An den dort bereits vorbereiteten Stahlgerüsten unschwer zu erkennen: Bodenplatten- und Mauerelemente bestehen aus einem Stück, das vor Ort aus Beton gegossen wird.
Hier, wo im nächsten Frühjahr Sonnendeck und Pergola montiert werden sollen, sieht das oberste Stück der Betonmauer plötzlich anders aus als zuvor: eine breitere Oberfläche, die sich auf 50 Zentimeter nach unten sanft verjüngt. "Das sind die Sitzsteine", klärt Kerstin Klein auf. Die werden etwa einen halben Meter aus der Böschung herausragen und es Spaziergängern und Eltern, die ihren Nachwuchs auf dem Spielplatz im Auge behalten wollen, ermöglichen, sich bequem hinzusetzen.
Nach einigen Dutzend Metern gehen diese Sitzsteine dann über in den Panoramaweg, auf dem man dereinst ganz wunderbar flanieren und einen schönen Ausblick auf die ganze Anlage genießen kann. Einem weiteren Durchgang am Fußweg von der Oettinger Brücke, wo sich auch der Spielturm befindet, schließt sich ein Abschnitt an, in dem der Hochwasserschutz in Form von Landschaftswellen gestaltet ist (Keller: "Eine Anregung aus der Bürgerbeteiligung; das sieht bestimmt toll aus."), ehe zur Altmühlbrücke hin einige Meter Sitzreihen sowie zwei weitere Durchgänge folgen, die mit mobilen Elementen dichtgemacht werden können.
Die Kosten des Hochwasserschutzes zwischen Oettinger Straße und Stadthalle beziffert Kerstin Klein auf 3,3 Millionen Euro. Darin enthalten sind sämtliche Baumaßnahmen, der Grunderwerb und eine Beteiligung des WWA von rund einer Million Euro am Stauraumkanal. Hinzu kommen freilich noch die Planungskosten, die knapp 770 000 Euro betragen. Die Stadt Gunzenhausen beteiligt sich daran mit 35 bis 50 Prozent, je nachdem, wie intensiv sie sich in den nächsten Jahren um den Erhalt des Bauwerks kümmert. Auf die Anwohner wird nichts umgelegt.
Wenn die Bagger im Frühjahr 2021 dann endgültig abgerückt sind und der Hochwasserschutz oberhalb der Oettinger Brücke irgendwann weiterläuft, kehrt auf der Dauerbaustelle Altmühl-Auen freilich noch immer keine Ruhe ein. Denn dann beginnt, womöglich schon im Herbst 2021, die Renaturierung der Altmühl.
Dafür wird der Fluss aus seinem jetzigen, schnurgeraden Bett befreit und in mehreren Schleifen näher an die Stadt herangeführt, ehe er nahe der Stadthalle wieder "zurückmuss". Weil es Probleme mit dem Erwerb eines Grundstücks gab, muss der genaue Verlauf der "neuen Altmühl" noch einmal etwas umgeplant werden, aber Keller und Kerstin Klein sind sich sicher, dass sie dennoch eine gute Lösung für die Stadt, die Kajakfahrer und flussaufwärts wandernde Fische finden werden. Die Kosten für diese Maßnahme liegen bei rund einer Million Euro, die allein der Freistaat trägt.
Und dann, wenn diese Baumaßnahme abgeschlossen ist und Gunzenhausen, wie Bürgermeister Karl-Heinz Fitz es voller Vorfreude nennt, seine "eigene kleines Gartenschau hat", dann werden die Altmühl-Auen wieder zu einer Idylle. Und es kehrt endlich Ruhe ein.
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