Gunzenhausen: Massenweise Raupen plagen Anwohner
24.4.2019, 17:16 UhrMit Klebstreifen sammelt Elisabeth Lautner derzeit stündlich die noch sehr kleinen Raupen von der Hauswand ab. Würde sie sie abkehren, gäbe das hässliche Flecken an der frisch gestrichenen Wand. Die gefräßigen Raupen des Eichenschwammspinners waren schon im vergangenen Jahr bis in ihren Garten vorgedrungen, im Vergleich zu heute sei das aber quasi nichts gewesen.
Zur Erinnerung: 2018 fraßen sich die plötzlich in Massen auftretenden Raupen durch große Teile des Burgstalls und hinterließen kahle Bäume. Schon damals waren die Schädlinge auf der Suche nach Nahrung und Schlupfwinkeln bis in die umliegenden Gärten vorgestoßen und hatten dort, wie auch im Burgstall, einigen Schaden angerichtet.
Bei dem wunderschönen Wetter die Wäsche im Garten trocknen? Das kann Elisabeth Lautner vergessen, die Kleidung wäre ruckzuck voller Raupen. Es reicht ihr schon, dass sie und ihr Mann sich jeden Abend gegenseitig nach den lästigen kleinen Würmchen absuchen müssen. "Wir ziehen nur noch Sachen an, wo man sie gut drauf sieht", sagt Elisabeth Lautner und deutet auf das weiße Hemd ihres Gatten.
"Da sind schon wieder welche", murmelt Elisabeth Lautner und angelt nach dem Klebstreifen, um die lästigen Viecher von der Brüstung zu tupfen. Auf die Tischdecke auf der überdachten Terrasse haben es ebenfalls welche geschafft und auch mir zupft sie, bevor ich mich wieder verabschiede, noch schnell ein Exemplar aus dem Haar.
"Die fressen uns auf!" Der Hilferuf von Elisabeth und Hans-Peter Lautner ist deutlich vernehmbar und verhallt doch scheinbar ungehört. Ihre Anrufe bei den Bayerischen Staatsforsten in Allersberg hätten bisher nichts gebracht, vergeblich warte sie darauf, dass sich ein Vertreter des Forstamts bei ihr blicken lasse. Die Lautners, und wie ihnen geht es derzeit wohl fast allen direkten Burgstallanwohnern vor allem in der Leonhardsruhstraße, fühlen sich mit dieser Invasion komplett alleingelassen.
Die Plage dauert an
Geschätzt 20 000 Raupen hat sie in den vergangenen zehn Tagen, seit die ersten geschlüpft sind, wohl schon von ihrer Hauswand getupft und täglich kommen unzählige neue nach. Bei den Postlers, die sich rund um das sogenannte "Pulverhaus" ein kleines Paradies geschaffen haben, sieht es nicht anders aus. Auch dieser Garten ist nach Gerhard Postlers Darstellung fest in der Hand der Schwammspinnerraupen. Er zeigt Bilder von riesigen Gespinsten, mit denen sich die Raupen vor Fressfeinden schützen. Und erzählt von seinem Enkel, der über Ostern im Garten gespielt hat, bis er über und über voll mit Raupen zurück ins Haus kam. Als sie weggewischt waren, entdeckten die Erwachsenen am Körper des Kindes überall rote Pusteln. Offensichtlich, vermutet Postler, zwicken die Raupen oder es sei doch eine allergische Reaktion.
"Wir können uns eigentlich bis Juli nicht mehr raussetzen", erklärt Postler und Elisabeth Lautner fügt an: "Unsere Lebensqualität ist im Eimer". Am schlimmsten ist aber für die Postlers und die Lautners, dass sie mit diesem Massenbefall alleingelassen werden. "Es kommt niemand vom Forst vorbei, niemand berät uns", sagt Elisabeth Lautner und fordert im selben Atemzug auch den Stadtrat auf, sich einmal vor Ort ein Bild der Lage zu machen.
Die Entscheidung der Bayerischen Staatsforsten, nicht gegen den Schwammspinner vorzugehen (wir berichteten), können die Postlers und die Lautners nicht nachvollziehen. Der sich nun abzeichnende noch schlimmere Massenbefall sei ja erwartbar gewesen. Heuer wird im Burgstall kein Mittel gegen die Raupen zum Einsatz kommen. Aber im kommenden Jahr "muss etwas passieren", fordert Postler.
Tagsüber kämpft Elisabeth Lautner gegen die Plage wie gegen Windmühlen, nachts liegt sie wach und fragt sich, wie das noch werden soll. Bereits jetzt sind erste Fraßschäden etwa an der Buchenhecke sichtbar. Mangels Eichenblättern, die derzeit noch Knospen sind, machen sich die Raupen über andere Baumarten her. Und die Betroffenen wie Elisabeth Lautner sind bereits jetzt mit ihrem Latein am Ende: "Wir wissen nicht, was wir machen sollen."
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