Gunzenhausen: Mit dem Fahrrad um den Altmühlsee

19.8.2016, 07:21 Uhr
Gunzenhausen: Mit dem Fahrrad um den Altmühlsee

© Werner Falk

Es ist ein herrlicher Sommerabend, wie ich ihn liebe. Das Abendlicht ist für mich ohnehin am faszinierendsten. Sicher: Am Morgen gibt es herrliche Stimmungen, aber das milde Licht und das satte Grün der Landschaft sind unschlagbar. Also ziehe ich mit meinem E-Bike los. Auch wenn mich jetzt einige Radsportler von der Seite aus anschauen, muss ich sagen: Das E-Bike ist ein Segen. Ich muss gestehen, dass ich mit meinem „herkömmlichen“ Rad ganz selten 30 und mehr Kilometer gefahren bin, aber mit dem Antrieb werde ich noch zum Dauer-Biker. Kaum ein Tag vergeht, an dem ich nicht auf dem Drahtesel sitze und eine Runde drehe, wobei die oft über die 30 Kilometer hinausgeht. Eigentlich müssten die Krankenkassen einen Zuschuss für die Beschaffung eines E-Bikes geben, denn die Leute halten sich fit und sind damit gesundheitlich robust – auch bis ins Alter hinein.

Ich starte also an der Stadthalle, wo der Wegweiser-Baum die Richtungen für die Radwege 3-6 anzeigt, die der Zweckverband Altmühlsee empfiehlt. Die ersten grünen Schildchen mit dem Radlersymbol, die mich begleiten, sind ganz schön ausgeblichen, aber die Nummer 3 ist noch erkennbar. Über Aha komme ich nach Sausenhofen. Am Ortseingang flattern meine Nerven, denn mir kommt ein landwirtschaftliches Schlepper-Ungetüm von ungefähr 120 PS und mit Reifen in meiner Körpergröße auf dem schmalen Flurbereinigungsweg entgegen. Immerhin: Der Fahrer meint es gnädig mit mir und zieht sein Monstrum so weit es geht nach rechts, sodass ich mich an ihm vorbeizittern kann.

Die „Amarellen“ munden

Am Wegesrand sind die Weizen-, Gerste- und Haferäcker meine Begleiter. Das Nussdorf Sammenheim könnte nach meinem Geschmack auch Weichselheim heißen, denn am Ortsausgang in Richtung Spielberg stechen mir die reifen „Amarellen“ ins Auge. Natürlich halte ich an und stibitze mir ein paar von den Früchtchen. Wie es der Teufel will, kommt schon ein einheimischer Radler entgegen und ertappt mich. Gottlob kennen wir uns, und so muss ich mit keinen strafrechtlichen Folgen rechnen. Kurz danach stehe ich an einer Wegscheide. Rechts oder links – oder doch geradeaus? An dieser Stelle darf ich den Zweckverband-Radführer zitieren: „Wenn keine Schilder, bitte immer geradeaus fahren!“ Am Wegesrand blüht nicht nur der Bärenklau, auch Disteln ragen aus dem hohen Graswuchs heraus.

Es geht ganz schön hinauf bis nach Spielberg. Kurz vor dem Ort offenbart sich mir eine dörfliche Ordnung der besonderen Art, denn ich sehe die wilde Ablagerung eines ausrangierten Schleppers und anderer landwirtschaftlicher Geräte, ja sogar Wohnwägen sind vom Gras überwuchert. Wie schön, dass mir wenig später der Brauereigasthof Gentner mit seinem üppigen Blumenvorgarten begegnet. Gern würde ich einkehren und mich zu den Urlaubsgästen gesellen, die im Hof vespern, aber ich habe keinen Cent in der Tasche und die mir bekannte Chefin ist auch nicht da, die mir vielleicht einen Schoppen spendieren könnte. Auf einer Ruhebank, die fast so alt ist wie ich, gebe ich mich meinen Gedanken hin. Der Maishäckler rauscht monoton.

Bevor ich weiterradle, bin ich als Retter der Umwelt gefordert. Ich hebe die leere Marlboro-Schachtel auf, an anderer Stelle die Plastikverpackung eines Spielzeugautos. Dazu muss ich sagen, dass ich zum Verdruss meiner lieben Ehefrau (frei nach Ephraim Kishon: „Die beste von allen“) den Rette-die-Welt-Auftrag in letzter Zeit immer häufiger in mir verspüre, indem ich den Plastikmüll entlang der Geh- und Radwege aufsammle und ihn daheim in unserer Mülltonne entsorge. Für derlei vorbildliches Umweltverhalten warte ich übrigens schon seit Jahren auf den „Bayerischen Umweltpreis“. Aber wie heißt es so schön? Der Dank wird dir ewig nachschleichen und dich nie erreichen!

So zische ich auf dem Radweg hinunter nach Gnotzheim. Mit gefällt es, dass hier Linden-, Ahorn- und Obstbäume den Weg säumen. Auf dem ansteigenden Flurbereinigungsweg nach Weilerau glänzen die neun Windräder in der Abendsonne, auf der anderen Seite rennt ein nervöses Feldhäschen vor mir hin und her, bis es sich endlich aus dem Staub macht.

Oberhalb der Letzleinsmühle angekommen, suche ich den Wegweiser. Ich finde ihn erst auf dem zweiten Blick, denn er ist eingewachsen und fast nicht mehr erkenntlich. Das ist übrigens das erste – und einzige – Mal, dass ich die Markierung kritisieren muss. Der Radweg 3 ist super ausgeschildert. Ich meine, das verdient gelobt zu werden, denn oftmals finden die Radler ganz andere Verhältnisse vor. Vor der Simonsmühle schwenke ich nach links ab und erreiche Nordstetten. Ich kenne das Dorf schon lange, aber ich finde, es war noch nie so schön wie heute. Das tolle Rosenjahr lässt den Rosenbauer (Gasthaus) in üppigen Farben leuchten, auch die benachbarten Anwesen sind auffallend sauber und schön anzusehen.

Ich habe Maicha im Blick vor mir und biege nach rechts ab, um an einem kleinen Landschaftsweiher anzuhalten. Die Schlotfeger sprechen mich an. Das Gequake der Frösche begleitet meine Gedanken, und mir kommt in den Sinn: Diese Einsamkeit ist doch etwas Genussvolles! Als ich die Tour an der Stadthalle beende, da zeigt mein Tacho 32 Kilometer an, ein paar mehr als in der Karte stehen. Wenige Minuten später sitze ich im Storchen-Biergarten und weiß: Jetzt hast Du Dir ein Weizen verdient!

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