In Laubenzedel haben Bio-Schweine ein schönes Leben
12.8.2015, 16:14 UhrDie Schweine von Bauer Herbert Gutmann waren kaum da, da waren sie auch schon wieder weg. Er hatte die 14 Ferkel im Mai gerade erst in ihrem Gehege abgesetzt, da krabbelten die Tiere, damals noch viel kleiner als heute, durch die Ritzen im Zaun nach draußen und wuselten fröhlich durch den Gunzenhäuser Stadtteil. Schweine sind Herdentiere – büchst eines aus, dann laufen die anderen hinterher. Zwölf Schweine fingen Frau und Kinder von Herbert Gutmann ein, eines entdeckte er abends hinter einer Hecke und das letzte schnappte ein junges Paar in einem Vorgarten. Dass Schweine abhauen, ist eigentlich ein gutes Zeichen: Es sind intelligente, neugierige Tiere mit Entdeckerdrang, den sie in der Massenhaltung aber nur selten ausleben können.
Seitdem hat Herbert Gutmann auch nur Freude an seinen Schweinen gehabt. An seinen Bio-Schweinen, genauer gesagt. Denn die Tiere wachsen bei ihm nach den strengen Richtlinien des Anbauerverbands Bioland auf. Angefangen hat Öko-Landwirt Gutmann mit zwei Schweinen für den Eigenbedarf, die er in seinem alten Kuhstall untergebracht hatte. Er selbst wollte kein Schweinefleisch aus konventioneller Produktion mehr essen – wegen der Antibiotika-Rückstände darin, sagt er. Dass die Deutschen gerade bei Lebensmitteln so viel sparen, versteht er nicht: „Wir machen uns Gedanken über den dritten Urlaub oder das zweite Auto, aber beim Fleisch geht es plötzlich darum, ein paar Pfennige zu sparen“, sagt er. Und je billiger das Fleisch sein soll, desto mehr müssen Schweine leiden. „Das haben die Tiere nicht verdient. Es ist schlimm genug, dass sie geschlachtet werden, da sollen sie vorher wenigstens ein schönes Leben haben“, sagt Gutmann.
Vor zwölf Jahren hat er angefangen, auf seinem Hof mit den Kühen, den Kartoffeln und dem Getreide auf Bio zu setzen, etwas anderes kam für ihn nicht in Frage. In einer Branche, in der sich auch Bio immer mehr zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt hat, ist der 50-Jährige ein Idealist geblieben. Aber dass die Nachfrage nach Bioprodukten steigt und auch das Ansehen immer besser geworden ist, das motiviert ihn schon: „Das ist wie ein Tritt in den Arsch“, sagt er.
Aber weil die Anforderungen hoch sind, ist die Bio-Haltung von Schweinen nicht einfach. Bio-Tiere bekommen zum Beispiel im Gegensatz zu konventionell gehaltenen Schweinen Auslauf im Tageslicht, sie haben deutlich mehr Stallfläche zur Verfügung (1,1 bis 1,3 Quadratmeter statt 0,65 bis 1 Quadratmeter) und ihre Schwänze dürfen nicht abgeschnitten werden. Die Auslauffläche muss mindestens 0,8 beziehungsweise einen Quadratmeter pro Schwein betragen. Über mangelnden Platz können sich die 14 Schweine von Bauer Gutmann auf jeden Fall nicht beklagen: Sie können auf insgesamt rund 150 Quadratmetern Stall- und Auslauffläche herumtoben – das macht stolze elf Quadratmeter pro Tier. Fressen müssen die Schweine nur Bio-Futter, also ungespritztes Getreide und Kartoffeln und junges Gras. Das ist wichtig für die Eiweißzufuhr, sonst verfetten die Tiere. „Früher war das kein Problem, da waren die Leute alle dürre Teufel, die wollten Fett essen“, sagt Gutmann. Doch heute, wo jeder auf seine Figur achtet, ist Fett am Fleisch nicht mehr so gerne gesehen – egal ob Bio oder nicht.
Die Schweine sind jetzt sechs Monate alt, bevor der Winter kommt, werden sie geschlachtet. Das macht Gutmann nicht selbst, er würde es nicht übers Herz bringen. Stattdessen fährt er sie mit dem strohgefüllten Hänger zum Schlachter und bittet den, er möge „Gnade und Vorsicht walten lassen“. Verkauft werden die Bio-Tiere als halbe Schweine. Fürs Kilo verlangt Gutmann 3,50 Euro, dazu kommen aber noch die Kosten für den Metzger. Weil ein schweres Schwein schon mal 120 Kilogramm auf die Waage bringt, ist das Angebot nur etwas für Menschen, die mit so viel Fleisch auch etwas anfangen können. Oft tun sich zwei, drei zusammen, es sind meist solche, die sich ganz bewusst für Bio-Fleisch entscheiden. Die Unkosten von Bauer Gutmann werden damit wohl gedeckt werden, große Gewinne sind nicht zu erwarten. Dennoch sollen spätestens im Mai kommenden Jahres die nächsten Tiere ein gutes Leben auf dem Hof bekommen. Denn es geht ja auch um etwas anderes als nur ums Geldverdienen. „A Freud hab‘ ich ja auch an den Tieren“, sagt der Landwirt.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen