Kontinuität im steten Wandel der Zeit

Wolfgang Dressler

Altmühl-Bote

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14.7.2018, 06:19 Uhr
Kontinuität im steten Wandel der Zeit

© Wolfgang Dressler

Des Öfteren ist die Rede davon, dass nun eine Ära zu Ende gehe. Das erscheint oft übertrieben. An diesem Samstag jedoch darf mit gutem Gewissen vom Abschluss einer Ära gesprochen werden. Schwester Juliane Mahnel wird als Leiterin der Mädchenrealschule Hensoltshöhe verabschiedet. 26 Jahre lang stand sie an der Spitze dieser Privatschule, deren Träger die Höh’ ist. Und schon zuvor wirkte sie 17 Jahre an dieser Schule, die vermutlich ab dem neuen Schuljahr nicht mehr ganz dieselbe sein wird.

"Ich bin irgendwie im Lauf der Zeit zu einer Gunzenhäuser Institution geworden", merkt die 67-Jährige mit einem Lächeln an. Und sie wird auch im Ruhestand der Altmühlstadt erhalten bleiben. Sie bleibt im Wohnpark der Hensoltshöhe-Schwestern an der Frickenfelder Straße wohnen. Von der Realschule will sie sich aber in aller Regeln fernhalten, keine "graue Eminenz" spielen. Ihrer Nachfolgerin Anita Blasig, die von der Franz-von-Lenbach-Schule in Schrobenhausen kommt, drückt sie beide Daumen für einen erfolgreichen Start.

43 Jahre an ein und demselben Arbeitsplatz, da schweift der Blick zurück zu Zeiten, als die Schülerinnen mechanische Schreibmaschinen bedienten, als fast nur Diakonissen im Kollegium waren, als die Schule noch ein Internat hatte. Der Wandel, der sich in der Gesellschaft und damit auch in den Schulen vollzogen hat, ist enorm. Für die Lehrer und die Schulleitung stellte sich immer die Aufgabe, diesen Wandel zu erkennen und zu begleiten, auf der Höhe der Zeit zu sein und doch Kontinuität walten zu lassen und die Qualität der pädagogischen Betreuung hochzuhalten. Es gehe auch heute noch darum, die Mädchen bestmöglich aufs Leben vorzubereiten, und das vor einem christlichen Hintergrund, zu dem sich die Schule verpflichtet fühlt, betont die Diakonisse. Es handele sich wohlgemerkt um einen Versuch — was die Mädchen mit dem Rüstzeug, das sie auf der Höh’ erhalten, anfangen, sei ihre Sache. Eine erfahrene Lehrkaft muss eben erkennen, wie weit ihr Einfluss geht und wo dieser seine Grenzen findet.

Der Erfolg der Schule beruhe vor allem auf ihrem guten Ruf. Die Eltern der Schülerinnen könnten sich darauf verlassen, dass das Zeugnis der Realschule viel wert ist, dass man damit etwas anfangen kann. Die Absolventinnen finden leicht eine Lehrstelle, gehen zu weiterführenden oder Spezialschulen.

Der Jugend zugewandt

"Wir schauen auf die Mädels, wir haben immer einen offenen Blick für sie. Wir praktizieren Fürsorge, und wir reden mit Schülerinnen wie Eltern, wenn es nicht so gut läuft." So definiert die baldige Direktorin a. D. das Prinzip der Zuwendung. Gerade in Krisenzeiten eines Kindes und in der manchmal nicht leichten Phase der Pubertät müsse die Schule zur Stelle sein. Der Rückgang schulischer Leistungen könne ganz unterschiedliche Ursache haben. Wenn diese bekannt seien, könne man gezielt darauf reagieren. "Und manchmal benötigen auch die Eltern Zuspruch."

Das Einzugsgebiet der Schule hat sich in all der Zeit kaum verändert, umfasst einen Kreis mit einem Radius von etwa 25 Kilometern. Bekannt war die Schule für die lange Liste der bereits angemeldeten Schülerinnen. Das hat sich gelegt, die Jahrgänge wurden kleiner, die Konkurrenz der Schulen und Schularten ist größer geworden. Wenn die jetzigen Zehntklässler verabschiedet sind, wird die Schule komplett zweizügig sein mit etwa 330 Schülerinnen. In den Rekordjahren waren es über 400.

Das Besondere besteht eben darin, dass über all die Jahre nur Mädchen unterrichtet wurden. Schwester Juliane sieht hier mehr Vor- als Nachteile. Wenn es nur Mädchen in den Klassenzimmern gebe, sei die Schülerschaft einfach homogener und so leichter erreichbar und steuerbar als gemischte Klassen. Man könne leichter Regeln vereinbaren, insgesamt sei die Basis für erfolgreiches Arbeiten günstiger. Beispielsweise sei man gut beraten, die Mädels in Mathematik etwas anders zu unterrichten als die Jungen.

Die neue Ära — auch Jungen dürfen dann auf diese Schule gehen — beginnt im Jahr 2019. Schwester Juliane erwartet spannende Jahre. Sie sei jedenfalls nicht grundsätzlich gegen die koedukative Erziehung. Und doch ist sie recht froh, dass die neue Führung dieses Feld zu beackern hat. Sie sieht, dass mit 67 Jahren ihre Arbeitskraft zurückgegangen ist und dass es Zeit wurde, das Feld zu räumen.

Die Schule werde sich weiter wandeln — im Kollegium gibt es ab September keine Diakonissen mehr. Sie selbst sei als Diakonisse fast immer für die Schule dagewesen. Die Gefahr, dass die Schule das Leben dominiere, sei bei dieser Konstellation vorhanden gewesen, vor allem als das Internat noch bestand und sie in der Schule wohnte. Ab dem 1. August beginnt für Schwester Juliane nun die Zeit der Erholung. Nach einiger Zeit wird sie in der Chefetage der Höh’ fragen, ob sie irgendwo gebraucht wird. Dort wird sie dann gerne aushelfen — aber eben nicht in der Schule.

"Ich habe es nach bestem Wissen und Gewissen gemacht", lautet die Bilanz der gebürtigen Nürnbergerin, die sehr wohl weiß, dass derjenige, der vieles zu entscheiden hat, auch viele Fehler macht. Kein Quell der Freude war des Öfteren die Bürokratie, der eine Schulleitung begegnet. Die wird sie ganz bestimmt nicht vermissen. Und dann gibt sie noch einen Satz zum Besten, der typisch ist für Schwester Julianes Berufsauffassung: "Wir wollen Menschen formen und sie nicht mit Wissen vollstopfen."

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