Mehr Tempo 30 in Gunzenhausen

20.8.2015, 08:00 Uhr
Mehr Tempo 30 in Gunzenhausen

© Marianne Natalis

Doch als in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses klar wurde, dass dies aus rechtlichen Gründen nicht realisierbar ist, zog Stadträtin Helga Betz ihren Antrag zurück: „Ich weiß, wann ich verloren habe.“ Und dennoch wird es in Gunzenhausen schon bald eine ganze Reihe neuer 30er-Zonen geben.
„Das sinnlose, zu schnelle Rumgefahre muss aufhören“, gab SPD-Fraktionschef Daniel Hinderks die Richtung seiner Bemühungen vor: „Jede runtergeregelte Straße ist eine gute Straße.“ Und sein Parteifreund Gerd Rudolph beklagte, dass „ein paar Autofahrer grundsätzlich beweisen müssen, wie schnell ihre Autos sind“.

Weniger Auto-kritisch äußerten sich der Freie Wähler Dr. Werner Winter („Gunzenhausen braucht leistungsfähige Durchgangsstraßen.“) und CSU-Fraktionschef Manfred Pappler, der zu bedenken gab, dass bei einer generellen Tempo-30-Zone „die Gunzenhäuser Fahrschulen hier keine Prüfungen mehr abhalten könnten und umziehen müssten“.

Dann ging es daran, die acht Anträge auf Einführung eines Tempolimits abzuarbeiten, wobei bei zweien große Einigkeit und kein Diskussionsbedarf bestand: Demnach werden Autofahrer in der Seckendorffstraße bald ebenso den Fuß vom Gas nehmen müssen wie in der Weißenburger Straße zwischen dem Café am Wehrgang und der Einfahrt zum Schießwasen.

Auch die Bismarckstraße wird im Abschnitt vor der Wirtschaftsschule künftig nur noch „mit angezogener Handbremse“ zu befahren sein. Zwar hatte Manfred Pappler zunächst Bedenken („Wir bauen eine Bremse in eine wichtige innerstädtische Traverse“), stimmte dann mit seinen CSU-Kollegen jedoch einem Vorschlag Werner Winters zu, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf die Schulzeiten zu beschränken. Daniel Hinderks wäre ein Tempolimit ohne zeitliche Beschränkung zwar lieber gewesen („Die Durchfahrt durch Gunzenhausen muss unattraktiver werden; es muss nerven, nur dann haben wir einen Verlagerungseffekt auf die Umgehung.“), schloss sich am Ende jedoch dem einstimmigen Votum an.

„Gefährdungslage fehlt“

Eine ähnliche Regelung fand der Ausschuss für die Nürnberger Straße zwischen Schiller- und Zufuhrstraße: Hier soll künftig während der Betriebszeiten des Kindergartens Tempo 30 gelten. Eine von Gerd Rudolph gewünschte Ausdehnung der limitierten Strecke bis zur Ampelanlage an der Bahnhofstraße ließ sich aus formalen Gründen nicht umsetzen. Bürgermeister Karl-Heinz Fitz: „Dafür fehlt eine konkrete Gefährdungslage.“

Die jedoch erkannten die Stadträte im Bereich des Behindertenheims an der Frankenmuther Straße (zwischen Schmalespan- und Dr.-Heinrich-Marzell-Straße), wo sie sich sehr schnell einig waren, das Tempo des Verkehrs zu drosseln.

Erheblich mehr Gesprächsbedarf bescherte der Antrag, die komplette Strecke Sonnenstraße – Bismarckstraße – Carlo-Loos-Straße zu limitieren. Schon der von der Stadt engagierte Verkehrsplaner Malte Novak riet dringend ab: „Es gäbe eine deutliche Verlagerung hin zur Bühringer-, Bahnhof- und Nürnberger Straße“, sagte er. Da die Bühringerstraße sehr eng sei, empfehle er dringend, dem Antrag nicht zuzustimmen.

Ins gleiche Horn stieß Rathauschef Fitz: „In der Bahnhofstraße haben wir schon jetzt 15 000 Autos täglich. Wenn da jetzt noch einmal 1000 dazukämen, wäre das nicht lustig.“

Manfred Pappler sah sich und seine Kollegen in einer „schwierigen Situation“. Man müsse die Klagen der Anwohner in der Sonnenstraße ernst nehmen, andererseits „sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Wir können den Verkehr nicht nach dem St.-Florians-Prinzip verlagern, dann gäbe es Verkehrsgefährdungen an anderen Stellen.“ So spreche das meiste gegen eine Tempo-30-Regelung auf dieser Strecke.

Zwar zeigten Daniel Hinderks und Helga Betz durchaus Sympathien für eine Tempodrosselung (Betz: „Alle tun so, als sei Tempo 30 das Schlimmste, was einem Autofahrer passieren könne.“), aber das Stadtoberhaupt wies noch einmal auf rechtliche Vorgaben hin: „Ein Streckenverbot ist nicht erlaubt, und für eine Tempo-30-Zone müssten alle Ampeln und Abmarkierungen entfernt werden.“ Ein Argument, das alle überzeugte – und letztlich zur einstimmigen Ablehnung des Antrags führte.

Und auch die „kleine Lösung“ auf dieser Strecke, nämlich eine Tempodrosselung auf der Sonnen- bis zur Bismarckstraße, fiel im Ausschuss einstimmig durch. Möglich wäre sie nämlich nur, wenn man die Strecke zur Tempo-30-Zone erklärte, was wiederum die Entfernung des Radfahrstreifens in der Sonnenstraße bedeuten würde. „Aber wenn man den wegnähme, wäre die Straße optisch breiter, und die Autos würden noch schneller fahren“, stellte Manfred Pappler fest. Und Gerd Rudolph bekannte, in diesem Fall „die Wahl zwischen Pest und Cholera“ zu haben: „Dann sollten wir es lassen, wie es ist. Denn den Radstreifen will ich nicht opfern.“

Ein „Opfer“ gab’s dann trotzdem noch: Denn auch der Antrag, die Fasanenstraße im Baugebiet Reutberg 2 zur 30er-Straße zu machen, fand keine Mehrheit. Zum einen legte Ordnungsamtsleiter Stefan Brändlein Zahlen vor, wonach ohnehin 85 Prozent der Autofahrer dort langsamer als 50 km/h fahren. Und zum anderen eröffnete er den Stadträten, dass er im Fall des Falles mindestens zwölf Verkehrsschilder aufstellen müsste – was auf wenig Gegenliebe stieß. „Wir wollen doch weniger Schilder und nicht mehr“, protestierte Werner Winter. Und auch Hinderks, sonst ein Verfechter verkehrshemmender Maßnahmen, räumte ein: „Wenn kein Druck da ist, sollten wir keinen Schilderwald pflanzen.“

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz, der die Drei-Stunden-Sitzung straff geleitet hatte, bedankte sich zum Abschluss hörbar erleichtert bei seinen Kollegen: „Wir sind heute auf unserem Weg zu einem integrierten Verkehrskonzept deutlich weitergekommen.“

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