Rückblick auf ein bewegtes Leben: Rosenbauer wird 70
24.6.2011, 10:19 UhrRosenbauer, der am Sonntag 70 Jahre alt wird und für seine Gäste ein lockeres Gartenfest ausrichtet, hat die Politik auf der unteren Ebene (als jüngster Bürgermeister Bayerns stand er der Gemeinde Ostheim von 1972 bis 1978 vor, als Kreisrat fungierte er von 1978 bis 1996) genauso erlebt wie als Landrat (1996 bis 2008), er hatte als CSU-Landtagsabgeordneter (von 1984 bis 1994) auch Einblick in die große Politik, ja er konnte punktuell sogar Einfluss nehmen auf wichtige Entscheidungen. Der Freistaat verlieh ihm deshalb den renommierten Verdienstorden.
Zu den immer stromlinienförmigen Abgeordneten hat er nicht gezählt. Allein die Tatsache, dass er Kirchenbeauftragter seiner Fraktion für die jüdischen Gemeinden im Freistaat war, besagt, dass er Unkonventionelles nicht gescheut hat. In seiner Partei und auch in der Öffentlichkeit hatte er deswegen nicht immer einen leichten Stand, ja er ist oftmals mit seinen Gedanken und Reden angeeckt. Beispielsweise hat er gehörig Druck bekommen, als er von der Staatsregierung eine klare Position gegen den Rechtsradikalismus anmahnte. Als ein Mann, der aus dem ländlichen Umfeld stammt, das in den dreißiger Jahren den Nationalsozialisten den Teppich ausgerollt hat, musste er sich auch Unfreundliches anhören. Andererseits beehrten ihn die Juden, denn Rosenbauer durfte als erster deutscher Politiker vor der Münchner Hauptsynagoge reden.
Zuhause in der Agrarpolitik
Obgleich er mit Anfeindungen leben musste, nahm sich der protestantische Abgeordnete nicht zurück. In das Konzept des neuen Dachauer Dokumentationszentrums flossen seine Gedanken mit ein. Seither hat er ein inniges Verhältnis mit Charlotte Knobloch, der langjährigen Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Klar, dass für den Landwirtschaftsmeister die Agrarpolitik das eigentliche politische Zuhause während seiner Landtagszugehörigkeit war. Rosenbauer („Ernst Lechner war mein Lehrer und Mentor“) fungierte immerhin als stellvertretender Agrarsprecher in der Fraktion. Er erlebte die Milchkontingentierung als ein ganz heißes und auch leidiges Thema. Als Bauer und Agrarpolitiker saß er oft zwischen den Stühlen. Zuweilen blies auch der CSU der eisige Wind des Bauernverbands ins Gesicht.
Im Landtag hat er damals den Einzug der Grünen erlebt. Mit der schwarzen Gilde war er felsenfest davon überzeugt, dass die Präsenz der „Alternativen“ im Parlament nicht lange dauern wird. Er hat sich genauso getäuscht wie viele andere. „Feinde“ waren für Rosenbauer die Repräsentanten der anderen Parteien nie. Quer durch alle Fraktionen hatte er beste Verbindungen, ja sogar persönliche Freundschaften. Beispielsweise mit Sepp Daxenberger, dem späteren Landeschef der Grünen. Der forderte ihn im Kreis von Landtagsjournalisten zu einem besonderen Vergleich heraus. Es ging um die Wurst – die bessere Wurst. Was Marianne und Georg dann als fränkische Brotzeit auftischten, das überzeugte auch den eingefleischtesten Altbayern. Rosenbauer erinnert sich gern an diese Episode, zumal er damit den viel zu früh verstorbenen Grünenchef in bester Erinnerung behält.
In der "Schlangenngrube"
Am Rockzipfel der deutschen Geschichte durfte Rosenbauer lupfen, als die Machenschaften des ehemaligen DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski in einem Landtagsuntersuchungsausschuss näher beleuchtet wurden. Immerhin saß dem Ostheimer dabei der berüchtigte Stasi-Boss Erich Milke gegenüber. Von dem cleveren Geheimdienstchef Markus Wolf war er beeindruckt: „Wenn man für Lumpen Sympathie aufbringen kann, dann galt dem größte Sympathie.“
In der Rückschau glaubt der angehende Siebziger, dass für Charakterköpfe, wie der Ehinger Abgeordnete Fritz Bauereisen einer war, in der medialen Gesellschaft von heute kein Platz mehr ist: „Die Politiker sind fleißig, aber alle irgendwie getrimmt.“ Rosenbauer ist mit seinen Landtagskollegen über die Parteigrenzen hinweg ausgegangen, heute ist das eher die Ausnahme. Zumindest die Münchner Abgeordneten waren aber auch damals schon eine „Schlangengrube“, wie sich der Provinzpolitiker ausdrückt.
Immerhin aber verstand er sich mit einem der Vorzeigelinken dieser Zeit, dem Verfassungsrichter Dr. Klaus Hahnzog, ganz gut. Und Günther Beckstein kam bei ihm auch nachts um halb zwölf noch hereingeschneit. Dass ihn parteipolitische Kritiker in seiner Landratszeit als „Schuldenmacher“ hinzustellen versuchten, das lässt ihn kalt, denn er weiß, dass er gerade das Gegenteil getan hat. Die Verbindlichkeiten wurden gravierend abgebaut: „Wir haben in einer schwierigen Zeit eisern gespart, sonst könnten die Nachfolger heute nichts verteilen.“ Wie er sagt, sei ihm der Gleichklang im Landkreis immer wichtig gewesen: also ein klug austariertes Nebeneinander von Gunzenhausen, Weißenburg und Treuchtlingen.
Richtige Diagnose
Nicht widersprechen will er einem Kompliment, das ihm von neutraler Seite gemacht wird. Und das bezieht sich auf die Krankenhausstuktur. Frühzeitig hat er die Schwerpunkte über so manche Ärzteegoismen hinweg neu geordnet. Heute wissen alle, dass das die richtige Strategie war. „Wir haben medizinische Spezialisten an uns binden können, die Fallzahlen sind gestiegen und die Kliniken haben ein gutes Renommee“, sagt er rückblickend. Während andernorts Krankenhäuser geschlossen werden, haben Weißenburg und Gunzenhausen eine Superperformance und niemand muss einen Aderlass befürchten. Dass er damals mit den Krankenhausdirektoren die richtigen Berater an seiner Seite hatte, will er nicht unterschlagen.
Dem Gunzenhäuser Gymnasium war Georg Rosenbauer immer zugetan. Zuerst war der Vater von sechs Kindern Elternbeiratsvorsitzender, danach garantierte er kraft seines hohen Amtes mit einer 19-Millionen-Euro-Investition die Zukunftsfähigkeit der Schule. „Die zwölf Jahre als Landrat waren ein Knochenjob“, räumt er ein. Nicht immer haben seine Mitstreiter auf Anhieb verstanden, was er wollte. „Weil der Landkreis aus Sparsamkeit selbst die Mitgliedschaft zum Roten Kreuz streichen musste, habe ich mit meiner persönlichen Mitgliedschaft dagegengehalten, um die Enttäuschung abzuschwächen“, sagt er.
Aber es hat auch andere Signale gegeben, beispielsweise die aus dem Steinbruchgebiet im Süden des Kreises. Die Unternehmer folgten seiner Idee, die längst notwendige und von ihnen immer wieder angemahnte Erschließungsstraße selbst vorzufinanzieren. Das war zu Beginn seiner zwölfjährigen Amtszeit. Der Ausstieg aus dem politischen Geschäft ist ihm 2008 nicht schwer gefallen, zumal er im biblischen Sinne „der Stadt Bestes“ getan hatte. Dass er sich seither im öffentlichen Leben rar gemacht hat – in drei Jahren ist er nur zwei offiziellen Einladungen gefolgt –, das entspricht seinem Verständnis von einem politischen Ruheständler.
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