Klassischer Wahlkampf wird vermisst
Umfragetief bei CSU: "Laschet-Faktor" wirkt sich negativ aus
10.9.2021, 17:03 UhrMarktzeit in Gunzenhausen ist an jedem Donnerstag, und kurz vor einer wichtigen Wahl sind dort die Parteien präsent. Am fleißigsten war bisher die Gunzenhäuser CSU mit ihrem neuen Vorsitzenden Manuel Blenk. Er hatte versprochen, den Direktkandidaten Artur Auernhammer mit allen Kräften zu unterstützen. Die neuen Umfragen, die von einem CSU-Ergebnis von unter 30 Prozent ausgehen, sind natürlich nicht nach dem Geschmack der CSU-Aktiven.
Direktkandidat Artur Auernhammer (Weißenburg) war am gestrigen Donnerstag in Gunzenhausen. Den Trend, dass es mit der Union in den Umfragen abwärtsgeht, stellt er nicht in Frage. Seit Dienstag waren die neuen, für die CSU ernüchternden Zahlen Thema in der Bundeshauptstadt. "Die Entwicklung ist da, wir merken es in ganz Deutschland", sagt der MdB.
Und den "Laschet-Faktor" will er in diesem Zusammenhang auch nicht abstreiten. Die Befürchtungen, die sich mit der unionsinternen Entscheidung für Laschet und gegen Söder auftaten, hätten sich leider bewahrheitet. Jetzt gelte es für ganze Union, geschlossen aufzutreten. Den Trend umzukehren, gelinge nur mit einem höchst intensiven Wahlkampf, und genau den führe er seit Wochen.
Letzten 16 Jahre zählen kaum
Auernhammer sieht, dass sich die Bürger diesmal noch mehr als sonst ganz auf die Spitzenkandidaten konzentrieren. Das gelte für Union wie SPD. Während Armin Laschet, ein durchaus erfolgreicher Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, der zudem am Dienstag im Bundestag eine sehr gute Rede gehalten habe, Probleme habe, beim Wahlvolk zu punkten, erfahre auch die SPD die Bedeutung des Spitzenkandidaten, in diesem Fall für sie im positiven Sinne. Die Partei SPD und ihr Programm träten völlig in den Hintergrund. Und leider zähle derzeit in der öffentlichen Diskussion, was CDU und CSU in den letzten 16 Jahren unter Kanzlerin Merkel erreicht hätten, so gut wie gar nicht.
Genau das hätte Auernhammer gerne bei einer großen Kundgebung aufs Tapet gebracht, etwa im Festzelt der Gunzenhäuser Kirchweih. Es gibt bekanntlich kein Fest und damit auch keine CSU-Wahlversammlung dort. Auernhammer hätte am liebsten Armin Laschet nach Gunzenhausen geholt, und die Chancen, dass dieser zugesagt hätte, wären durchaus vorhanden gewesen. So aber merkt der Bewerber nur an: "Das Gunzenhäuser Festzelt fehlt mir einfach."
Eine große Unbekannte bei dieser Wahl ist für den MdB aus der Kreisstadt die hohe Zahl der Briefwähler. Was das tatsächlich bedeute, werde man wohl erst am Wahlabend sehen.
Viele tun sich schwer
CSU-Ortsvorsitzender Manuel Blenk setzt hinter die Umfragen an sich ein großes Fragezeichen. Er hält sie für wenig aussagekräftig. Zugleich hat er erkannt und will es nicht abstreiten, dass sich diesmal viele Menschen mit ihrer Entscheidung schwer tun. Da gibt es noch die CSU-Stammwähler, die den Parteiaktiven auch diesmal ihre Treue bekunden. Doch andere wissen nicht recht, wo sie ihr Kreuz bei der Zweitstimme hinsetzen sollen.
Ihnen "predigen" die CSU-Wahlkämpfer, dass gerade die Zweitstimme darüber entscheide, ob es zu einem grundlegenden Politikwechsel kommt oder nicht. Es gelte, den Leuten bewusst zu machen, was passieren würde, sollte die Union nicht mehr an der Regierung beteiligt sein. Es drohe ein "Staatsumbau".
Vieles in Deutschland werde für selbstverständlich gehalten. Blenk nennt den Wohlstand vieler, den funktionierenden Sozialstaat. Dass Deutschland so gut dastehe, werde quasi vorausgesetzt. Vor diesem Hintergrund tue sich die Bevölkerung schwer, in diesem Wahlkampf zwischen den Parteien zu unterscheiden und deren Profil zu erkennen. Die wirklich wichtigen politischen Themen seien bisher zu kurz gekommen. Für Blenk, selbst am Landratsamt in Weißenburg beschäftigt, ist es absolut zwingend, dass ein Bürokratieabbau kommen müsse. Und bei der Digitalisierung, gerade in den Behörden, müsse zugelegt werden.
SPD-Aufwind auch am Wochenmarkt spürbar
Auf dem Wochenmarkt waren auch die Gunzenhäuser Sozialdemokraten mit einem großen Infostand vertreten. Es laufe gut im Wahlkampf, hieß es. Die Resonanz sei gut, die Leute wollten viel Infomaterial mit nach Hause nehmen, das sei nicht immer so gewesen. Direktkandidat Harry Scheuenstuhl merkt von Rothenburg bis Weißenburg, also im gesamten Wahlkreis Ansbach, dass die SPD im Aufwind sei.
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Die Umfragen gäben wichtige Hinweise, bekannt sei aber der Unsicherheitsfaktor von drei bis vier Prozent. Und man müsse genau hinschauen, wer die jeweilige Umfrage in Auftrag gegeben habe. Auf jeden Fall sei festzustellen: "Scholz strahlt aus." Und über Armin Laschet werde in der Bevölkerung einfach wenig geredet, so seine Erfahrung aus den letzten Wochen.
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