Händler macht Hauptmarkt zum "Adolf-Hitler-Platz": Wirbel um rechten Hass in Schaufenster

Rurik Schnackig

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2.2.2021, 19:53 Uhr
Händler macht Hauptmarkt zum

© Bündnis Nazistopp/privat

"Snowburg" nennt sich das schmale Souvenir-Geschäft an Nürnbergs prominenter Stelle. In einer normalen Saison kaufen Touristen dort Karten, kleine Mitbringsel und Fahnen. Ausgerechnet an dieser exponierten Stelle hat der Inhaber eine mindestens sonderbare Form gewählt, um seine Wut über die aktuelle Situation auszudrücken: Die von innen beklebte Schaufensterscheibe wirkt wie ein Mitteilungszentrum von Rechtsextremisten.

Wirre Aussagen

Händler macht Hauptmarkt zum

© Bündnis Nazistopp/privat

Im ganzen Satz heißt die eingangs erwähnte Botschaft auf dem eilig bekritzelten Plakat: "Ehemaliger Adolf-Hitler-Platz / Müssen wir in Zukunft Adolf Hitler Souvenirs verkaufen?" Das komplette Schaufenster ist mit mehr oder weniger ähnlich wirren Aussagen versehen. Auf einem anderen Plakat wird mit Bezug auf die Aufnahme von Geflüchteten beklagt, dass "die angesparten wirtschaftlichen Reserven eines vereinigten Volkes fremden Personen geschenkt" werden würden.

Im Hintergrund deutlich zu sehen ist eine schwarz-weiß-rote Flagge, ähnlich der Reichsflagge, die gern von Neonazis gezeigt wird. Erst bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es sich um die quer aufgehängte Ägyptische Flagge in der gleichen Farbgebung handelt. Zufall?

Wie reagiert die Stadt?

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© Bündnis Nazistopp/privat

Das Nürnberger Bündnis Nazistopp sieht in der gesamten Gestaltung eine rechtsgerichtete Installation. "Diese falsche und die Nazizeit verharmlosende Gleichsetzerei kennen wir zu Genüge aus der ,Corona-Rebellen-Szene’", teilt das Bündnis mit. "Aber in diesem Fall kommen auch deutlich rassistische und völkische Töne dazu."

Wie geht die Stadt mit dieser Form des Protestes um? Wirtschaftsreferent Michael Fraas hat es prüfen lassen. Sowohl das Ordnungsamt als auch die Polizei haben sich bereits damit befasst, bestätigt er. Ergebnis: Ein ordnungswidriges oder strafbares Verhalten liege nicht vor. Demnach habe auch die Stadt keine Handhabe.

Inakzeptabel und makaber

Dass die rechtlichen Grenzen haarscharf ausgelotet sind, aber das moralische Empfinden hier deutlich verletzt ist, sieht auch Fraas so: "Vergleiche mit dem NS-Regime sind inakzeptabel und makaber. Damit schadet sich der Ladeninhaber selbst."

Ein Kontakt zu diesem ließ sich nicht herstellen. Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass er besonders stark unter den Corona-Maßnahmen zu leiden hat. Denn selbst zu jener Zeit, als der Laden wieder öffnen dürfte, kann man von immensen Verlusten ausgehen: Ohne Touristen fehlte die entscheidende Käuferschicht.

Geschäft mit Touristen

SPD-Stadtrat Michael Ziegler, der sich auch schon mit der "Zierde" beschäftigt hat, würde gern den Dialog mit dem Inhaber suchen, um zu erfahren, was wirklich dahinter steckt. Purer Frust oder eine Ideologie? Der willkürliche Bezug zu Nazizeit verbietet sich in jedem Fall auch für ihn. "Vor allem für jemanden, der von Touristen lebt. Der gräbt sich noch das letzte Wasser ab."

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