Hat eine Verkäuferin Peggy noch gesehen?

12.3.2014, 00:00 Uhr
Hat eine Verkäuferin Peggy noch gesehen?

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In einem mehrseitigen Schreiben an Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz, der die neuen Ermittlungen im Fall Peggy koordiniert, nennen die Unterstützer konkrete Hinweise. „Aus den uns vorliegenden Verfahrensakten ist eindeutig ersichtlich, dass in keinster Weise in Lichtenberg ein Mord stattgefunden hat“, schreiben sie.

Es werde Zeit, dass man auch ernsthaft in andere Richtungen ermittelt, klagt Gudrun Rödel (65), die Betreuerin von Ulvi K. Mit einem „Seher“ sei die Polizei in Hof an die Saale gegangen, der dort die tote Peggy vermutete. Dabei gebe es genügend Hinweise, die eher auf eine Entführung denn auf eine Ermordung hindeuten, urteilt Rödel, eine ehemalige Rechtsanwaltsgehilfin.

So sei die kleine Peggy am 7. Mai 2001 noch den ganzen Tag und sogar abends von Zeugen — unabhängig voneinander — in Lichtenberg gesehen worden. Nach dem Urteilsspruch aus dem Jahr 2004 soll Ulvi jedoch das Mädchen zwischen 13.15 Uhr und 14 Uhr ermordet und ihre Leiche beseitigt haben. Das tote Kind wurde nie gefunden.

Tschechisches Kennzeichen

Rödel, die seit bald neun Jahren akribisch jedes Detail sammelt, das ihren geistig behinderten Schützling entlasten könnte, hat in den Akten eine ganze Reihe an Zeugenaussagen gefunden, die ihrer Meinung nach nicht gewürdigt wurden. Einige seien sogar falsch protokolliert worden, hat die Betreuerin in eigenen Recherchen herausgefunden. So taucht auch immer wieder der Hinweis auf einen roten Mercedes mit tschechischem Kennzeichen auf.

Ein Ehepaar gab beispielsweise zu Protokoll, es habe beobachtet, wie am zentral gelegenen Henri-Marteau-Platz ein dunkelhaariger Mann und eine dunkelhaarige Frau am 7. Mai während der Dämmerung ein Mädchen in ein Auto zerrten. Sie seien überzeugt, dass es sich um Peggy gehandelt habe.

Bereits einen Tag nach dem Verschwinden hatten zwei Zeugen unabhängig voneinander auf einem Grundstück in Lichtenberg eine südländisch aussehende Frau mit einem Mädchen an der Hand gesehen. Die Zeugen hätten Peggy nicht gekannt und zu diesem Zeitpunkt auch nichts von der Suchaktion nach ihr gehört, schreibt Gudrun Rödel an Oberstaatsanwalt Schmalz.

„Umso größer die Bedeutung ihrer Aussage: Die Beschreibung des Mädchens und deren Kleidung passten genau auf die verschwundene Peggy. Die beiden Zeugen wurden nicht bei Gericht gehört.“

Karo, ein Verein gegen Zwangsprostitution, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Kindern in Plauen, erhielt wenige Tage nach dem 7. Mai die Mitteilung von einem Mitarbeiter in Tschechien, dass Peggy dort möglicherweise in einem roten Mercedes gesehen worden sei.

Ebenfalls einige Tage nach dem Verschwinden fiel einer Geschäftsfrau in Taufkirchen ein südländisch aussehender Mann mit einem Mädchen an der Hand in ihrem Stoffladen auf. Sie war überzeugt, dass es sich dabei um Peggy handelte. Das geparkte Fahrzeug vor der Tür hatte ein tschechisches Kennzeichen.

Die Staatsanwaltschaft ließ die Frau erst jüngst befragen. „Ihre damalige Aussage vor Ort war angeblich verloren gegangen“, notiert Gudrun Rödel erbost.

Auch in Pforzheim sah einige Tage nach dem 7. Mai eine Verkäuferin eine Frau in ihrem Geschäft mit einem Mädchen an der Hand, das ihr wegen deren „strahlend blauen Augen“ sofort auffiel. Sie vermutete, es könne sich um Peggy handeln.

Nach einem Fernsehbericht am Abend war sie sich dessen ganz sicher. Die Verkäuferin erstellte ein Phantombild der unbekannten Frau mit dem Kind. Diese sah „wie aufs Haar einer Person aus der Familie des Stiefvaters von Peggy ähnlich“, schreibt Gudrun Rödel. Im Dezember 2001 habe die Verkäuferin die Frau und das Kind nochmals gesehen. „Vernehmungs- und Ermittlungsprotokolle sind in den Verfahrensakten nicht mehr auffindbar“, kritisiert Rödel.

Das Schweigen der Mutter

Die Betreuerin erinnert den Oberstaatsanwalt daran, dass die neue Freundin von Peggys Stiefvater zu diesem Zeitpunkt in Pforzheim lebte. Es sei sehr mysteriös, dass Susanne K., Peggys Mutter, mit dieser Frau im September zusammengetroffen sei.

„Traf sie auch ihre Tochter Peggy?“, fragt nun Rödel. „Das Schweigen der Mutter hinterlässt den Eindruck, dass ihr sehr wohl Vorgänge im Zusammenhang mit dem damaligen Verschwinden ihrer Tochter bekannt sind.“

Der Bayreuther Staatsanwaltschaft lag das Rödel-Schreiben gestern noch nicht vor. Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Potzel will sich erst heute dazu äußern. Doch zu Details der Ermittlungen gebe er keine Auskunft, sagte er unserer Redaktion.

So auch nicht zu der Zeugenaussage, dass sich Peggy drei Monate nach ihrem Verschwinden per Telefon bei ihrer besten Freundin gemeldet habe oder dass Peggy in der Türkei gesichtet worden sein soll. Wieder bleiben viele Fragen offen.

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