Schäufele "to go": Hilpoltsteiner Gastwirte werden kreativ
2.4.2020, 18:27 Uhr2006 haben das Ehepaar Mike und Alice Miemczyk das Wirtshaus "Gutmann zur Post" samt Hotel "Zum Schwarzen Ross" (seit 2012) am Hilpoltsteiner Marktplatz übernommen. Die Mitarbeiter wurden jetzt in Kurzarbeit geschickt, aber die Wirtsleute halten die Küche am Laufen. "Die Umstellung auf Abholung war anfangs schon recht schwierig für uns, wir sind halt kein typischer To-Go-Betrieb", sagt Miemczyk.
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Inzwischen wurde die Speisekarte reduziert und umgestellt. Auf der "Corona-Abholkarte" zu finden sind neuerdings auch Burger. Darunter auch eine vegetarische Variante, die sehr gut angenommen werde. "Und Schnitzel geht immer", hat Miemczyk festgestellt. Die Leute können auf Wunsch auch ihre eigenen Töpfe und Behältnisse zum Abholen der Speisen mitbringen. Wie auch schon vor der Krise würden viele Gäste jetzt verstärkt kontaktfrei ohne Bargeld und dafür mit Karte zahlen; sonst würden sowohl das Essen wie auch das Wechselgeld mit Handschuhen überreicht.
Von vielen Behörden enttäuscht
Übernachtungsgäste hat das dazugehörige Hotel derzeit kaum. Kein Wunder, dürfen momentan doch nur Handwerker oder Geschäftsreisende mit triftigem Grund und Bestätigung ihres Arbeitgebers auswärts nächtigen. Ein paar Monteure, die an der Schleuse arbeiten, sind die einzigen Hotelgäste, rund die Hälfte der Zimmer ist stillgelegt. Absagen wie beim Ritterfest oder beim Challenge seien besonders schmerzhaft. Wegen der unklaren Lage, wie lange die Corona-Krise dauert, würden sich die Stornierungen bis in den August hineinziehen. Trotzdem hofft Miemczyk, dass es Anfang Mai wieder aufwärts geht. Gut informiert über die aktuellen Entwicklungen und Hilfen für die Branche fühlt er sich vom Hotel- und Gaststättenverband, von vielen Behörden hingegen ist er enttäuscht: "Da bekommt man nicht mal die Info, dass ein Antrag eingegangen ist."
Das Gasthaus Bögl hat erst vor ein paar Jahren viel in ein neues Gästehaus investiert. Aber auch hier derzeit: Wenige Gäste, dafür viele Stornierungen. "Bis in den September hinein haben die Leute abgesagt, und dass der Challenge, das Ritterfest und auch praktisch alle Messen ausfallen, macht die Situation nicht besser", sagt Wirt Bernhard Lehner. Zusammen mit seiner Familie hält er den Betrieb aufrecht, alle anderen Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. "Nicht mal ein normales Frühstück im Gastraum ist aufgrund der Situation erlaubt. Die Leute suchen sich stattdessen am Tag davor aus, was sie essen wollen, und das stellen wir ihnen dann morgens vor die Zimmertür". Die Möglichkeit, Essen zum Mitnehmen zu bestellen, gab es auch schon vor der Krise, "aber dieses Angebot haben wir jetzt ausgeweitet". Auch im Gasthaus Bögl sind vor allem Speisen wie Schnitzel oder Cordon-Bleu gefragt, am Sonntag gibt es typische Sonntagsgerichte wie Schäufele – mit Vorbestellung.
"Das läuft ziemlich gut und erfreulicherweise befinden sich unter unseren Gästen auch viele neue Gesichter", sagt Lehner. Er geht davon aus, dass sich die Situation mindestens bis Ende April nicht ändern wird. "Allerdings hat jetzt jeder Betrieb die gleichen Voraussetzungen, und alle müssen sich überlegen, wie sie damit zurechtkommen."
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Auch Vassilios Margaritis, der Inhaber des griechischen Stadthallen-Restaurants, hat sich angesichts der ernsten Lage seine Gedanken gemacht – und ab dem 1. April einen Lieferservice eingeführt. Dass die Leute bei ihm Essen zum Abholen bestellen, ist für ihn jedoch nichts Neues: "In der ersten Woche war noch wenig los, aber seit dem zweiten Wochenende steigen die Zahlen".
Eigentlich sei er sogar "recht zufrieden" derzeit und auch die Leute, die vorbeikommen, würden sich über die Abwechslung freuen, meint Margaritis. "Klar, die wollen raus, halten mit uns beim Warten auf das Essen ein Schwätzchen, lachen viel, und bekommen dazu natürlich einen Ouzo, auch einen für zuhause." Mit dem neuen Lieferservice werde man nun auch die Leute besuchen, "die nicht rauskommen oder -wollen". Neue Kunden habe er bis jetzt kaum gesehen, "dafür kommen viele unsere Stammgäste sogar mehrmals die Woche vorbei. Es ist wirklich toll, wie die uns unterstützen".
Hauptsaison fällt heuer aus
Auf viele Stammgäste kann der neue Wirt vom "Bistro 1601" nicht zählen. Kein Wunder, erst vor einen Monat hat Nana Maysuradze das Bistro am Hilpoltsteiner Marktplatz übernommen – und jetzt das. "Die Leute kennen uns noch nicht", beklagt er, dementsprechend schlecht laufe auch sein Lieferservice. Auf Facebook habe er die Infos dazu samt seiner Karte eingestellt, aber bis jetzt gebe es darauf kaum Resonanz. "Es ist schwierig für die Zukunft zu planen, weil wir nicht wissen, wie lange wir zu haben müssen", sagt der Wirt. "Wir müssen halt Geduld haben."
Der Geduldsfaden ist bei Claudia Stamminger, Wirtin vom Gewölbekeller "Zwinger", längst gerissen. "Niemand weiß, was morgen ist, und in den Medien erzählt jeder Fachmann etwas Anderes. Kein Wunder, dass die Leute panisch reagieren", ärgert sie sich. Und: "Man weiß als Laie gar nicht mehr, was man denken soll."
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Ihr Lokal treffe die Corona-Krise besonders hart. Zum einen gehöre die Zeit um Ostern herum zu ihrer Hauptsaison, "und zum anderen kommen die Leute hauptsächlich in meinen Keller, um sich nach Feierabend in gemütlicher Runde zu treffen, und genau das ist derzeit nicht erlaubt". Den meisten Umsatz mache sie mit Getränken, "und dazu essen die Leute dann was".
Ob es ihr bei diesem Geschäftsmodell hilft, einen Lieferservice einzurichten, daran hat sie ihre Zweifel. Und nur noch eine Hoffnung: Dass die Krise bald vorbei ist.
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