Applaus für den "Anarchohumor"
8.4.2019, 14:00 UhrEin Auftritt, nach dem man sich fragt: "Was war das eigentlich?" Denn Egersdörfer hatte nicht zu viel versprochen, als er zu Beginn von einem nicht vorhandenen Gesamtzusammenhang und Rätselhaftigkeit des Programms sprach. Aber mögen die Texte anscheinend sinnfrei sein, so macht das Zuschauen und Zuhören einfach Spaß. Es ist eine exzellente Aufführung, die die Künstler darbieten. Egersdörfer als Frontmann, ganz in weiß gekleidet mit einer grandiosen Bühnenpräsenz.
Robert Stephan, der mit Sopransaxophon, Bassklarinette und Gitarre zu glänzen weiß, Samuel Meier an der Gitarre, Lothar Gröschel am Akkordeon und Tilo Heider am Schlagzeug sind brillante Musiker, die noch dazu singen können. So unterstützen sie Egersdörfer nicht nur instrumental, sondern auch mit ihren Stimmen. Sei es als Chor, im Kanon oder im Wechselgesang sind sie stimmlich präsent, wenn Egersdörfers kuriose Texte zum Klingen gebracht werden.
Mit dem Begriff "Anarchohumor" lässt sich das Textsammelsurium wohl am besten beschreiben. Es ist Humor, der um seiner Skurrilität willen gemacht wird. So wenn das Kurzlied Stalingrad, das weniger als eine Minute dauert, mit der Melodie von "Jingle Bells" unterlegt wird. Schwäne, die sich in Tretboote verlieben, Regensburger Domspatzen, die Robert Stephan zum Fraß vorgeworfen werden, damit er wie Placido Domingo singen kann, Nekrophilie und diverse sexuelle Phantasien, all das sind Themen, die die fünf Akteure abhandeln.
Unterlegt mit origineller Musik, die ebenso phantasievoll ist wie die Texte. So Tilo Heider, wenn er das Becken am Schlagwerk nicht schlägt, sondern mit einem Bassbogen bestreicht oder wenn zu "La mer" die Instrumente nicht nur als Begleitung, sondern als Unterstützung des Texts bespielt werden. Die gesamte Performance ist stets originell und abwechslungsreich. Ab und an glaubt man seinen Ohren nicht trauen zu können, wenn menschliche Körperteile im Intimbereich mit Ausdrücken benannt werden, die hier nicht zitiert werden. Ab und an ist man ganz froh, dass man nicht alles versteht.
"Viel erzählt, wenig gesagt"
Das Publikum, inklusive der Pressevertreter, muss ebenfalls zur Belustigung herhalten. Die Zuhörer können über sich selbst genauso schmunzeln, wie die Künstler dies über sich tun. Man merkt ihnen den Spaß an, den sie an ihrem Auftritt haben und der überträgt sich rasch auf die Zuschauer. So kann man durchaus von einer ausgelassenen Stimmung in der Lohmühlhalle sprechen.
Diese erreicht ihren Höhepunkt bei den Tanzeinlagen von Egersdörfer. Man wagt kaum daran zu denken, wie viele Kilogramm Gewicht sich hier der Schwerkraft entgegenarbeiten müssen, aber auch das schafft er bewundernswert. Künstler und Publikum werden eins, als ein kurioser Abend mit brausendem Beifall, Johlen und Pfeifen zu Ende geht und den man mit den Worten eines Zuhörers so zusammenfassen könnte: "Viel erzählt und wenig gesagt."
CHRISTIAN SCHMIDT
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