Brexit: Hier lebende Briten werden deutsche Bürger
14.11.2018, 14:00 UhrAm 14. Oktober 2018 wählte Susan Rey erstmals für den Landtag in Bayern. Die gebürtige Britin, Jahrgang 1951, ist keine klassische Erstwählerin, sie lebt seit 1981 in Deutschland, arbeitet als Sprachenlehrerin, ihre Kinder sind hier geboren.
Neben ihrer britischen Staatsangehörigkeit hat sie noch die schweizerische, da ihr Mann Schweizer ist. Seit sie das Einbürgerungsverfahren mit Sprachtest und Fragen zum deutschen Staatsaufbau und zur Geschichte absolvierte, hat sie genauso wie ihre Kinder sogar drei Staatsangehörigkeiten: eine britische, eine schweizerische und nun auch eine deutsche.
Nach acht Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland besteht ein Einbürgerungsanspruch.
Seit 1981 konnte Susan Rey allerdings nicht mehr an den Parlamentswahlen im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (englisch: United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, kurz UK) teilnehmen.
Nachdem sie mit ihrem Umzug nach Deutschland keinen Wohnsitz mehr in Großbritannien hatte, mithin kein "resident" mehr war, konnte sie sich nicht ins Wählerverzeichnis ihres Landes eintragen lassen und verlor somit ihr Wahlrecht. Längst nicht in allen Ländern existieren Einwohnermeldeämter wie in Deutschland.
Lediglich auf kommunaler Ebene konnte sie gemäß dem Kommunalwahlrecht für Ausländer in Deutschland mitwählen. Dieses Recht gründet auf dem Vertrag von Maastricht 1992. Demzufolge dürfen in der Europäischen Union alle EU-Bürger an den Kommunalwahlen ihres Hauptwohnsitzes teilnehmen.
Annette Roe, Relocation Managerin in Herzogenaurach, die internationalen Firmen-Mitarbeitern den Start an einem neuen Standort mit Dienstleistungen und Hilfestellungen wie Wohnungssuche erleichtert, weiß auch um die Gegenargumente zum Wahlrecht von Bürgern, die nicht in ihrem Heimatland leben. Annette Roe ist mit einem Iren verheiratet, der ebenfalls weder in Deutschland noch in seinem Vaterland an den Parlamentswahlen teilnehmen darf.
Sicher seien einerseits Bevölkerungsgruppen so von Einflussnahme ausgeschlossen, wägt sie ab. Zum anderen: Sehr viele Iren leben nicht in Irland, sondern in USA und anderen Ländern. Wie sehr Auslands-Iren Einfluss auf die Politik nahmen, sei zu Zeiten der IRA (Irisch-Republikanische Armee) deutlich geworden. Die Organisation wurde auch mit Summen aus dem Ausland subventioniert.
"Auslandsdeutsche"
Für Deutschland stellt sich die Rechtslage so dar: Wahlberechtigt per Briefwahl sind auch im Ausland lebende Deutsche, sogenannte "Auslandsdeutsche", selbst wenn sie in Deutschland nicht mehr gemeldet sind. Sie werden zwar nicht automatisch in ein Wählerverzeichnis eingetragen, können jedoch vor jeder Wahl einen förmlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen.
Susan Rey war schließlich nicht mehr einverstanden mit dem Status, nur sehr eingeschränkt wählen zu können: "Wir zahlen viel Steuern hier, wir wohnen hier. Es ist schon ungerecht gewesen, nicht mitbestimmen zu können. Bei allem, was mit dem Leben zu tun hat, Familienpolitik, Schulpolitik hat man keine Stimme. Man macht nur brav mit und fühlt sich als Bürger zweiter Klasse."
Das Referendum zum Brexit und die Rechtsunsicherheit gab für Familie Rey am Ende den Ausschlag, sich in Deutschland einbürgern zu lassen. Susan Rey konnte sich beim Sprachtest auf ein Zeugnis der Berlitz School berufen. Andere jedoch mussten schriftlich und mündlich Prüfungen ablegen, obgleich offensichtlich gewesen sei, dass sie Deutsch sprachen. Dies wurde als unnötige Hürde empfunden.
Absolviert werden muss neben dem Sprachtest ein Einbürgerungstest des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Mit Sprachprüfung und Verwaltungsgebühren kommen rund 600 Euro zusammen. Im Vergleich zum Vereinigten Königreich sei dies noch günstig: dort würden an die 2000 Britische Pfund pro Person bei einer Einbürgerung fällig.
Bisher ist unklar, ob Bürger des UK nach dem Brexit ihre britische Staatsangehörigkeit behalten dürfen. "Ich würde darum kämpfen", sagt Susan Rey: "Denn im Herzen bleibt man, was man war."
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