"Echter Mehrwert": Inklusionsprojekt jetzt beendet

17.5.2018, 06:00 Uhr

© Archivfoto: Rainer Groh

Von der rollstuhlgerechten Gehsteigabsenkung bis zur sehr gelobten Homepage "Herzo inklusiv" reicht das, was bei Begehungen, aus Arbeitsgruppen und Befragungen herausgekommen ist und was Menschen mit Behinderung bessere Möglichkeiten gibt, am Stadtleben teilzunehmen, ja sogar ihre Qualitäten einzubringen.

Das ist so viel, dass Johannes Scheder, der Vertreter des Geldgebers, also des Bezirks, sich optimistisch äußerte, das Projekt ein Jahr länger zu finanzieren. Das Geld aus Ansbach ist hauptsächlich in die Kosten für eine Stelle geflossen, die das Netzwerk knüpft, auswirft und gute Ergebnisse an Land zieht. Diese Stelle hat in den vergangenen Jahren Annika Lang bei der Lebenshilfe ausgefüllt und "Spuren hinterlassen", wie Bürgermeister German Hacker die rührige Projektmanagerin lobte.

Neue Stelle in München

Annika Lang wurde bei dem Treffen mit Blumen verabschiedet. Sie tritt in München eine neue Stelle bei der Stiftung "Leben pur" an, die sich für Menschen mit körperlichen und mehrfachen Beeinträchtigungen einsetzt.

© Foto: Pfrogner

An drei Themen hat je eine Arbeitsgruppe gearbeitet, der Zielgruppe bessere Möglichkeiten im Sozialraum Herzogenaurach zu geben. Mit sechs Begehungen hat die vom städtischen Behindertenbeauftragten Wolfgang Jörg angeführte Arbeitsgruppe Wege in die Innenstadt erkundet und nach Hindernissen gesucht, die der Zielgruppe Mobilität erschweren. Jüngst – das Beispiel nannte Jörgs Vertreter Martin Meßmer beim Netzwerktreffen — den Weg von der Reha-Klinik hinunter in den Stadtkern. Erkenntnis: Hier fehlt es an Möglichkeiten, sich zwischendurch mal auszuruhen. Nun sollen Bänke aufgestellt werden.

Verbesserungen an der an sich schon sehr behindertenfreundlich umgebauten Schütt, wie Absenkungen von Gehsteigen an den richtigen Stellen sind laut Meßmer binnen einer Woche nach der Begehung vollzogen worden. Man habe mit der Aktion zur Sensibilisierung der Autofahrer für das wichtige Freihalten von Behindertenparkplätze große Öffentlichkeitswirkung erzielt. Induktionsschleifen für Menschen mit Hörbehinderung sind in vielen öffentlichen Gebäuden Herzogenaurachs schon eingebaut. Die Arbeitsgruppe hat Handlungsempfehlungen ergeben, wie man sie störungsfrei nutzt.

Neue Broschüre

Hauptarbeit der Gruppe war die Broschüre "Barrierefrei in Herzogenaurach". Eine Art Stadtführer, der besonders auf die Bedürfnisse behinderter Menschen eingeht, zum Beispiel die Lage von Behindertentoiletten im Stadtgebiet zeigt, Läden und Lokale und deren Barrierefreiheit nennt und so Tipps für die Zielgruppe gibt, auszugehen bzw. das Herzogenauracher Stadtleben mitzuleben.

Etwas Ähnliches online ist die Homepage "Herzo inklusiv", zugänglich über den Internet-Auftritt der Stadt. Die spezielle Seite bietet einen Veranstaltungskalender mit Hinweisen auf die Zugänglichkeit der jeweiligen Veranstaltungen. Eine Sache, die mit ihrem werbewirksamen Namen inzwischen zu einer Marke geworden ist. Das ganze Sozialraum-Projekt wird inzwischen oft so genannt.

Freilich, so Annika Lang in ihrer Abschieds-Adresse, erreicht die Seite ihre Zielgruppe noch nicht wirklich. Und auch die Veranstaltungen, die online aufgeführt werden, beziehen sich in der Mehrzahl auf städtische Einrichtungen wie Musikschule oder Volkshochschule, und auf Veranstaltungen der evangelischen Kirchengemeinde.

An Vereine wenden

Mehr "Input" wäre wünschenswert. Und Oliver Kundler, derzeit der Sprecher der Arbeitsgruppe "Freizeit und Kultur", will auch mehr an Vereine herantreten mitzutun. Kundler denkt auch daran, dass künftig Menschen mit Beeinträchtigung auch Ehrenämter übernehmen könnten.

Das dritte Thema des Projekts, "Wohnen", hat zum "Runden Tisch Wohnen" geführt, den Marcus Neeser leitet. Alles in allem ist in den drei Jahren "ein deutlicher Mehrwert" für die Herzogenauracher mit und ohne Beeinträchtigung entstanden. So der Geschäftsführer der Lebenshilfe, Josef Hennemann. Grund genug, mit dem Bezirk über eine Weiterfinanzierung zu verhandeln. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden, Johannes Scheder ist guter Dinge, letztlich ist dies aber eine politische Entscheidung, die der Bezirkstag zu fällen hat.

Der wird im September neu gewählt. Vorher ist deshalb kaum diese Entscheidung zu erwarten. Doch ist, so Scheder, dieses Projekt deshalb in den vier Modellkommunen Herzogenaurach, Lauf, Ansbach und Nürnberg mit insgesamt rund 300 000 Euro pro Jahr finanziert worden, um aus den Erkenntnissen zu lernen, "ob wir damit in die Fläche gehen". Bürgermeister German Hacker hatte dies angefragt. Er brachte die Landkreise als künftige Mitträger ins Gespräch. So wie es in Herzogenaurach gelaufen sei, sagt Scheder, könnte es durchaus die Politiker von einer Ausweitung überzeugen.

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