Herzogenaurach: Suche nach dem Turm im Schloss
5.7.2018, 16:13 UhrDas Schloss und sein Umgriff sind nun einmal ein gelistetes Bodendenkmal. Nicht unbedingt wegen des von einem Teil der Historiker hier vermuteten Königshofs, sondern weil mit Sicherheit ein befestigter Komplex hier schon zur späten Stauferzeit gestanden hat. Bodendenkmäler müssen archäologisch untersucht und dokumentiert werden, wenn Baumaßnahmen anstehen.
Marco Goldhausen, promovierter Archäologe und Leiter der auf sieben Wochen veranschlagten Voruntersuchungen, spricht von einer Burg als Vorgängerbau. Hinweise auf deren Alter hat Holz gegeben, das in der Kapelle auf der Ostseite verbaut wurde. Die dem heiligen Georg geweihte Kapelle wurde beim Umbau in der Schönbornzeit einen Stock nach oben verlegt, freilich altes Holz weiter benutzt. Ein Jahresring-Gutachten hat das Fäll-Jahr eines der Balken auf 1228 festgelegt.
Aus dem Hochmittelalter, also der Zeit zwischen Mitte des elften und Mitte des 13. Jahrhunderts, gibt es sehr wenige schriftliche Quellen über Herzogenaurach, sagt Goldhausen. Umso schöner, wenn es den Archäologen gelänge, mit ihren Methoden (Goldhausen: "Wir sind die Forensiker in der Geschichtsforschung") Daten zu sammeln, wie die Stadt damals ausgesehen und funktioniert hat .
Vier Mitarbeiter
Goldhausen arbeitet daran im Auftrag des Landesamts für Denkmalpflege und der Stadt mit einem Team aus vier Mitarbeitern. Es laufen Voruntersuchungen, was heißt, dass sich die Archäologen zunächst die Gräben ansehen, die die im Stadtauftrag tätigen Baufirmen Rotec und Zollhöfer anlegen, um die Schlossfundamente zu untersuchen und Leitungsverläufe zu klären. Flächendeckende Ausgrabungen folgen erst mit dem Abbruch des Schloss-Anbaus und dem Neubau an dessen Stelle.
Derzeit sieht sich Praktikant Martin Butz die Bodenschichten direkt am Gehweg im Schlossgraben auf der Nordseite des Komplexes an, also unweit des "Rathaus-Neubaus" aus den 60er Jahren. Mit einer japanischen Gartenhacke "putzt" Butz die Graben-Wände, schabt also die Erde ab und schaut das Geschabte auf Artefakte, wie Scherben oder Münzen durch, bevor er es auf den Haufen schaufelt. Mühselige Handarbeit, ohne die Archäologie aber nicht auskommt. Goldhausen: "Archäologie ohne Schaufel geht nicht".
Gesucht wird hier in Auffüll-Material. Beim Bau von Sitzungssaal und Büro-Riegel hat man den Bodenaushub zum Verfüllen des Grabens benutzt, wo vorher eine Ringmauer das Schlossgrundstück begrenzte. Aber auch das muss untersucht werden, obwohl es "recent" ist, wie Marco Goldhausen es mit dem englischen Fachbegriff für "neu" ausdrückt. Scherben und eine Münze aus dem 19. Jahrhundert hat man dort schon gefunden. Kleinigkeiten. Die Bestimmungen schreiben aber vor, dass auch dokumentiert werden muss, dass nichts zu finden ist. Gegraben wird stets bis zur geologischen Schicht, also bis man auf den gewachsenen Boden stößt.
Mehr Aufschluss erhoffen sich die Historiker vom Inneren des Schlosshofs. Hier stand einmal ein Turmbau mit der beachtlichen Grundfläche von 13 mal 13 Metern. Der Plan des Schlosskomplexes von 1715, also des damaligen Neu- und heutigen Altbaus aus der Schönbornzeit, zeigt ihn samt der nördlichen Ringmauer, von der ein Mauerbogen an der Nordostseite des Hofs bis heute steht – und nach dem kommenden Rathaus-Neubau auch ganz frei stehen wird.
Keine hohen Erwartungen
Marco Goldhausen erwartet nicht, gut erhaltene Fundamente jenes Turms — ob er ein "Bergfried" war, ist für den Archäologen fraglich — zu finden. Aber er hofft auf Aufschlüsse über dessen Bauzeit, das lokalgeschichtlich dunkle Hochmittelalter.
Deshalb wird es im Schlosshof größere Sondierungsgrabungen geben. Es geht, sagt Goldhausen, darum, die Dimension des Turm-Bauwerks zu bestimmen. Seine Erwartungen: "Endweder wir finden gar nichts mehr, oder höchstens minimale Reste."
Und wenn doch? Dann müssten das Landesamt für Denkmalpflege und der Eigentümer, die Stadt, beraten, wie man vorgeht. Es gebe mindestens die recht preiswerte Möglichkeit, die Reste mit einem Laserscan zu dokumentieren und daraus ein Modell zu bauen, das im neuen Rathaus oder im Stadtmuseum ausgestellt werden kann. Oder man öffnet ein "archäologisches Fenster" und macht die Überreste des Vor-Vorgängerbaus im neuen Rathaus sichtbar.
Bis Ende August wird jetzt jedenfalls voruntersucht. Was für die heutigen Herzogenauracher einige Auswirkungen hat: der Spielplatz und die Fußwege im Schlossgraben müssen von Zeit zu Zeit aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. So Silke Stadter, designierte Leiterin des Bauamts, und Rathaus-Projektleiter Christian Natho. Wie lange jeweils, hänge davon ab, ob die Altertumsforscher fündig werden oder nicht. Am Mittelalterfest und beim Gastspiel des Theatersommers werde aber nicht gegraben. Und Rathaus und Ratskeller bleiben zugänglich.
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