In der Schule mehr fürs Leben lernen
27.01.2009, 00:00 Uhr
Es ändert sich einiges in der Oberstufe der bayerischen Gymnasien. Die beiden Leistungskurse, welche die Schüler bisher als Schwerpunkt wählten: abgeschafft. Das Kurssystem, das in der zwölften und 13. Klasse anstelle des Klassenverbandes trat: gehört größtenteils der Vergangenheit an. Drei schriftliche Abiturprüfungen und ein Colloquium? War einmal, in Zukunft müssen die Schüler fünf Mal ran, in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache verpflichtend.
Das grundlegend Neue an der reformierten Oberstufe - die, wie Direktor Wolfgang Lang betont, «keine Folge von G 8 ist, sondern durch die Beschlüsse der Kultusminister-Konferenz ohnehin gekommen wäre« - ist aber das so genannte P-Seminar. «P« steht dabei für Projekt. In diesem sollen die jungen Leute auf die Zeit nach dem Abitur vorbereitet werden. In den ersten Monaten findet dabei eine allgemeine Studien- und Berufsorientierung statt. «Hier lernen die Schüler etwa, wie man eine Bewerbung schreibt oder sich im Vorstellungsgespräch verhält«, erklärt Christine Ortwein, Mitglied de Projektteams BuS («Beruf und Studium«), welches jenen Teil des P-Seminars vorbereitet, der die Berufsfindung betrifft.
Die jungen Leute erfahren aber auch, welche Studienrichtungen und Berufe es gibt. Ortwein: «Mit Selbsterkundungstests ermitteln sie ihre Stärken und Schwächen.« Sie überlegen, ob für sie ein Studium oder eine Ausbildung der geeignete Weg ist. «Indem wir Experten einladen, die über Berufsfelder informieren, können wir den Jugendlichen dabei mögliche Illusionen nehmen«, meint Lang.
Ein Testlauf für diese Berufsvorbereitungs-Einheit startet in Höchstadt ab Februar in den elften Klassen, dem letzten Jahrgang des neunjährigen Gymnasiums. Zwei Stunden pro Woche werden sich die jungen Leute mit der Arbeitswelt auseinandersetzen. «Damit können wir einer Sorge der Eltern dieser Schüler begegnen«, erklärt Ortwein. Die hatten nämlich befürchtet, dass ihr Kinder gegenüber den ersten Absolventen des G 8, die zeitgleich 2011 die Schule verlassen werden, wegen deren größerer Praxisnähe benachteiligt sein könnten.
Der Schwerpunkt des P-Seminars jedoch wird in Zukunft ein Projekt sein, bei dem die Teilnehmer mit externen Partnern zusammenarbeiten. Die Themen variieren von Schule zu Schule. Die Höchstadter Gymnasiasten können unter anderem das Seminar «Sprachwerkstatt« wählen, in dem in einer Fremdsprache ein Höchstadt-Flyer erstellt werden soll, das Projekt «Medizinethische Fragestellungen« in Zusammenarbeit mit der Universität Erlangen-Nürnberg oder auch das «Schreiben, überarbeiten und veröffentlichen von journalistischen Texten«, das zusammen mit den NN angeboten wird. In Kontakt kommen sollen die Schüler dabei mit möglichst vielen verschiedenen Berufen. Doch auch wenn die Jugendlichen in ihren Projekten Leistungen etwa für eine Kommune erarbeiten: «Wir wollen keinesfalls Freiberuflern die Arbeit wegnehmen«, betont Andrea Stadter, Leiterin des Journalismus-P-Seminars.
Zum Abschluss des Seminars erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat, in dem zum Beispiel ihre Teamfähigkeit bewertet wird. «Dass Unternehmen künftig darauf schauen, was in diesem Gutachten steht, könnte ich mir durchaus vorstellen«, sagt Lang.
Seminararbeit statt Facharbeit
Auch auf die Seminararbeit (die frühere «Facharbeit«) sollen die Jugendlichen besser vorbereitet werden. Dazu werden in einem wissenschaftspropädeutischen Seminar Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt. Dieses Seminar hat ein Rahmenthema (in Höchstadt ist unter anderem «Teichwirtschaft im Aischgrund« und «Zauberei und Magie in der Antike« wählbar), innerhalb dessen sich jeder ein Thema für die eigene Arbeit sucht.
Von der Abiturnote machen die W- und P-Seminare zwar nur rund zehn Prozent aus, «aber die Kompetenzen, welche die Schüler hier mitnehmen, sind sehr wichtig«, meint Susanne Bentivoglio, die mit einer Kollegin die «Sprachwerkstatt« leiten wird. «Sie müssen Termine vereinbaren und vor allem einhalten, Telefonate führen und Firmen überzeugen«, erklärt sie. All das schule für das spätere Leben.